BLUTWEIDERICH. Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kind Gebliebene - Teil 59

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Wer kennt sie nicht, die kleinen Streitereien und Beziehungsprobleme, die häufig während des Urlaubs auftreten. Schuld sind wahrscheinlich zu hohe Erwartungen an die lang ersehnte Zeit zu zweit. Oft ist man es aber auch einfach nicht gewohnt, den ganzen Tag so eng "aneinander zu kleben". Ich hab dieses Phänomen kennen gelernt, als mein Mann vor einigen Jahren den Job an den Nagel hängte, um sich als full-time Landwirt selbständig zu machen und ich während dieser Zeit in Karenz war. Damals ist mir immer wieder eine Pflanze besonders aufgefallen - nämlich der Blutweiderich. Als ich seinen Wirkung im Buch "Die Kräuter in meinem Garten" nachschlug, konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Dort steht nämlich: "Als echte Venuspflanze hat der Blutweiderich die Eigenschaft, für die Wiederbelebung zwischenmenschlicher Beziehungen von Mann und Frau zu sorgen. Aber Vorsicht! Das gilt angeblich nur für Tinktur und Räucherung. In der ganzen Pflanze soll, einer Legende nach, ein Kobold hausen. Wer sie ins Haus bringt, bringt auch Streit und Uneinigkeit mit.

Volksmedizinisch fand ich recht spannend, dass das Kraut der Pflanze, wenn man es gequetscht auf KRAMPFADERN auflegt und es mit einem Verband abdeckt, gegen Krampfadern helfen soll. Homöopathisch soll es bei Durchfall Linderung verschaffen.

Wie das Springkraut, überwuchert der Blutweiderich ebenfalls die Fluren. Allerdings nicht bei uns, sondern in Amerika - wohin es Auswanderer offensichtlich mitgenommen haben. (Quelle: Die Kräuter in meinem Garten)

Blutweiderich

Roman saß auf seinem Lieblingsplatz, der Dienstinger Wiese, dort wo der Vogelbach in den Weiher mündete, und warf nachdenklich Steine ins Wasser.
Was sollte er jetzt machen? Nie hätte er gedacht, dass Kerstin so vehement sein konnte und ihre ewigen leeren Drohungen wirklich einmal so geradlinig durchsetzen würde…

Noch dazu, wo doch gar nichts passiert war. Natürlich musste er sich schon eingestehen, dass ihm seine alten Freunde immer wichtiger waren als die Mutter seines kleinen Sohnes. Sie waren immer schon wie Pech und Schwefel gewesen. Und wenn ihn dann auch noch seine Jugendliebe Julia anrief, die ihn zwar immer nur als besten Freund betrachtet hatte, aber immerhin, dann musste er auch heute noch alles liegen und stehen lassen, und ihr bei ihren mannigfachen Problemchen – wie der Ritter als den er sich immer gesehen hatte, wenn es um SIE ging - zu Hilfe eilen. Und dazu hatte er nicht nur einmal eine Notlüge gebraucht – natürlich sehr clever angelegt, mit einem Fünkchen Wahrheit drin hatte sie – voila – immer vorzüglich geklappt.

Diesmal hatte ihn allerdings das Schicksal auffliegen lassen. "He Rom! Ich bin's, die Julia!" hatte sie, wie immer ins Handy gebrüllt. "Du musst sofort kommen! Es geht um Leben und Tod!" Von wegen! Leben und Tod! Der Abschleppdienst hatte ihren nagelneuen knallroten Fiat mitgenommen, den sie wieder einmal genau im Halte- und Parkverbot vor der Uni abgestellt hatte. Zum Suchen brauchte sie, wie so oft seine Hilfe. War es doch so einfach ihn einfach anzurufen. Dass er im Leben schon einen Schritt weiter war als sie, dämmerte ihr dabei nicht. Schließlich hatte er jetzt eine Familie für die er verantwortlich war... Roman nahm sich vor, ihr das bei der nächsten Gelegenheit einmal sorgfältig auseinander zu setzen!

Als sie Julias roten Flitzer endlich am Abschleppplatz neben der Straße ausfindig gemacht hatten und Roman wieder zu seinem Auto hinüber gehen wollte, läutete sein Handy. "Oh Shit! Die Kerstin! Sie glaubt doch, ich bin auf der Baustelle!"

"Hallo mein Schatz! Bist du schon unterwegs? Du hast doch nicht vergessen, Jonathan vom Schwimmkurs abzuholen!?" Da quietschte plötzlich neben dem völlig verdutzten Roman eine Bremse - ein furchteinflößend bekanntes Geräusch! Die Frau die jetzt auf ihn zusteuerte, war ebenfalls nur zu bekannt... "Klatsch!", "Klatsch!" Mit offenem Mund ließ er die beiden schallenden Ohrfeigen über sich ergehen, die ihm eine furchtbar aufgebrachte Kerstin zuteil werden ließ. Die Sprache fand er leider erst wieder, als die Mutter seines Sohnes ins Auto sprang und davonbrauste!" "Schau zu, dass du Jonathan vom Schwimmkurs abholst! Wahrscheinlich wird's eh das letzte Mal sein, du Lügner!" Und schon war Kerstin verschwunden.

