Lehrlinge im 19. Bezirk
Die Leidenschaft für Handwerk weitergeben
Heutzutage einen Lehrling im Handwerk zu finden ist für viele Betriebe kein leichtes Unterfangen. Die BezirksZeitung hat stellvertretend für die Branche mit Bäckermeister Gregor Lautner von Wannenmacher über Herausforderungen bei der Lehrlingssuche gesprochen. Einige Aspekte lassen ihn optimistisch in die Zukunft blicken.
WIEN/DÖBLING. "Powidl oder Marillenfüllung bei den Croissants?“ heißt es an der Glasbudel in der Sieveringer Bäckerei Wannenmacher. In Gregor Lautners Bäckerei herrscht sogar nachmittags reger Betrieb, in seiner Backstube ist es jedoch leerer geworden.
Nicht, dass die Arbeit weniger wurde oder die Bestellungen in Döblings ältester Bäckerei zurückgingen, nein, nein. Vielmehr schupft Lautner seine frischen Semmeln, Brote und Co. gerade ohne Lehrling in den Ofen. "Es ist schwieriger geworden, neue Lehrlinge zu finden", so Lautner. Und das liegt nicht nur am Bäckerdasein mit Dienstbeginn um 4 Uhr morgens.
Er spricht auch mit anderen Handwerks-Kollegen, vom Installateur bis zum Tischler. "Das Interesse an einer handwerklichen Lehre ist in den letzten zehn bis 15 Jahren zurückgegangen", so sein Fazit. Aber nicht nur die Anzahl an Bewerbungen ist geschwunden, auch das Bewerberfeld selbst hat sich gewandelt.
Matura vor dem Ofen
Für Lautner kommt noch ein weiterer Effekt bei der Lehrlingssuche erschwerend dazu. Bei allen Förderungsprogrammen für die Lehrprogramme, die es inzwischen gibt, bleibt ein Fakt bei Wannenmacher gleich: Man ist in Sievering zu Hause, ein bisschen weit weg vom Schuss: "Der Grundgedanke ist immer: Weg vom Individualverkehr hin zu den Öffis. Doch wie sollen meine Lehrlinge zu mir kommen in der Früh? Der Bus fährt da nicht. Und leider haben immer mehr Jugendliche keine Mopeds."
Bewerbungen trudeln schon ein. Doch die potentiell Auszubildende kommen nicht mehr ums Eck aus Döbling, sondern aus Liesing, der Landstraße und noch weiter. Dabei ist Lautner durchaus offen für verschiedene Biografien. Er selbst hat eine HAK Matura und danach die Meisterprüfung im Konditor- und Bäckerbereich gemacht und den Wannenmacher von seinem Vater übernommen.
"Es bewerben sich interessanterweise Maturanten und Gymnasium-Abbrecher. Offenbar haben einige spät, aber doch die Liebe zum Handwerk entdeckt. Ich hatte sogar jemanden hier, der hatte einen Magister“, so Lautner. Das stimmt ihn auch positiv, auch wenn es für ihn wichtig ist, dass man praktisch veranlagt ist: „Man muss logisch denken und Dinge nachvollziehen können. Das fällt sehr vielen Leuten sehr schwer. Nicht alles verkomplizieren. Im Handwerk gibt es keine Wissenschaft! Dafür muss man die Basics können, wie etwa Kopfrechnen."
Handwerk weitergeben
Dabei setzt Lautner trotz vieler Schwierigkeiten in der Suche weiterhin auf Lehrlinge. Das hat zwei Gründe: Einerseits will er seine Leidenschaft für das Handwerk an die Jugend weitergeben. Und andererseits ist Lautner auch hier pragmatisch: "Ein fertiger Bäcker nimmt die Gepflogenheiten immer mit. Das bedeutet, es ist schwer, etwas bei der Arbeit zu verändern, was über Jahre verinnerlicht wird."
Dass das Bewerberfeld zunehmend älter wird, sieht Lautner gar nicht als Nachteil. Bei jungen Menschen müsse man oft auch noch die persönliche Erziehung mitübernehmen. In der Pubertät setzt man nunmal andere Prioritäten, als mit 22 Jahren oder älter. Quereinsteiger und junge Menschen wären sowieso oft ein Vorteil, denn sie hinterfragen Dinge: "Außerdem tun die frischen Ansichten der Jungen auch gut, denn niemand ist frei von Betriebsblindheit", so Lautner.
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