Sanna-Kraftwerk bleibt heiß umkämpft

Umstrittenes Projekt: Bgm. Peter Rauchegger (stehend) und Bürgerinitiativen-Sprecher Walter Mathoy (re.) luden zur gemeinsamen Infoveranstaltung.
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  • Umstrittenes Projekt: Bgm. Peter Rauchegger (stehend) und Bürgerinitiativen-Sprecher Walter Mathoy (re.) luden zur gemeinsamen Infoveranstaltung.
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PIANS (otko). Im Vorfeld der Abstimmung über eine Beteiligung der Gemeinde Pians an der Sanna-Kraftwerksgesellschaft organisierten Bgm. Peter Rauchegger und Walter Mathoy, Sprecher der "Bürgerinitiative für Sicherheit an Sanna und Lattenbach" vergangenen Dienstag eine gemeinsame Infoveranstaltung. Der Pianner Gemeindesaal war dabei bis auf den letzten Platz gefüllt. In der rund fünfstündigen, teils emotional geführten Veranstaltung nahmen verschiedene Fachexperten in vier Blöcken zu den Themen Geologie, Ökologie, Wirtschaftlichkeit und Risiko für die Gemeinden Stellung. Auch das Publikum hatte die Möglichkeit Fragen zu stellen und Meinungen zu äußern. Durch die Veranstaltung führte Dr. Wilfried Siegele als Diskussionsleiter.

Projekt wird eingereicht

Kraftwerksbefürworter Bgm. Peter Rauchegger gab in seinem Einleitungsstatement bekannt, dass der Pianner Gemeinderat bereits am 24. März über eine Beteiligung am Kraftwerksprojekt abstimmen wird . "Das Projekt ist bereits soweit fortgeschritten, das es eingereicht wird. Aus meiner Sicht wäre es Schade, wenn Pians nicht mitmachen würde. Bei einer Ablehnung verliert Pians jegliche Mitsprache", so Rauchegger. Walter Mathoy betonte, dass die Leute konkrete Antworten auf ihre brennenden Fragen wollen.
Hans Bayer, Infra-Projektleiter und GF der Wasserkraft Sanna GmbH, stellte in seiner Einleitung nochmals das geplante Wasserkraftwerk vor. Das 90-Millionen-Euro Projekt mit einer Nennleistung von 20 Megawatt und einem Regelarbeitsvermögen von 83 Gigawattstunden soll bis Mitte 2015 zur Umweltverträglichkeitsprüfung eingereicht werden. Laut Bayer werde das anschließende Behördenverfahren rund zwei bis drei Jahre dauern.

Anrainer fordern Sicherheit

Gerade für die betroffenen Anrainer ist das Thema Lattenbach wegen der Muren von immenser Bedeutung, da es um ihre Sicherheit geht. Univ.Prof. Markus Aufleger von der Uni Innsbruck präsentierte sein Gutachten zum Thema Geschiebetransport in der Sanna. Der Experte hat mittels einer Langzeitsimulation die Veränderungen der Sohle der Sanna untersucht. Dabei kommt er zum Schluss, dass ein Kraftwerk die Ist-Situation nicht signifikant verändert. "Bei der Mündung des Lattenbachs reicht es bei einem Einschub das Kraftwerk abzuschalten und den gleichen Effekt wie bisher zu erzielen", erklärte Aufleger. Auch Hans Bayer verwies in diesem Zusammenhang, dass das Kraftwerk den Lattenbach nicht beeinflusse. "Wir werden aber Maßnahmen für eine Situationsverbesserung umsetzen, dazu zählen ein Abflussmanagement, die Sprenung großer Felsen, die Bewirtschaftung des Uferholzes, eine Risikominderung mittels Wetterradar sowie ein Monitioring an der Sanna", versprach Bayer. "Alle, die an dem Projekt arbeiten sind an einer Verbesserung bemüht", versicherte Energieexperte Jakob Klimmer.
Diese Aussagen führten zu lauter Kritik aus dem Publikum. Initiativsprecher Mathoy wies mittels einer Multimediaschau nochmals darauf hin, dass sich der Lattenbach in kein Modell zwängen lasse. In den letzten 100 Jahren habe es durchschnittlich jedes 2. Jahr einen Abgang gegeben. "Die Maßnahmen sind schön und gut, aber die Sicherheit ist trotzdem nicht gewährleistet. Wenn das Kraftwerk da ist, dann kann die Sanna das Geschiebe nicht mehr wegspülen. Wollen wir es den Leuten zumuten, dass sie mit diesem Alibimaßnahmen in Angst und Bange leben müssen", argumentierte Mathoy. "Es ist die Pflicht des Bürgermeisters uns vor Gefahren zu schützen und uns nicht in Gefahr zu bringen", meinte Sigrid Melichar. Auch Kraftwerksgegner Franz Schönleben appellierte an die Gemeinderäte nicht die Gegend für ein paar Euro kaputt zu machen. "Wir sollten und die Lebensqualität und die Zukunft nicht verbauen. Wenn es trotzdem gebaut wird machen wir ein kleines Hainburg", sagte Schönsleben unter tosendem Beifall des Publikums. "Die Sanna und der Lattenbach bilden eine ökologische Symbiose. Diese Gleichgewicht wird durch ein Kraftwerk zerstört", meinte Fuzzi Huber.

