Zwei Seiten des Halbmonds: Pro und Contra Erdogan

Onur Kas ist freier Journalist beim biber.

WIEN. Von meiner ersten Reise nach Istanbul nahm ich ein Vokabel und eine dazupassende Merkhilfe mit. “Danke” auf Türkisch klingt wie “tea, sugar and a dream”: “teşekkür ederim”. Eine Geschichte wie aus 1001 Nacht.

Was aktuell in der Türkei passiert, lässt diese orientalische Romantik schnell verblassen. Dass dem türkischen Präsidenten Erdogan derzeit unzählige Anhänger für seine Reaktion auf den missglückten Putschversuch des Militärs danken, ist hierzulande unverständlich. Der Präsident suspendiert 60.000 Beamte, lässt Medienhäuser schließen und überlegt die Wiedereinführung der Todesstrafe - und in Wien bejubeln ihn tausende Befürworter. Doch welche Gründe haben heimische Türken begeistert die rote Halbmond-Flagge zu schwingen und wer will damit nichts zu tun haben?

Die Angst beider Seiten

Ein Gegner der Regierung Erdogan ist schnell gefunden. Der 26jährige Deutsche türkischer Abstammung Onur Kas lebt seit zwei Jahren in Wien und arbeitet hier als Journalist für das Integrations-Magazin biber. Was er in der Türkei wahrnehme, sei der “Ruf nach einem starken Mann”. Den fänden seine Anhänger in Erdogan, der die Türkei “groß” machen wolle. Seine Kritik an Erdogan äußert Onur offen und scheut auch vor Vergleichen mit den 30er Jahren nicht zurück. Die Großeltern in der Türkei würde er sich momentan allerdings nicht besuchen trauen.

Die Seite der Erdogan-Befürworter fürchte sich da eher vor Problemen mit österreichischen Behörden, denn obwohl sie in Wien, laut eigener Aussage, die Mehrheit der Türken ausmachen, wollen wenige ihr Bild in der Zeitung sehen. Achmed* ist Anfang 50 und lebt bereits sein halbes Leben in Wien. Der Unternehmer aus Istanbul ärgert sich merklich über den “Blödsinn”, der gerade über die Türkei verbreitet werde: “Die Türkei ist keine Bananenrepublik und keine Diktatur, sie ist wirklich demokratisch.” Gegen die geschlossenen Medienhäuser gäbe es gerichtliche Beschlüsse und die Suspendierten würden “faire Prozesse” erhalten. Dass Erdogans AKP “übermächtig” sei, bestreite er zwar nicht, aber Themen wie die Todesstrafe dürfe man einfach nicht so ernst nehmen - damit provoziere Erdogan bloß. Und die europäische Politik steige ihm willig auf sein Spielchen ein.

“Es geht um die Emotionalität!”

Achmed gehört zwar nicht zu den Fahnenschwenkenden “Erdogan”-Brüllern, aber man merkt ihm an, dass ihn das Thema berührt: “Türken sind Südländer, wir sind emotionale Menschen. Die Demonstrationen waren ein Zeichen des Gefühlsausbruchs.” Er wünscht sich, dass “der Mut anerkannt” werde mit dem sich Menschen in der Türkei auf der Straße gegen bewaffnete Putschisten stellen. Wichtig ist ihm auch, zu betonen, dass die Demonstrationen in Wien “kein Zeichen gegen Österreich” seien. Denn die Türken in Österreich stünden dem Land, seiner Meinung nach, “100% loyal” gegenüber. Doch eine starke Verbundenheit mit der Türkei sei ein großer Teil ihrer Identität.

Das kann auch Onur bestätigen: “Türken machen sich, egal wo sie sind, sehr sichtbar”. Schon als Kleinkind werde einem eingebläut, dass man die eigenen Wurzeln nie vergessen darf. Für seinen Geschmack, zu sehr. In einem Artikel hatte er erwähnt, dass ihm türkischer Schwarztee nicht schmecke - und daraufhin in Kommentaren “Kulturverrat” vorgeworfen bekommen. Kritik an Erdogan werde einem da bereits als “Terrorismus” ausgelegt. Ganz nach der Logik: Wer nichts zu verheimlichen hat, könne auch nichts gegen Erdogans Maßnahmen haben.

Auswirkungen auf Integration

Achmed plädiert für Verständnis auf diese Reaktionen. Die Identifikation mit der Türkei sei so stark, dass man, “wenn man die Türkei angreift, Türken direkt angreift.” Dabei gäbe es seiner Ansicht nach genug Positives über die Türkei zu sagen, das oft unerwähnt bliebe - wie die drei Millionen Flüchtlinge, die die Türkei bereits aufgenommen habe. Wer immer nur das Negative erwähne, dürfe sich nicht wundern, wenn die Integration nicht klappe.

Diese sieht Onur aktuell durch Erdogan “massiv beschädigt”. Da werde nur helfen, wenn beide Seiten aufeinander zugehen: die junge türkische Community in Österreich, indem sie sich mittels Bildungsangebote wie Ganztagesschulen, Sportangeboten oder Ethikunterricht stärker integriere und die Österreicher, indem sie lernen, besser mit Andersartigkeit umzugehen: “Wir müssen endlich akzeptieren, dass wir in einer interkulturellen, globalisierten Gesellschaft leben.”

In dieser globalisierten Gesellschaft werden auch gegensetzliche Positionen wie die von Onur und Achmed stärker. Und es wird unser Umgang mit diesen Oppositionen sein, der bestimmt, ob die Gräben zwischen ihnen wachsen oder wir einander verstehen. Ein erster Schritt zum Verständnis, liegt darin, sich beide Seiten anzuhören. Ich danke für die Gespräche. Teşekkür ederim.

*Name von der Redaktion geändert.

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