Opfer sprach von Mordversuch
Bedingte Haftstrafe: Mann fuhr am St. Pöltner Rathausplatz auf Personengruppe zu
ST. PÖLTEN (ip). Anders als bisher verantwortete sich ein 68-jähriger Pensionist, dem die St. Pöltner Staatsanwältin Kathrin Bauer das Vergehen der Nötigung vorwarf. Der Angeklagte bekannte sich im Prozess schuldig, am 6. August 2016 am St. Pöltner Rathausplatz auf vier Männer mit dunkler Hautfarbe zugefahren zu sein, sodass diese zur Seite springen mussten.
„Er wollte diese selbstverständlich nicht niederführen, sondern nur erschrecken“, erklärte Verteidiger Christian Függer bereits zu Beginn der Verhandlung. Der, zum Tatzeitpunkt mit 1,6 Promille alkoholisierte Pensionist, der aufgrund von Alkoholkonsum schon seit einiger Zeit keinen Führerschein besaß, gab an, dass er sich über die vier Männer zuvor geärgert habe, da sie in der Prandtauerstraße mitten auf der Straße gegangen seien und er daher nicht schnell genug weiterfahren habe können. Darüber hinaus hätten sie gegen ihn gedeutet, ihn möglicherweise auch beschimpft. Beides wurde von den Opfern bestritten und konnte auch von anderen Zeugen nicht bestätigt werden.
Als die vier Schwarzafrikaner danach vor einem Geldinstitut am Rathausplatz auf ein Taxi warteten, fuhr der Beschuldigte zunächst an ihnen vorbei und bei einer weiteren Runde auf sie zu. Der Richter hatte im Prozess nun zu klären, wo das Fahrzeug des 68-Jährigen zu stehen kam und ob jemand verletzt worden wäre, wenn die Männer nicht zur Seite gesprungen wären. Die abfällige Äußerung des Beschuldigten, wonach er die dunkelhäutigen Männer als „Baumaffen“ bezeichnet haben soll, die das Springen aus ihrer Heimat sowieso kennen würden, zog Bauer im Strafantrag nicht heran, zumal die Äußerung keine größere Öffentlichkeit erreicht habe. Normal sei das nicht sein Wortschatz, meinte der Pensionist dazu. Er könne sich sein Verhalten selbst nicht erklären und schreibe die Ursache seiner starken Alkoholisierung zu. Einen rassistischen Hintergrund schließe er jedenfalls aus.
„Nötigung?“, ein Reizwort für eines der Opfer, das von einem eindeutigen Mordversuch sprach. „Wenn ich nicht auf die Seite gesprungen wäre, hätte er mich z´sammeng´führt!“, erklärte der Zeuge, der angab, dass die Fahrzeugfront genau dort gelandet sei, wo er gestanden habe. Einer der Schwarzafrikaner erklärte: „Ich bin kein Zeuge, ich bin Opfer“ und führte danach weiter aus, dass das Fahrzeug mit 100 km/h auf ihn zugekommen sei. Der Richter relativierte und verwies auf die Zeugenaussagen von zwei Polizeibeamten und zwei Männer, denen zufolge das Fahrzeug mit etwa 20 km/h an die Gruppe herangefahren und im letzten Moment stark abgebremst worden sei.
„Bei dieser Tatbegehung hatten Sie rassistische Beweggründe, davon bin ich überzeugt“, erklärte der Richter und ergänzte, dass man dem Angeklagten aber keine Tötungsabsicht unterstellen könne. Er verurteilte den bislang unbescholtenen Mann zu einer bedingten Haftstrafe von sieben Monaten. Während der Probezeit von drei Jahren ordnete der Richter Bewährungshilfe an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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