„Erlebtes bleibt so unvergesslich“ – Tierpräparator Christian Jochner im Interview

Christian Jochner, Tierpräparator
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Jagd in Tirol: Worauf sollte der Jäger achten, wenn er seine Trophäen präparieren lässt?
Christian Jochner: Er sollte vor dem Abschuss das passende Kaliber bzw. Geschoss wählen. Dies gilt vor allem für das Birk- und Auerwild. Man sollte es auch nicht auf Latschen binden und auf dem Rucksack heruntertragen, weil dadurch das Federkleid beschädigt wird und vom Pech der Latschen verkleben könnte. Der Schaden am erlegten Stück sollte sich auf ein Minimum beschränken. Nach dem Abschuss sollte der Jäger das Stück sofort aufbrechen, damit der Verwesungsprozess verlangsamt wird. Murmeltiere sollte man auf keinen Fall im Schweißsack transportieren, weil es darin zu einem Hitzstau kommen kann und die Verwesung beim Murmel durch ihre fettige Schwarte sehr schnell einsetzt. Auf alle Fälle sollte das Stück gut auskühlen. Ist der Verwesungsprozess zu weit fortgeschritten, kann man kaum noch etwas retten.

JIT: Was sollte der Jäger beachten, wenn er sich ein Schulterpräparat machen lässt?
Jochner: Man sollte darauf achten, dass genügend Haut zur Verfügung steht – lieber zuviel als zuwenig Haut abschärfen. Überschüssige Haut kann ich immer noch wegschneiden, aber fehlende ersetzen ist nur sehr schwer oder gar nicht möglich.

JIT: Welche Schritte sind besonders heikel in der Erstellung eines Präparats?
Jochner: Eine perfekte Vorbereitung der Haut ist das A und O für ein schönes Präparat. Auch die Form, auf die das Präparat aufgezogen wird, muss passen. Ein weiterer wichtiger Schritt ist das Herausarbeiten der Mimik und der Lichter, je nach dem welchen Ausdruck man dem Präparat verleihen möchte. Vor allem die Lichter sind ein wirkungsvolles Detail. Deshalb verwende ich ausschließlich qualitativ hochwertige Glasaugen und greife erst gar nicht zu Billigprodukten. Natürlich gibt es auch einfache Varianten, aber sie verändern den Ausdruck des Präparates massiv.

JIT: Was schadet den Präparaten bzw. wie pflegt man seine Präparate am besten?
Jochner: Zigarettenrauch, Schmutz und direkte Sonneneinstrahlung schaden dem Präparat. Man sollte es regelmäßig abstauben, das genügt. Das funktioniert beim Federwild am besten mit einem Staubwedel. Beim Haarwild kann man die Decke auch mit einem Haarfön oder Kompressor abblasen und danach die zerzausten Haare wieder glattkämmen.

JIT: Wie lange ist ein Tierpräparat haltbar?
Jochner: Im Prinzip sollte das Präparat, wenn es entsprechend gepflegt wird, über mehrere Jägergenerationen haltbar sein, sofern die Haut richtig gegerbt und gegen Motten bzw. Ungeziefer imprägniert wurde.

JIT: Welche Geschichten erzählt Ihnen das leblose Wild?
Jochner: Ich betrachte das leblose Wild sehr genau. Dabei offenbart es mir wie es gelebt hat: war das Wild alt, jung, gesund, krank, hatte es Verletzungen von etwaigen Kampfhandlungen etc.. Besonders interessant sind dabei immer Abnormalitäten, die immer auch die Frage aufwerfen, wie diese entstanden sind. Des Weiteren erkennt man, ob das Stück gut genährt – sprich stark oder schwach im Wildbret – war. Das sind die Geschichten, die mir das tote Wild erzählt.

JIT: Setzen Sie als Präparator die Lebensgeschichte des Wildes fort oder schreiben Sie sie um?
Jochner: Bei mir endet seine Geschichte, ich konserviere sie lediglich. Anhand des Präparates kann der Jäger dann von seinem Erlebnis und den Eindrücken erzählen, die sich zugetragen haben, ehe er das Stück zur Strecke bringen konnte.

JIT: Was kann der Mensch vom Wild lernen?
Jochner: Der (Über-)Lebenswille vom Wild ist oft viel ausgeprägter als der mancher Menschen. Das Wild ist viel zäher als jeder Mensch, wenn ich daran denke, mit wie vielen alten Verletzungen manche Stücke ihr Leben leben, ehe sie auf meinem Tisch landen. Ein Mensch würde solche Verletzungen oft gar nicht überleben, trotzdem die Medizin so fortgeschritten ist.

JIT: Was wird Ihnen bewusst, wenn Sie mit toten Tieren arbeiten?
Jochner: Mir gefällt es, dass ich etwas für die Nachwelt schaffen kann, auch wenn ich irgendwann mal nicht mehr bin. Ich empfinde gleich viel Freude an den Präparaten wie meine Kunden und erkenne jedes meiner Präparate wieder, auch wenn ich es erst Jahre später wieder zu Gesicht bekomme.

Über Christian Jochner
Der Beruf des Präparators zählt zu den ältesten Berufen in der Geschichte der Menschheit. Christian Jochner ist selbst aktiver Jäger und hat das Handwerk von seinem Vater Erwin erlernt, der selbst über 30 Jahre als Präparator in Kaltenbach im Zillertal tätig war. Als Lehrling gewann Christian Jochner 1994 die österreichische Staatsmeisterschaft der Präparatoren-Lehrlinge. Jochner schätzt die Abwechslung in seinem Beruf – wie jedes Lebewesen bleibt auch das Präparat ein Unikat. Für Berufsjäger hält der junge Zillertaler Vorträge. Jagdvereine können sich bei Interesse an Christian Jochner wenden, der sich gerne dazu bereits erklärt, kostenlos über den Umgang mit dem Wild – im Hinblick auf Präparate – zu informieren.

Christian Jochner: 0676-5410-189 oder www.facebook.com/Jochner

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