10 Jahre Pannonische Tafel in Eisenstadt
Seit zehn Jahren versorgt die Tafel nicht nur Notleidende mit Nahrungsmittel, sondern hilft auch weit darüber hinaus.
EISENSTADT. Mit einem Veranstaltungsreigen feiert die Pannonische Tafel in Eisenstadt diese Woche zehnjähriges Jubiläum. Internationale kulinarische Kostproben, Workshops und Live-Musik warten auf die Besucher.
Kurz vor dem Tafel-Aus
Beinahe wäre es jedoch gar nicht dazu gekommen. „Zu Weihnachten hatten wir gerade 100 Euro auf dem Konto. Wir benötigen monatlich 8.000, um den Betrieb am Laufen zu halten“, erklärt Andrea Roschek, die die Tafel vor zehn Jahren ins Leben gerufen hat. Einige Male stand die Tafel im letzten Jahrzehnt kurz vor dem Aus. Denn für Roschek und die ehrenamtlichen Tafel-Mitarbeiter steht die dringend notwendige Hilfe stets vor der finanziellen Absicherung. „Wir haben des Pferd oft von hinten augezäumt, haben zuerst geholfen und uns danach um den Rest gekümmert. „Bis Jahresende werden wir deswegen immer wieder Programme anbieten um zu Feiern, dass wir die letzten zehn Jahre überlebt haben.“
Tafel war notwendig
Zu Beginn, als Roschek von einer Freundin erstmals vom Konzept der Tafel erfuhr, war sie begeistert und leitete umgehend die ersten Schritte ein, um diese auch in Eisenstadt zu etablieren. Die Reaktion der Bevölkerung: In einem reichen Land wie Österreich brauchen wir so etwas doch nicht. Doch Roschek kannte ein anderes, ihr eigenes Schicksal. „Ich selbst hatte die Entscheidung zu treffen, ob ich meiner Familie Essen zubereite oder doch lieber die Stromrechnung bezahle und dachte mir, andere werden mein Schicksal teilen.“ Damit hatte Roschek Recht, denn binnen kürzester Zeit pilgerten viele zur Tafel, um mit dem Notwendigsten versorgt zu werden.
„Die Leute leisten Großes“
Viel Hilfe erhielt sie dabei stets von der Bevölkerung. „Die Leute da draußen leisten einen großartigen Beitrag. Umso sozial schwächer sie sind, desto eher helfen sie. Vielleicht ist die Empathie größer“, vermutet Roschek, die von politischer Seite kaum Rückenwind erhielt. „In anderen Bundesländern werden die Tafeln gehyped, in Eisenstadt ist das nicht der Fall. In zehn Jahren war der Landeshauptmann kein einziges Mal bei uns, das gibt es sonst nirgends!“
„Einprägsames 2015“
Besonders einprägsam war für Roschek das Jahr 2015. „Trotz des schlimmen Hintergrunds ist meine Welt etwas runder geworden. Es waren täglich 100 Leute in der Tafel. Sie kamen zum Teil ohne Brillen, ohne Zähne oder verwundet. Wir konnten unglaublich viel helfen. Damals sind viele schöne Dinge passiert“, erinnert sich Roschek.
„Bereiten uns auf Ansturm vor“
Entspannung sieht die Gründerin auch 2018 nicht. „Die Tafel ist heute notwendiger denn je. Aufgrund der vielen sozialen Kürzungen, vor allem Alleinstehende werden immer mehr beschnitten, machen wir uns auf einen Ansturm bereit.“
Umdenken der Politik
In der Politik scheint es seit Beginn des Jahres ein Umdenken zu geben. Als die Tafel zu Weihnachten knapp vor dem Aus stand, hat LR Norbert Darabos umgehend geholfen. LR Hans Peter Doskozil erfuhr von den Tafel-Problemen im Radio. „Er war der erste Politiker überhaupt, der in zehn Jahren aktiv auf uns zugekommen ist, hat uns als Akuthilfe einen Lagerfläche bereitgestellt. Zuvor mussten wir dringend notwendige Dinge aufgrund Platzmangels ablehnen.“
Mehr als Umverteilung
Seit zehn Jahren ist es die Kernaufgabe der Pannonischen Tafel, umzuverteilen. Nicht mehr benötigtes wird besorgt und gelangt dorthin, wo es benötigt wird. Die Tafel ist aber mehr als das. „Wir begleiten bei Pflegschaftsfällen zu Gericht. Dadurch konnten wir es schon abwenden, dass Kinder ihre Eltern verlieren“, nennt Roschek eines von vielen Beispielen. Geholfen wird auch bei Umzügen oder kleinen Reparaturen. „Da können schnell ein paar dringend benötigte hundert Euro gespart werden.“
Nähcafe und ein Herzensprojekt
Vor kurzem wurde das Projekt Nähcafé ins Leben gerufen. „Wir wollen lernen zu reparieren. Es muss nicht immer die neue Jeans sein“, so Roschek, die auch von ihrem Herzensprojekt, einer Idee, die bereits älter als die Tafel selbst ist, berichtet: „Ich möchte ein Webradio ins Leben rufen. Dort sollen positive Nachrichten verbreitet, über Geschichten aus dem Leben berichtet und Mut gemacht werden. In kultureller Vielfalt, wo jeder mitgestalten kann.“
Können jede Hilfe brauchen
Um all das umsetzen zu können, ist die Pannonische Tafel immer auf der Suche nach Hilfe. „20 bis 30 Ehrenamtliche könnten sofort helfen, auch wenn sie nur für einige Stunden in der Woche Zeit haben. Wir brauchen Organisatoren, Hilfe bei der Warenausgabe oder Fahrer, um die Waren zu holen.“ Aber auch Lebensmittel selbst, denn vor allem bei Gemüse, Obst und Grundnahrungsmittel ist es immer eng.
Gute Erlebnisse
Bei allen Problemen und Herausforderungen bei der Führung der Pannonischen Tafel der letzten zehn Jahre – die größten waren es stets, wenn es galt, schnell zu handeln, kommt es immer zu schönen Erlebnissen. Für Roschek das Schönste: „Wenn Leute kommen und sagen: Danke, eich brauche euch nicht mehr!“
Das Programm der Jubiläumswoche:
An jedem Tag finden von 14 bis 18 Uhr Veranstaltungen und kulinarische Kostproben einer Nationalität statt.
Montag, 4. Juni: Palästina
10 Jahre Pannonische Tafel – Fotostrecke
Möglichkeit, um sich über Mitarbeit zu informieren
Dienstag, 5. Juni: Ungarn
19.15 Uhr: Live Chor der Begeisterten
Mittwoch, 6. Juni: Polen
Ideen Brunch – Einladung zur Ideenentwicklung für Projekte der Tafel
Donnerstag, 7. Juni: Afghanistan
Näh-Cafe
19.30 Uhr: Live: Chris Pederka (Widerstandslieder – Blues)
Freitag, 8. Juni: Iran
Kinder Kunst Workshop
19.30 Uhr: Live: Da Lupas
Samstag, 9. Juni: Afghanistan
14 Uhr: Ausstellung Silvia Unger, Therese, Andrea
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