Grenzkontrollen werden kommen

Es sieht so aus als hätten Oberösterreich und Österreich keine andere Herausforderung mehr als das Flüchtlingsthema – die ganze öffentliche Diskussion reduziert sich darauf.
Dieser Eindruck stimmt, die Flüchtlingsproblematik überlagert bedauerlicherweise alle anderen Themen. Daher gibt es keine Alternative, das Problem muss man lösen. Die Zelte müssen weg und eine Gesamtlösung für dieses Problem muss her. Die kann aber nur auf europäischer Ebene gefunden werden. Oberösterreich hat seine Pflicht immer getan und wir suchen Tag und Nacht nach ordentlichen Quartieren. Aber wenn sich die Quote täglich nach oben entwickelt, ist das schier nicht schaffbar. Nicht weil wir unsere Pflicht nicht tun wollen, haben wir aufgeschrien, sondern weil manche in Europa meinen, das kann man neun oder zehn Staaten überlassen und zwei Drittel aller Länder lehnen sich untätig zurück. So wird das auf Dauer nicht gehen.

Werden vom Wähler bestraft, weil FPÖ politschen Gewinn aus Lage zieht

Wir als ÖVP und SPÖ tun Tag und Nacht nichts anderes, als zu schauen, wie wir die Probleme lösen können. Und dafür werden wir dann vom Wähler bestraft, weil die anderen Populisten, sprich die Freiheitlichen, aus dem Unmut in der Bevölkerung ihren politischen Gewinn ziehen.


Bleiben Sie bei Ihrer viel kritisierten Forderung nach Grenzkontrollen?

Ich habe verlangt, dass man punktuell und zeitlich begrenzt an der EU-Außengrenze Kontrollen durchführt. Es kann nicht sein, dass illegale Schlepper unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Flüchtlinge durch Italien durchbringen, ohne dass dort die Identität festgestellt wird. Die schlagen in Österreich auf und können nach den Dublin-Vorschriften nicht an das erste Land, wo sie gelandet sind, zurückgewiesen werdedn, weil in Italien ihre Identität nicht festgestellt wurde. Das ist eine Schwäche des Systems und muss bereinigt werden.
Zweitens: Wenn es kriminelle Banden gibt, dann muss man da und dort fallweise punktuell an der österreichischen Grenze kontrollieren, um diesem schon zitierten Schlepperunwesen den Kampf anzusagen.
Drittens: Ich will nicht, dass Österreich seine Pflicht nicht tut. Aber wir können nicht die Pflicht der anderen EU-Länder erfüllen. Ich lasse mich kritisieren, wenn wir unsere Pflicht nicht tun. Aber dass wir die anderen in die Pflicht nehmen, das ist wohl selbstverständlich. Denn wir dürfen nicht wegschauen, sondern müssen hinschauen. Die Verärgerung und Verunsicherung in der Bevölkerung ist da.

Grenzkontrollen werden kommen

Werden die von Ihnen geforderten Grenzkontrollen kommen?
Sie werden kommen, denn wenn ich sie beschränke auf kriminelle Vorgänge, auf Illegalität, dann kann ich immer kontrollieren – ob ich es hinter oder vor der Grenze mache. Man kann einfach auf Dauer nicht gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung nicht Politik machen. Das hat mit Populismus überhaupt nichts zu tun. Aber wenn ich merke, dass ein großer Teil der Bevölkerung nicht mehr mitgeht – und das merken wir, wenn wir im Land herumfahren, da gibt es Angst, Verunsicherung, zum Teil auch Zorn und Wut. Da darf die Politik nicht inkompetent wirken und untätig sein. Wir müssen die Menschen ernst nehmen. Und wenn man noch so oft sagt: Das ist populistisch. Wenn ich ein Populist bin, weil ich auf das Volk höre, dann bin ich gerne ein Populist. Was ich nicht bin, ist einer, der die Probleme nicht löst und sich billig bei anderen abputzt.