Keine Entscheidungsgrundlage

Rechtsanwalt Dr. Eduard Wallnöfer erläuterte das Risiko für die Gemeinden: "Bis zum Baubeschluss tragen die Gemeinden ein Risiko von 8.400 Euro. Ab dem Baubeschluss müssen die Gemeinden 450.000 bis 500.000 Euro selbst finanzieren. Falls sie aber nicht mitmachen wollen, gibt es ein klares Exit-Szenario." Es gelte das Risiko der Gemeinden gegen Null zu minimieren, wobei aber ein gewisses wirtschaftliches Risiko trotzdem bleibe. Stefan Prantauer hinterfragte in diesem Zusammenhang, ob sich die Gemeinde Pians eine Beteiligung überhaupt leisten kann. Bgm. Rauchegger entgegnete, dass es vorerst nur um die 8.400 Euro gehe.
"Es wurden keine konkreten Zahlen für eine Entscheidungsgrundlage auf den Tisch gelegt. Beim Thema Lattenbach ist nichts passiert. Ich weiß jetzt genau soviel wie vor zwei Jahren", resümierte Vizebgm. Harald Bonelli. Ossi Kolp erinnerte Projektleiter Bayer nochmals an ein gegebenes Versprechen: "Du hast vor zwei Jahren gesagt, dass das Kraftwerk ohne Gemeindebeteiligung nicht gebaut wird. Jetzt soll das Kraftwerk aber laut EWR-Vorstand Hold trotzdem gebaut werden. Dieses Drüberfahren sind für mich Mafiamethoden", so Ossi Kolp.

Frage der Rentabilität

Beim Thema Wirtschaftlichkeit gingen abermals die Emotionen hoch und die unterschiedlichen Argumente prallten aufeinander. Univ.Prof. Alois Pircher hat in seiner Studie zwei Szenarien ausgerechnet und kommt dabei auf Verluste von 2,16 bzw. 2,85 Mio. Euro. "Insgesamt habe ich den Strompreis und die die Zinsen in 32 Varianten mit allen möglichen Entscheidungsparamentern gerechnet. Jede Veränderung gibt ein negatives Bild. Selbst bei einer optimistischen Ausgangsalge gibt es erst nach 44 Jahren einen Bilanzgewinn, aber noch keine Ausschüttung", betonte Pircher. Projektleiter Bayer bezeichnete Pircher als "Zauberkünstler", der keine Ahnung von einer Funktion eines Kraftwerkes habe.
Dr. Jürgen Neubarth, der im Auftrag des Planungsverbandes ein Gutachten erstellt hat, kritisierte, dass Pircher lediglich eine Abschreibungsdauer von 30 Jahren vorsehe. "Beim Kraftwerk Sanna liegt die Abschreibungsdauer bei 55 Jahren. Pircher rechnet mit falschen Rahmenbedingungen. Ein Projekt mit solchen Kennzahlen können sie mehrfach am Markt platzieren", so Neubarth. Der Studienautor geht zudem von einer Steigerung des Strompreises von derzeit rund 4 Cent auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde bis 2030 aus. Zudem könne durch den Stollenspeicher und weitere Vermarktungsmaßnahmen ein Mehrerlös von 30 Prozent lukriert werden. "Solange es keinen Investitionsplan gibt, kann auch keine Nutzungsdauer genannt werden", argumentierte hingegen Pircher. Ähnlich sah es auch Rafting-Mediensprecher Günter Kramarcsik, der die Mehrerlöse "auf das ganze Jahr berechnet als Augenauswischerei" bezeichnete. Alt-Bgm. Alois Kolp vermisste in dem Gutachten konkrete Zahlen und was der Gemeinde Pians unter dem Strich bleiben würde.

Naturjuwel Sanna

Bilologin Traute Scheiber referierte schließlich über den ökologischen Zustand der Sanna. Fischökologisch sei das Gewässer in einem guten Zustand, allerdings mangle es seit dem Hochwasser 2005 an Strukturen. Daher wären Ausgleichsmaßnahmen zu empfehlen. Andreas Egger, Vertreter des Fischereivereins wies darauf hin, dass die Sanna kein Naturjuwel mehr sei, aber trotzdem nicht ökologisch kaputt sei. Der Vereinsobmann erwartet ökologische Verbesserungen und Ausgleichsmaßnahmen.
"Ohne Wasser ist kein Rafting möglich. Ohne Raftinggäste geht auch die Wertschöpfung verloren", zeigte Marcel Pachler, Obmann des Tiroler Raftigsverbandes, auf. Ähnlich sah es auch Ute Heppke in Vertretung der Kajakfahrer, die sich für eine stärker Belebung des Sommertourismus an der Sanna aussprach.

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