Know-How aus der Pharmaindustrie im Kampf gegen Krankenhauskeime?

Mittels "Abklatschtests" auf Nährmedien lassen sich Keime identifizieren. | Foto: Gapp
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Sie wurden im November 2016 beim Jungunternehmerpreis der WK Tirol mit dem zweiten Platz in der Kategorie „Kreative Dienstleistung“ ausgezeichnet. Was bedeutet diese lokale Auszeichnung Sie, wo Sie doch größtenteils mit Kunden und Partnern aus aller Welt arbeiten?
Günther Gapp: "Zuerst einmal klingt das ganz lustig, wenn man mit 53 Jahren noch unter Jungunternehmer gehandelt wird. Die Anerkennung der Tiroler Wirtschaftskammer und die Wahl durch diese hochkarätige Jury freuen mich sehr. Zudem war ich der einzige Gewinner aus dem Tiroler Unterland und die Anzahl der Bewerbungen war darüber hinaus sehr hoch. Und wie Clemens Plank bei der Preisverleihung auch verlautet hat, man ist 'nie zu Alt zum Gründen'. Rückblickend, als ich 2013 mit meiner eigenen Firma durchgestartet bin, war es wirtschaftlich schon ein Sprung in's kalte Wasser. Schließlich arbeitete ich davor 20 Jahre lang bei Sandoz in einem sicheren Angestelltenverhältnis unmittelbar vor der Haustüre und leitete zuletzt die Abteilung 'Qualitätssicherung Mikrobiologie' für Kundl und Schaftenau."

Welche Dienstleistungen bietet Ihre Firma an?
"Die 'Gapp Quality GmbH' mit Firmensitz in Brixlegg ist ein Ein-Mann-Unternehmen und bietet Beratung für die Qualitätssicherung und -kontrolle in der 'Healthcare-Industrie' an. Mein spezielles Fachgebiet ist die Kontrolle von mikrobiologischer Kontamination von sterilen, also keimfreien, Arzneimitteln wie Infusionen und Injektionen. Ich habe mich vor allem durch meine mikrobiologischen Fachkenntnisse in der Sterilproduktion gut gegen die internationale Konkurrenz durchgesetzt. Bislang war ich bereits in mehr als 30 Aufträgen bei größtenteils internationalen Kunden tätig, und das reicht von USA über Europa bis nach Indien. "

Sie wollen Ihr mikrobiologisches Fachwissen und Ihre Erfahrungen gerne im Kampf gegen Krankenhauskeime in Tiroler Krankenhäusern einsetzen, was meinen Sie damit?
"Ich habe mir schon oft über die großen Unterschiede im aseptischen (Anm.: keimarmen) Arbeiten bei der Herstellung steriler Arzneimittel im Reinraum und in den OP-Sälen der Krankenhäuser Gedanken gemacht. Ich bin kein Experte im Krankenhausbereich, aber das beginnt alleine schon bei der Bekleidung, wo in der Pharmaproduktion kein Millimeter Haut am Reinraumarbeiter im kritischen Bereich (d.h. in der Nähe von offenen Sterilprodukten oder Primärverpackungen) unbedeckt sein darf. Eine gesamte Produktionscharge mit zig-tausend Fläschchen muss bereits bei geringsten Abweichungen verworfen werden. Da genügt schon eine Wimper oder ein Hautschüppchen. Diese vielen Auflagen und Einhaltung strengster Hygieneauflagen gewährleisten aber eine vollständige Keimfreiheit der produzierten Arzneimittel am Markt, und davon profitiert der Patient. Es gibt aber immer mehr Patienten, auch in meinem persönlichen Umfeld, die sich nach einem eigentlich harmlosen Eingriff eine schwere Infektion zugezogen haben und lange noch an Komplikationen zu leiden hatten. Das kostet auch die Allgemeinheit enorm viel Geld, und schadet dem guten Ruf der Krankenhäuser. In den Medien hört und liest man immer häufiger, dass Krankenhauskeime oft mit mangelnder Hygiene zusammenhängen, die ARD sprach kürzlich von 800.000 Infektionen in deutschen Krankenhäusern jährlich, wobei viele tödlich enden. Deshalb versuchte ich bereits 2010 mein Know-How und meine Erfahrungen bei der mikrobiologischen Kontaminationskontrolle aus der Pharmaproduktion – soweit umsetzbar und sinnvoll – im Krankenhausbereich einzubringen und damit Qualitätsarbeit näher am Patienten zu leisten. Leider scheiterten mehrere Anläufe auf verschiedene Ebenen bisher aus verschiedensten Gründen. Heute, als international und jetzt auch von der WK lokal anerkannter sowie unabhängiger Experte für 'Mikrobiologische Kontamination' versuche ich einen neuen Anlauf auf unsere Krankenhäuser, um deren Hygieneexperten und -teams bei der Kontrolle 'nosokomialer Infektionen' zu unterstützen."

Was versprechen Sie sich davon?
"Wenn man in der Folge auch nur einzelne Infektionsfälle durch einfache, nicht zu kostspielige Maßnahmen oder Änderungen jahrelanger Praktiken verhindern könnte, erspart man den betreffenden Patienten großes Leid und dem Gesundheitssystem darüber hinaus noch viel Geld bei den Folgebehandlungskosten. Dieses Geld könnte man dann wieder für weitere Verbesserungen nützen, wie etwa Patienten-Eingangskontrollen auf MRSA (Anm.: Multiresistente Krankenhauskeime) wie in den Niederlanden. Dort wird jeder Krankenhauspatient automatisch bei der Aufnahme auf solche Infektionen untersucht."

Was planen Sie konkret?
"Ich habe bereits wieder begonnen, Gespräche mit weiteren Verantwortlichen aufzunehmen und mein mikrobiologisches Fachwissen – in einer ersten Projektphase kostenlos – zur Verfügung stellen. Später, falls tatsächlich notwendig, würde ich mit dem Hygienepersonal gemeinsam die 'Best Hygiene Practices' im Krankenhaus etablieren, um einen bestmöglichen Schutz für die Tiroler Patienten zu erzielen."

Also könnte Know-How aus der Pharmaindustrie im Kampf gegen Krankenhauskeime wirken?
"Ich würde mit einem klaren 'Ja' antworten. Man kann mit Kow-How und einigen Praktiken aus der Pharmaindustrie eine Reduktion bei Krankenhausinfektionen erzielen, insbesondere bei Gelenks- oder orthopädischen Operationen. Ich hoffe sehr, dass mir die Möglichkeit geboten wird, mich fachlich einzubringen."

Einen Beitrag zu Günther Gapps Plänen und Ideen bezüglich Monitoring und Verbesserungen bei Hygienestandards an Tirols Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen unter Einbindung der Standards aus der Pharmabranche finden Sie hier.

Mittels "Abklatschtests" auf Nährmedien lassen sich Keime identifizieren. | Foto: Gapp
Günther Gapp ist Doktor der Mikrobiologie und war 20 Jahre lang für Reinraumproduktion bei Sandoz in Kundl und Schaftenau verantwortlich. Heute berät er weltweit Kunden in Sachen Hygiene und Qualitätssicherung. | Foto: Die Fotografen
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