Bezirk Eisenstadt
60 Kilometer-Flucht einer Geisterfahrerin vor Polizei
„Ein Höllenritt in Schlangenlinien und mit Abdrängen, teils sogar als Geisterfahrer auf der S4!“ So beschrieb ein Revierinspektor die 60-Kilometer-Amoktour einer psychisch kranken Pkw-Lenkerin, die mit Tempo 170 vor Blaulicht-Polizeiautos flüchtete. Sie hatte keinen gültigen Führerschein...
BEZIRK EISENSTADT. „Während einer Patrouillenfahrt in Wulkaprodersdorf fiel uns die Lenkerin eines blauen Wagens auf, da sie wegen einiger Vorfälle bereits amtsbekannt war. Unsere Vermutung, dass sie keinen aufrechten Führerschein besitzt, sollte sich später bestätigten. Zwecks Kontrolle drehten wir um, fuhren der Frau nach und wollten sie anhalten!“, schilderte der Polizist im Saal 7 des Landesgerichtes Eisenstadt.
Mit 170 km/h über S4
„Doch statt zu stoppen, gab die Person Gas. Also schalteten wir Blaulicht und Folgetonhorn ein. Das nützte aber nichts. Im Gegenteil. Als wir sie überholten, versuchte sie uns abzudrängen. Dann fuhr sie in Schlangenlinien so nahe an unser Fahrzeug, dass wir ausweichen mussten und uns aus Sicherheitsgründen zurückfallen ließen. Schließlich erhöhte die Lenkerin das Tempo auf bis zu 170 km/h und raste von Mattersburg kommend auf der A 4 in Richtung Wiener Neustadt. Löste bei anderen Autolenkern eine gefährliche Situation nach der anderen aus!“
Lenkerin als Geisterfahrer
Der Beamte weiter: „Wir alarmierten zur Verstärkung weitere Kräfte. Parallel dazu versuchten wir über Lautsprecherdurchsagen vom Dienstwagen aus die Fahrerin zur Aufgabe zu bewegen. Stattdessen überfuhr sie die doppelte Sperrlinie der Schnellstraße und war auf der Gegenfahrbahn unterwegs. Deshalb haben wir über die Leitstelle eine Ö3-Geisterfahrer-Warnung ausgelöst. Zum Glück hat das gewirkt, denn alle Fahrzeuge befanden sich bei der Begegnung mit dem Auto der Frau bereits auf dem Pannenstreifen oder der ersten Spur. Deshalb kam es zu keinem schweren Unfall!“
Handschellen nach 60 Kilometer
„Als wir den Wagen endlich bei Leobersdorf stoppen konnten, nach rund 60 Kilometer, riss ein Kollege die Beifahrertüre auf und zog den Autoschlüssel ab. Erst dann zerrten wir die Lenkerin aus ihrem Pkw und legten ihr Handschellen an. Auf Befragung über den Grund dieses Höllenritts hat sie kein Wort gesagt. Sie schaute uns nur stillschweigend an!“ So die Schilderung des Revierinspektors über den Vorfall vom 26.2.2023. Der abschließend meinte: „Ich bin seit vielen Jahren auf Streife, aber so eine Verfolgungsjagd habe ich noch nie erlebt!“
Panikattacke und Angstpsychose
Dazu befragt, gab die 50-jährige Burgenländerin, derzeit U-Häftling, an: „Ich kann mich nicht ganz genau erinnern!“ „Was wissen sie noch über diesen Vorfall?“, fragte die Richterin. „In Wulkaprodersdorf bin ich ins Auto gestiegen. Hmmmh. Hatte eine Panikattacke. Wollte ins Krankenhaus Baden. Angeblich war ich schwanger. Hatte Schmerzen in meinen Händen. Dann hat mich ein Polizeiauto verfolgt!“ Nach einer kurzen Nachdenkpause: „Ich hatte auch eine Angstpsychose. Dazwischen weiß ich nichts mehr. Erst im Krankenhaus Eisenstadt habe ich wieder Erinnerungen!“
Angeklagte ist gefährlich
Auf die Frage der Staatsanwältin, warum sie mit dem Auto fährt, wenn sie eine Panikattacke hat, gab die Frau keine Antwort. Senkte lediglich den Kopf. Konkrete Antworten blieb sie meistens schuldig. Redefreudig zeigte sie sich lediglich beim Versuch, ihre medizinischen Heilungsfortschritte gut darzustellen. Denen widersprach aber ein Sachverständiger, der die Angeklagte mit Diagnose „schizophrene Psychose“ als geisteskrank beschrieb, mit derzeit keinerlei Behandlungserfolg und einem großen Gefahrenpotential. „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sie erneut strafbare Handlungen gegen Leib und Leben setzt, also schwere Körperverletzungen. Daher ist keine bedingte Nachsicht empfohlen, sondern eine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum!“
Einweisung in geschlossene Anstalt
Dieser Empfehlung des Gutachters kam der Schöffensenat nach und ordnete die Einweisung in eine geschlossene Anstalt an. Eine Verurteilung der Frau für die begangenen Verbrechen während der Flucht, inklusive Widerstand gegen die Staatsgewalt, war dem Gericht nicht möglich, da der Mediziner die Lenkerin zum Tatzeitpunkt als nicht zurechnungsfähig qualifizierte. Gegen den Rat ihres Verteidigers legte die Burgenländerin Berufung gegen die Einweisung ein, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Daher keine Rechtskraft. Es gilt die Unschuldsvermutung.
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