Bau-Ärger in der Donaustadt
Eine 88-Jährige kämpft um ihren Garten
In ihrem Garten hat die 88-jährige Donaustädterin Florentina Pakosta schon einiges erlebt. Doch nun ist ihr Idyll in Gefahr. Wie es weitergeht, ist noch unklar - mittlerweile wird nur noch über Anwälte kommuniziert.
WIEN/DONAUSTADT. Florentina Pakosta wird schon bald 89 Jahre alt, durfte Erfolge als Künstlerin feiern und drei Mal in der Albertina ausstellen - aber so etwas hat sie ihr Leben lang noch nicht gesehen. Die Donaustädterin lebt seit dem Jahr 1934 in einem Haus in der Erzherzog-Karl-Strasse 94 und hat sich dort über die Jahre ihre eigene kleine Idylle aufgebaut.
In diesem Haus hat sie schon alles erlebt, etwa die Höhen ihres künstlerischen Schaffens, aber auch die schwierigsten Momente - etwa als in den 1940er Jahren die Bomben auf Wien fielen: "Wir haben uns im Keller zusammengekauert, als ganz in der Nähe eine Fliegerbombe einschlug - die Scheiben sind geborsten, es war alles verwüstet - aber das Haus blieb stehen", erinnert sich Pakosta. Auch die Front sei anschließend durch das Gebiet verlaufen - sie sei froh, meint die 88-Jährige, dass das an ihr vorübergezogen sei.
Sorgen im Garten-Paradies
Besonders erfreut, zeigt sie sich über ihren Garten, in dem Vögel brüten und in der sie eine kurze Auszeit vom Trubel der Großstadt nehmen kann. "Hier sind Bäume, die habe ich vor Jahrzehnten eingesetzt, habe gesehen wie sie gewachsen sind. Alles hier hat für mich eine ganz individuelle Geschichte - auf dieses Stückchen Erde bin ich sehr stolz", erklärt Pakosta bei einem kurzen Streifzug durch das Grün. Ihre Augen beginnen kurz zu glänzen - dann aber schweift ihr Blick über die angrenzende Baustelle. Sorgenfalten zeichnen sich nun ab.
Denn ihr kleines Idyll wird seit geraumer Zeit gestört: es sind neue Nachbarn eingezogen und die haben große Pläne. So ist es mit dem sorgenfreien Lebensabend im eigenen Garten seit ein paar Wochen vorbei. Zwei Häuser sollen in der Erzherzog-Karl-Straße 92 nämlich schon bald gebaut werden. So weit so gut - doch während zu Beginn noch ein zögerlicher Dialog zwischen den neuen Nachbarn möglich war, ist es damit nun vorbei. Kommuniziert wird nur noch über die Rechtsanwälte.
Der Teufel liegt an der Grenze zwischen den Grundstücken begraben - genau dort eben, wo viele der Sträucher und Bäume stehen, die Florentina Pakosta soviel bedeuten. Um die beiden Häuser zu errichten, soll ein Baugerüst errichtet werden - doch damit würden viele der Pflanzen im Garten in Mitleidenschaft gezogen - oder, so befürchtet es Pakosta, gar gefällt werden müssen.
Der Zaun ist verschwunden
Dabei habe sich zuerst noch eine gute Lösung abgezeichnet, betont die 88-Jährige: "Ich habe mit dem Architekten gesprochen und dieser hat mir eine Lösung gezeigt, bei der mein Garten unversehrt bleiben könnte". Doch diese Alternative sei nun vom Tisch, man wolle sich an dieses Gespräch nicht mehr erinnern, obwohl ein Zeuge dabei gewesen sei und die 88-Jährige eine Mitschrift erstellt und diese auch dem Anwalt der Gegenseite geschickt habe.
Die Donaustädterin habe hier etwas falsch verstanden, habe es von den Anwälten der Gegenseite geheißen, beklagt Pakosta. Das Baugerüst sei nun Mal nötig. Ein Zaun, der schon seit Jahren die beiden Grundstücke voneinander abtrennte, wurde bereits entfernt. Florentina Pakosta fühlt sich hilflos, doch sie möchte dieses Verhalten nicht einfach hinnehmen: "Es ist mein Eigentum, warum darf damit so umgegangen werden?", fragt sie sichtlich verzweifelt.
Wie sieht es rechtlich aus?
Von Seiten des Anwalts der Gegenseite wurde gegenüber der BezirksZeitung auf die laufende Korrespondenz verwiesen. Man sei derzeit nicht damit beauftragt, in diesem Rahmen weitere inhaltliche Ausführungen zum Sachverhalt zu machen. Allerdings: "Die allem Anschein nach geschilderte Sach- und Rechtslage stellt sich aus Sicht meiner Mandanten anders dar", wird betont.
Wie die rechtliche Situation in so einem Fall ausschaut, erklärt Rainald Löscher von der MA 37 - Baupolizei, gegenüber der BezirksZeitung folgendermaßen: Gemäß den Bestimmungen sind die Eigentümer der Nachbarliegenschaften verpflichtet, die notwendigen Arbeiten (sofern der dadurch entstehende Schaden nicht unverhältnismäßig ist) gegen Ersatz des erlittenen Schaden auf ihrer Liegenschaft zu gestatten. Im Streitfall ist über die Höhe des Schadens der Zivilrechtsweg zu beschreiten.
Sollten die Arbeiten nicht gestattet werden, kann eine Duldungsverpflichtung seitens der Behörde ausgesprochen werden. Im Regelfall sollte daher vor Durchführung der Baumaßnahmen das Einverständnis eingeholt werden und keine Tatsachen geschaffen werden. Im Falle einer Nichteinigung wird von der Baupolizei auf den Zivilrechtsweg (Besitzstörungsklage) verwiesen.
Den juristischen Weg beschreitet Florentina Pakosta allerdings nur äußerst ungern - "eigentlich möchte ich nur in Ruhe meinen Garten genießen", betont die Rentnerin und lässt ihren sorgenvollen Blick über die Anlage wandern. "Vielleicht findet sich ja doch noch eine Lösung", flüstert sie dabei, wohl mehr, um sich selbst Mut für die kommende Zeit zuzusprechen.
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