"Auweia! das hat aber gesessen!" bemitleidete ihn jetzt Julia. Aber die konnte ihm in dieser Situation eigentlich den Buckel runter rutschen. "Du kommst selber heim?!" verabschiedete er sich kurz angebunden bei ihr. Und schon brauste auch Roman mit seinem klapprigen Baustellenfahrzeug in Richtung Schwimmschule davon.

Wie vereinbart holte er den kleinen Jonathan vom Schwimmkurs ab und brachte ihn zu Oma. Die nahm ihn, wie immer, freudig entgegen. Über Kerstins Verbleib wollte sie ihm allerdings keine Auskunft geben. "Weiber! Wenn's ums Anspinnen geht, halten sie alle zusammen!"

Hatte das Häuslbauen jetzt überhaupt noch Sinn? Anstatt wie geplant zur Baustelle zu fahren und dort wie sonst kräftig anzupacken, machte er sich auf den Weg zu seinem Lieblingsplatz am Weiher. Beim Graben neben dem Vogelbach hockte er sich ins Gras und riss gedankenverloren die rot-violetten Blumen aus, die neben ihm im Graben wuchsen.

"Das ist es!" kam ihm plötzlich die zündende Idee. Kerstin hat doch eh so einen riesen Kräuterfimmel. Wenn sie kommt, um ihre Sachen zu holen, werde ich sie mit einem riesen Wiesenblumenstrauß aus diesen Kräutern ködern. Das klappt bestimmt!" Dass es vielleicht etwas mehr bedurft hätte, um verlorenes Vertrauen wieder herzustellen, konnte und wollte der junge Mann in dem Moment nicht begreifen.

"Steck dir deine blöden Blumen auf den Hut und werde endlich erwachsen!" schrie ihn Kerstin erbost an, als er ihr den Versöhnungsstrauß unter die Nase hielt. "Glaubst du, ich bin auf der Nudelsuppe dahergschwommen und lass mich ewig von dir zum Narren halten! Und jetzt lass meinen Koffer los! Ich zieh wieder zu meiner Mutter! Der Jonathan ist eh noch dort und es gefällt ihm wie immer ausgesprochen gut bei Oma! Außerdem hab ichs eilig! Ich mach nämlich heut Abend mit der Schacki ordentlich einen drauf! Was du kannst, kann ich schon lange! Werde Glücklich mit deiner ach so coolen kleinen Freundin Julia!"

Blind vor Wut stampfte nun Roman mit dem Fuß auf den Boden, riss die Tür vom provisorischen Baustellenofen auf, den er zuvor eingeheizt hatte um es gemütlich zu machen und schob die Blumen hinein ins Feuer. Bei ihm dauerte es immer lange, bis er richtig wütend werden konnte, aber wenn es einmal so weit war, dann war Feuer am Dach.

Keiner der beiden bemerkte den leisen Rauch, der vom Tischherd und den verheizten Blutweiderich-Blüten aufstieg.

Wie aus heiterem Himmel begann Kerstin plötzlich zu Lachen, dass sie sich die Seiten halten musste. Lachtränen strömten ihr über die Wangen, es schien fast, als müsste sie am Lachen ersticken. Dem Roman blieb die Spucke weg: "Ich glaube, jetzt dreht sie auch noch durch!"

"Weißt du, wie du jetzt aussiehst?" prustete Julia um Luft ringend heraus: "Wie das Rumpelstilzchen höchstpersönlich! Ein kleiner Kobold, der Gift und Galle speit, ja genau, ein richtiger kleiner Giftzwerg. Hat nur noch gefehlt, dass du beim Aufstampfen im Boden versinkst! Hi hi hi... ha ha ha!"

Roman wollte ihr schon geschmalzene Worte an den Kopf werfen, als auch in ihm Gelächter hochstieg. Ob er wollte oder nicht musste er aus ganzem Herzen in Kerstins Lachkrampf einstimmen.

"Und weißt du, was das Beste ist?" fuhr Kertin fort, als sie wieder Luft bekam: "Im Kräuterkurs haben wir einmal gelernt, dass im Blutweiderich ein Kobold wohnen soll. Nur - der Kobold warst gerade du!"

Da wurde sie plötzlich ernst. Konnte an diesen Pflanzenstories tatsächlich etwas
Wahres dran sein? Verblüfft ging Kerstin zum Laptop und googelte die Wirkung vom Blutweiderich: "Eine Blutweiderich-Räucherung verleiht uns Schutz. Im Haus ausgestreut sendet die Pflanze friedvolle Schwingungen aus. Schenkt man den Blutweiderich einer Person, mit der man Streit hat, werden die Streitigkeiten bereinigt. Früher glaubte man, dass sich in der Pflanze Kobolde verstecken.............", fand sie da.

Offensichtlich hatte die ungewollte Räucherung auch bei ihnen ihre Wirkung nicht verfehlt. "Weißt du, Rom," sagte Kerstin, "ich glaube wir sollten uns einmal gründlich aussprechen. Gehst mit auf einen Spaziergang. Der Johnatan ist eh bei Oma...

Und so kam es, dass Roman der Blutweiderich Gott sei Dank noch rechtzeitig eröffnet hatte, wo wirklich sein Herzblut lag - nämlich bei seiner Familie und wenn seine Freunde echte Freunde waren, dann würden sie das auch irgend wann einmal verstehen...

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PV-Zäune als Ergänzung zur PV-Anlage am Dach. | Foto: Foto: 2Drea Prod./Jerusalem
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