100 Jahre Republik Österreich: 1918 in der Brigittenau
Hungersnot, Streiks, Grippewelle und Armut: Das Leben in der Zwischenkriegszeit war von Krisen geprägt.
BRIGITTENAU. Heuer jährt sich das Schicksalsjahr 1918 zum 100. Mal. Das Ende des Ersten Weltkrieges und die Ausrufung der Ersten Republik am 12. November 1918 waren damals die bedeutendsten Ereignisse in Österreich.
Die Brigittenau, als auch der Rest von Wien, war von einer Versorgungskrise gekennzeichnet. Nahrungs- und Heizmittel waren äußerst knapp und lediglich durch stundenlanges Anstellen und zu überhöhten Preisen am Schwarzmarkt erhältlich. Die Menschen waren unterernährt und litten Hunger. Im Sommer wurde die Situation zumindest für Kinder kurzfristig besser: Man schickte viele von ihnen zu westungarischen Bauern.
Mittels Streiks traten die Menschen für eine bessere Nahrungsmittelversorgung ein: doch leider vergebens. Im Herbst gab es eine weitere Bedrohung für die unterernährten Brigittenauer: Die Spanische Grippe. Sie forderte zahlreiche Todesopfer.
Jüdische Bevölkerung
In Wien gab es zu Kriegsende rund 30.000, meist jüdische, Kriegsflüchtlinge. Zu ihnen stießen Pogromflüchtlinge aus Osteuropa. Aufgrund der Nähe zur Leopoldstadt war ein besonders großer Anteil der brigittenauer Bevölkerung um 1918 jüdisch. Seit Jahrzehnten war der Bereich zwischen Donaukanal und Donau das bevorzugte Einwanderungsgebiet für nach Wien kommende Juden. Man nannte die Gegend auch "Mazzesinsel". "Mazzes" ist jiddisch und bedeutet so viel wie ungesäuertes Fladenbrot.
Nach Kriegsende setzte eine weitere Migrationsbewegung von deutschsprachigen Beamten aus den ehemaligen Kronländern ein. Dies verschärfte den Versorgungsnotstand noch weiter. Insbesondere die Flüchtlinge aus Osteuropa mussten unter schlechten hygienischen Bedingungen in Elendsquartieren, wie Kellerwohnungen, hausen. Daneben waren sie zunehmendem Antisemitismus ausgesetzt.
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