5 Minuten Wien
Ehrlichkeit in Wien
von Karl Pufler
WIEN. Fünf Minuten können eine Ewigkeit sein. Und mir kommt vor, dass sich trotz der Schnelllebigkeit, die in Wien herrscht, jede einzelne Minute wie der sprichwörtliche Strudelteig ziehen kann – vor allem wenn man in Ungewissheit ist.
Das erlebte ich vor Kurzem auf der Wiedner Favoritenstraße. Wieder einmal war ich im Stress. Zwar habe ich mir vorgenommen, dass ich mir nicht mehr durchgehen lasse, hektisch herumzulaufen. Trotzdem passiert es mir immer wieder.
Diesmal war es sogar besonders überflüssig: Ich wollte schnell zum Lebensmittelladen, um mir mein Mittagessen zu holen. Dabei trug ich Kamera, Handy und viel Überflüssiges in der Hand. So hastete ich durch die Regale, schnappte mir Salat und Dressing und ab zur Kassa. Beim Zahlen legte ich das Handy und meine Geldbörse mit allen Karten auf die Budel. Dass ich beides liegen gelassen habe, bemerkte ich erst, als ich wieder im Verlag war.
Stress pur
Nun schlug der Stress erst so richtig zu. Auf dem Weg zurück phantasierte ich, was alles passieren könnte: Der Kunde hinter mir hat mein Mobiltelefon geschnappt und spricht jetzt gerade mit seinem Freund in Bolivien. Gleichzeitig nimmt er meine Bankomatkarte, um Bargeld abzuheben. Und mit der Kreditkarte ordert er sicher schon seinen nächsten Urlaub in der Dom-Rep. Klar: Bei den Temperaturen muss man ja ins Warme.
Inzwischen war ich beim Lebensmittelhändler angekommen, nach kaum fünf Minuten, die mir wie eine Stunde vorkamen. Dort strahlt mich die Verkäuferin schon an und überreicht mir meine Sachen. Mit einem "Das ist doch selbstverständlich" wies sie alles außer einem "Danke" zurück. Es tut gut, in Wien positiv überrascht zu werden.
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