Propst Fürnsinn: "Missbrauchsfälle werden aufgeklärt!"

Propst Maximilian Fürnsinn feierte heuer sein 40-jähriges Priesterjubiläum.
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Der Kirchenmann glaubt, dass alle Missbrauchsfälle in der österreichischen Kirche bis Jahresende aufgeklärt sein werden.

ST. PÖLTEN/HERZOGENBURG (wp). Ein Mahner und eine Instanz der katholischen Kirche feiert dieser Tage 40-jähriges Priesterjubiläum. Propst Maximilian Fürnsinn ist zwar Optimist, allerdings bringt ihn der Blick auf seine Kirche in vielen Bereichen in Sorge. „Wen die Austrittswellen kalt lassen, weil er die Kirche auf eine kleine Herde schrumpfen will, um eine elitäre Kerngemeinde zu schaffen, der wird eine Sekte aus der Kirchengemeinschaft machen“, so Fürnsinn. Er sei für eine Öffnung nach außen. „Es gibt viel mehr Menschen, die sich der Kirche verbunden fühlen, die aber nicht jeden Sonntag praktizieren, und denen von manchen in der Kirchenleitung die Zugehörigkeit abgesprochen wird.“ Man solle nicht nur die „100-Prozentigen“ sehen.

Missbräuche werden aufgeklärt
Natürlich sei die Missbrauchsfrage immer wieder Gesprächsthema in Bischofskonferenz und anderen Gremien. Er selbst sei auch im Kuratorium der Klasnic-Kommission, die von der Kirchenleitung zur Aufklärung der Vorwürfe gegen Kirchenmänner eingesetzt wurde: „Wir werden alle vorgebrachten Fälle bis Ende 2012 aufklären“, verspricht der Prälat, einem Bischof im Rang gleich. „Derzeit liegen über 1000 Fälle vor, 700 davon haben wir bereits aufgearbeitet“, so der Augustiner-Chorherr. Es seien tausende Therapiestunden finanziert und monetäre Hilfeleistungen erbracht worden. Viele der Opfer suchten auch die Konfrontation mit den „priesterlichen“ Tätern. Der Öffentlichkeit gehe die Aufarbeitung nicht effizient genug voran: „Das liegt an der Diskretion, mit der wir seitens der Kirche herangehen. Man muss einerseits jeden Fall genau anschauen, und andererseits sicherstellen, dass Täter nicht mehr in einschlägigen Diensten tätig sind.“

Fürnsinn: „Ja zum Zölibat“
Fürnsinn tritt dafür ein, auch verheiratete Männer zum Priesteramt zuzulassen. Auch die „Priesterzentrierung“ einer Gemeinde sei zu überdenken. Gegen die Abschaffung des Zölibats sei er aber, obwohl dies nur ein kirchliches Gesetz sei und kein biblisches. „Das bedeutet eine gewisse Lebenshingabe. Der Zölibat ist ein Ringen.“

Einen Tag nach dem Erscheinen des Interviews mit Propst Fürnsinn in den Bezirksblättern meldete sich auch Bischof Küng im ORF zu Wort um zur Causa Missbrauchsfälle Stellung zu nehmen: ORF-Artikel

Siehe auch "35 Sex-Pfarrer noch im Amt"

Schätze sind Zeugnis des Glaubens
Zum Reichtum des Augustiner-Chorherren-Stifts Herzogenburg meint Fürnsinn: "Die Geschichte hat uns einiges aufgebürdet. Unsere Schätze sind Zeugnisses des gelebten Glaubens, die in der jeweiligen Zeit entstand. Künstler die diese mitgestaltet oder kreiert haben, fanden darin auch einen Lebensunterhalt. Für mich wäre es Reichtum, wenn wir Stifts-Pforten einfach schließen würden und niemanden hereinlassen würden. Wir könnten im Kloster dann sicher besser leben. Wir wollen uns aber öffnen." Natürlich hätten die Klosterbrüder im Laufe der Jahrhunderte auch etwas erwirtschaftet, dafür wurde auch gearbeitet. Dies zu erhalten wäre auch nicht ganz so leicht, wie sich das manche vorstellten. Bau und Erhalt des Stiftes und die Bewirtschaftung der Ländereien brächten Arbeit und Wertschöpfung für die Region.

Für Fürnsinn hat Glaube auch mit Ästhetik zu tun. Auch Kunst wäre eine Form Glauben zu vermitteln. Viele Touristen kämen eben auch wegen der in sakralen Bauten vorhandenen Kunstschätze. Damit wird aber mehr vermittelt als nur Ästetisches: "Der Kulturtourismus ist eine bedeutendste Kanzel des Wortes."

Allerdings sei das Bewusstsein für die Armen, einem ureigenen Anliegen der Mönche und der Christen sehr groß. "Davon zeugen auch die Spenden der Gläubigen am Sonntag. Sie geben, damit anderen geholfen werden können."
In der Welt hätte heute allerdings in vielfacher Hinsicht der Islam jene Funktion, nämlich Religion der Armen zu sein, übernommen. "Hier würde ich mir wieder intensivere Bemühungen des Christentums erhoffen", so Fürnsinn, "denn das Bewusstsein für die Armen ist ja da."

Kirchbeitrag: Offen für Entwicklungen
Ob man die jetzt in Österreich praktizierte Einhebung des KIrchenbeitrags auf Dauer weiterführe, sei nicht fix. Es wird und wurde viel über Änderungen nachgedacht. "Derzeit ist es eine gute Form, aber es wäre auch ein anderes System, wie jenes in Italien möglich, wo die Steuerzahler bestimmen können, wofür ihr Beitrag genau hinfließen soll."
Zu säumigen Kirchbeitragszahlern: "Grundsätzlich ist die Zahlungsmoral sehr hoch," so der Propst. Er sei kein Freund davon, dass Kirchenmitglieder bei hartnäckigem Zahlungsversäumnis geklagt werden, aber "in manchen Fällen ist das leider nicht vermeidbar". Man hätte als Mitglied einer Vereinigung ja nicht nur Rechte sondern eben auch Pflichten.

Papst Max
Was würde Fürnsinn machen, wäre er einen Tag Papst? "Ich würde alle wichtigen Repräsentanten und die großen Denker der Welt einladen um über einen Aufbruch darüber zu beraten, wie man das Miteinander auf diesem Planeten gemeinsam besser gestalten und Unrecht beseitigen könnte." Außerdem würde Papst Maximilian auch Strukturreformen in der römisch-katholischen Kirche einführen.
"Und", hebt Fürnsinn, ursprünglich ein gelernter Fleischhauer, lachend an, "ich würde ein gutes Mittagessen veranstalten und schauen, ob es im Vatikan auch einen guten Weinkeller gibt."

Propst Maximilian Fürnsinn feierte heuer sein 40-jähriges Priesterjubiläum.
Propst Maximilian Fürnsinn im Stift Herzogenburg

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