Verleumdung: Polizist als Menschenhändler bezeichnet
Mann warf seiner Ex und einem Polizeibeamten in St. Pölten vor, Mädchen von Bulgarien nach Österreich geholt und verkauft zu haben. Mit der Behauptung habe er "gewaltig über das Ziel hinausgeschossen".
ST. PÖLTEN (ip). Mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten als Zusatz zu einer vorangegangenen Verurteilung endete ein mehrfach vertagter Prozess am Landesgericht St. Pölten (nicht rechtskräftig). Dem Angeklagten, ein 45-jähriger Bulgare, wurde eine Anzeige gegen seine Frau und einen Polizeibeamten zum Verhängnis.
Zur Korruptionsstelle im Innenministerium geschickt
Staatsanwältin Kathrin Bauer sah durch die Aussagen von Zeugen die Vorwürfe bestätigt. Demnach habe der Beschuldigte vor der Polizei in St. Pölten behauptet, dass seine geschiedene Frau, die auch für die Polizei als Dolmetscherin tätig ist, der Behörde überhöhte Rechnungen ausgestellt habe. Darüber hinaus habe sie mit ihrem angeblichen Freund, einem Polizeibeamten, Mädchen von Bulgarien nach Österreich geholt und verkauft. Die Beamtin schickte den Bulgaren zur Korruptionsstelle im Innenministerium (BAK) und erstellte erst danach ein Gedächtnisprotokoll. Während in diesem Protokoll von den massiven Vorwürfen des Beschuldigten die Rede war, kam dahingehend in den Protokollen des BAK nichts mehr vor.
Strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt
Der Beamte zu seiner Beziehung zu der Dolmetscherin von Verteidiger Josef Gallauner befragt, stellte gereizt die Gegenfrage: „Wer sagt, dass wir überhaupt eine Beziehung gehabt haben?“ Sowohl er als auch die Dolmetscherin waren durch den Inhalt des Gedächtnisprotokolls strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt, wobei der Bulgare behauptete, das so gar nicht gesagt zu haben. Für ihren Verdienstentgang – sie durfte einige Zeit nicht dolmetschen – forderte die Frau 3.000 Euro Schadenersatz, mit dem der Richter sie auf den Zivilrechtsweg verwies.
"Gewaltig über Ziel hinausgeschossen"
Der Richter vertraute auf den Inhalt des Gedächtnisprotokolls, sah aber in der Handhabung der Abrechnungen von Dolmetschern missverständliche Fehlerquellen, die den Bulgaren zu derartigen Behauptungen bringen konnten. Der Vorwurf des Menschenhandels sei jedoch völlig aus der Luft gegriffen, begründete Herr Rat den Schuldspruch wegen Verleumdung. „Da haben Sie gewaltig über das Ziel hinausgeschossen“, so die Meinung des Richters.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.