Donaukurier aus Favoriten
Der Redakteur, der nichts sieht
Der Favoritner Wolfgang Kremser veröffentlicht im "Donaukurier" über E-Mail Infos für Sehbehinderte und Blinde.
FAVORITEN. Das Leben von Wolfgang Kremser ist nicht einfach. So fürchtet er sich schon ein wenig vor dem U-Bahn-Bau. Denn dann heißt es für ihn, neue Wege auswendig zu lernen, denn der Favoritner ist blind.
Wenn er nicht im Voraus von neuen Baustellen erfährt oder bei nicht angekündigten Umwegen der Öffis, landet er an Plätzen, die er nicht kennt. Dann hat er Probleme, wieder nach Hause zu kommen.
"So geht es allen Blinden und Sehbehinderten", weiß Kremser. Der 66-Jährige beschloss, gemeinsam mit seinem Freund Bruno, etwas dagegen zu unternehmen. Also gründeten die beiden den "Donaukurier".
"Zeitung" für Blinde
Das ist eine Art Zeitung für Menschen mit Sehbehinderungen. Die Nachrichten übermittelt er via Computer in E-Mails. So können seine rund 300 Abonnenten diverse Infos rechtzeitig erhalten. Und der Computer liest diese dann auch vor.
Die "Zeitung", die der Favoritner herausgibt, deckt ganz Ostösterreich ab und berichtet über Neuigkeiten in den Bereichen Verkehr, Baustellen sowie Schienenersatzverkehr. "Das Problem dabei ist, dass die Infos sehr verstreut sind", ärgert sich der 66-Jährige. "Es ist wichtig, dass wir die Infos rechtzeitig und genau bekommen", so Kremser. Denn schließlich müssen Blinde und Sehbehinderte dann neue Wege auswendig lernen.
Alltägliche Stolpersteine
"Nichts ist schlimmer als eine Baustelle auf einem althergebrachten Weg", so der Online-Redakteur. Denn anstatt gemütlich weitergehen zu können, gibt es Stolpersteine. Das kann, etwa im Falle einer Baugrube, für Blinde und Sehbehinderte sehr gefährlich sein.
Werner Kremser war nicht immer blind. "Mein Vater hat mir noch beigebracht, wie man fotografiert", blickt er auf das Hobby zurück, das ihm besonders gefallen hat.
"In der Volksschule ist mir erstmals aufgefallen, dass ich nicht gut sehe", erinnert er sich. Die Diagnose – Makuladegeneration, die zur Blindheit führt – traf ihn tief. Nach der Schulzeit konnte er noch einige Jahre als Stenotypist im Büro arbeiten.
Sprechende Hausgeräte
In seinem häuslichen Alltag beschäftigt sich Werner Kremser inzwischen hauptsächlich digital. Hilfsmittel wie Handys, die mit ihrem Bediener reden, oder Alexa helfen viel. Er testet auch sprechende Maschinen wie etwa Geschirrspüler, die durch Sprachmeldungen wie "der Klarspüler ist aus" eine beinahe unentbehrliche Unterstützung bieten.
Probleme hat er – wie auch andere Blinde und Sehbehinderte – im Supermarkt. "Wir lernen auswendig, wo die Produkte stehen", so Kremser. Das Problem ist aber, dass die Regale regelmäßig umgeräumt werden. Deshalb geht der Favoritner gerne in "seinen Billa" in der Fernkorngasse: "Dort helfen die Mitarbeiter den Blinden, die hier einkaufen", lobt er deren Engagement.
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