Kasernen, Bundes- und Landesgebäude öffnen

Wie können die Probleme aber gelöst werden – es gibt viele Vorschläge, aber die Umsetzung zieht sich hin?
Wir haben zwei Verteilerzentren in Thalham und Bad Kreuzen. Ich gehe davon aus, dass Oberösterreich kein drittes Verteilerzentrum bekommt. Was wir noch brauchen, das sind Unterkünfte. Da muss man Kasernen öffnen, da muss man Bundes- und Landesgebäude öffnen – und da arbeiten wir daran, dass wir Lösungen finden. Einen anderen Weg wird es nicht geben. Denn Zelte sind keine Lösung. Entscheidend ist aber, dass wirklich rasch Aufteilungen in Europa erfolgen, denn wir haben derzeit rund fünf Prozent der Flüchtlingsaufnahmen. Und nach unserer Größe würden uns etwa zweieinhalb Prozent zustehen. Wenn das von Woche zu Woche so weitergeht, dann gehen wir weit über fünf Prozent hinaus. Das kann kein Mensch mehr verkraften, auch wenn er noch so positiv in der Sache eingestellt ist. Und ich will nicht einen Aufruhr in der Bevölkerung gegen die Politik haben. Wir müssen die Probleme lösen und es ist unangenehm, dass da Parteien wie ÖVP und SPÖ Tag und Nacht arbeiten, um das Problem zu lösen. Und eine dritte Partei sitzt fußfrei in der Komfortzone und schaut zu, wie sie den Unmut der Bevölkerung nützen kann, um daraus politische Kapital zu schlagen.

"Es ist nicht unsere Aufgabe, dass wir ideale Verhältnisse für Betreuungsorganisationen schaffen, sondern dass wir die Flüchtlinge unterbringen."

Sie schlägt aber auch aus dem Widerstand gegen große Unterkünfte Kapital – warum werden die Flüchtlinge nicht gleichmäßiger und dafür in kleinen Einheiten auf die Gemeinden verteilt? Dass das funktioniert, ist ja belegt.
Man kann auch in großen Gebäuden kleinere Einheiten unterbringen, man kann auch in Kasernen in entsprechender Entfernung Wohngruppen machen. Natürlich muss man alles tun, um Aggressionen zu vermeiden. Das ist ja das Problem der Zelte, dass auf engem Raum sehr viele Leute verschiedener Nationalitäten zusammen sind und sich ein Aggressionspotenzial ansammelt und entlädt. Man muss nur Tabubrüche machen, indem man sagt: Freunde, wir müssen Kasernen und öffentliche Gebäude aufmachen. Wir müssen vielleicht auf öffentlichen Plätzen auch Container aufstellen, wir müssen die Sache ordentlich lösen – aber so, dass die Bevölkerung mit uns geht. Alle wird man nie überzeugen können, aber man kann nicht gegen die Mehrheit der Menschen Politik machen. Das ist unmöglich und hat mit Populismus nichts zu tun.
Es wäre für mich sehr wohl eine Lösung, dass jede Gemeinde eine kleine Zahl an Flüchtlingen aufnimmt. Das hat bisher die Frau Landesrätin Jahn abgelehnt wegen der Betreuungsfrage. Da muss man halt erfinderisch sein, drei Kleinlösungen unter einem Hut, geografisch in der Nähe unter eine Betreuungsorganisation stellen. Denn es ist nicht unsere Aufgabe, dass wir ideale Verhältnisse für die Betreuungsorganisationen schaffen. Unsere Aufgabe ist es jetzt, dass wir die Flüchtlinge unterbringen und zwar so, dass wir weitgehend im Einklang mit der Bevölkerung stehen. Erstens kann ich ehrenamtliche Hilfe bei den kleinen Einheiten aktivieren. Zweitens werden wir jede Lösungsvariante ins Auge fassen müssen, wenn wir die Zelte weghaben wollen und das Problem lösen wollen.

Wie kann längerfristig eine politische Lösung aussehen?
Langfristig werden wir unser Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit stärken müssen. Wir müssen schauen, dass dort, wo die Flüchtlinge weggehen, die Lebensverhältnisse andere werden. Aber da ist auch das kleine Oberösterreich natürlich überfordert. Das ist eine Aufgabe der Weltpolitik und auch der europäischen Gemeinschaft. Dort wo Leute weggehen, dafür zu sorgen, dass die Krisenherde beseitigt und die Lebensbedingungen verbessert werden.

Asylwerber in gewissen Berufen arbeiten lassen

Es gibt ja immer wieder die Forderung, Asylwerbern den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen ...
Das ist ein schwieriges Thema in Zeiten, in denen die Arbeitslosenrate bei den Einheimischen relativ hoch ist. Ich bin der Meinung, dass man das selektiv machen sollte und für gewisse Berufe selbstverständlich solche Leute zulassen soll. Aber nicht dort, wo sie die Arbeitsplätze der Einheimischen gefährden. Man sollte sie zur Gemeinwohlarbeit zulassen. Ich denke wenn wir kleine Einheiten in den Gemeinden haben, dann wird das gehen, dass die bei der Grünflächenpflege zum Beispiel tätig sein können. Aber vor allem müssen wir schauen, dass wir nicht überrannt werden und dass es eine faire Aufteilung in Europa gibt. Es kann nicht sein, dass Österreich zweieinhalb mal so viele nehmen muss wie Deutschland und es kann nicht sein, dass nur ein Drittel der Länder die Last für alle trägt.

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