30. März 2016: Lugner vs Wolf - oder: Der Kasperl und der Besserwisser
Heute ist ein trauriger Tag. Es ist der Tag, an dem ich mich bemüßigt fühle, Partei für Richard Lugner zu ergreifen. Für jenen Mann, der seinen Freundinnen und Frauen Tiernamen gibt, sich (und sein Umfeld) im Privatfernsehen prostituiert und sich im Vorfeld der Bundespräsidentenwahl Stimmen de facto "erkaufen" wollte, indem er Freikarten für das Kino in seiner Lugner-City versprach.
Gestern Abend aber wurde Richard Lugner nicht nur Opfer seiner Selbstdarstellung, sondern jenes von ORF-Moderator Armin Wolf. In der "Zeit im Bild 2" hatte Wolf Lugner zu Gast - und tat mit ihm das, was ihm in den vergangenen Jahren große Bekanntheit einbrachte. Er führte seinen Studiogast vor. Oder "am Nasenring über den Holzweg", wie es Lugner bemüht lustig formulierte.
Wer das Interview sah, den erfasste rasch ein eigentümliches Gefühl. Man müsse sich (wieder einmal) für den Wiener Baumeister fremdschämen, war der erste Eindruck. Er sollte täuschen. Es war vielmehr Armin Wolf, der das eigentümliche Gefühl auslöste. Der ORF-Anchorman und selbsternannte Säulenheilige des unabhängig-kritischen Journalismus tobte sich an Lugner so richtig aus. Er agierte besserwisserisch, überheblich und herablassend.
Das kann man nun gut finden. Weil die Politiker, die Wolf üblicherweise interviewt, manchmal diese Behandlung brauchen. Zumindest, wenn man sie dazu bringen will, dass sie vor laufenden Kamera mehr als Stehsätze von sich geben. Und weil Lugner, wenn er sich schon einbildet, als Bundespräsident zu kandidieren und damit Werbung für sein Einkaufscenter zu machen, es aushalten muss, härter angefasst zu werden.
Man kann es aber auch nicht gut finden. Denn Wolf hat Lugner nicht so hart angepackt, um ihn zu demaskieren oder ihm Relevanten herauszulocken. Es war vielmehr bloßer Selbstzweck. Und die Gier nach ein paar billigen Lachern. Wolf hat damit wieder einmal bewiesen, dass er vor allem dann zur Höchstform aufläuft, wenn der Kampf ein unfairer ist. Ein bisschen erinnerte er an einen Oberstufenschüler, der dem Erstklassler von hinten in den Rücken boxt und sich im Applaus der Umstehenden suhlt, wenn dieser stolpert. Das gehört sich nicht, haben uns irgendwann mal unsere Eltern beigebracht. Und es hat auch nichts mit gutem Journalismus zu tun.
So sollte Lugner am Ende Recht behalten. Und zwar nicht nur mit der Aussage, dass die rot-schwarze Koalition das Land lähmt. Oder mit jener, dass es auch noch andere Themen als die Flüchtlingsfrage gebe. Sondern damit nämlich, dass die Zuseher weniger Interesse an der Frage hätten, ob und warum er nun "der Kasperl" sei. Sondern er lieber darüber sprechen würde, was er politisch wolle.
Hätte Wolf Lugner dies einfach tun lassen, hätte dieser seine Kandidatur wahrscheinlich selbst rasch ad absurdum geführt. So hat Wolf das Duell der Selbstdarsteller zwar gewonnen. Stolz braucht er darauf aber nicht zu sein.
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