Kognition
Was uns sozial macht
Natalie Sebanz untersucht an der neuesten Wiener Uni, der Central European University, unsere Interaktionen mit anderen Menschen.
FAVORITEN. Im Social Mind Center geht es rund: Versuchspersonen gehen ein und aus, müssen am Computer Aufgaben lösen oder in Gruppenexperimenten mit Bällen spielen, tanzen oder Musik machen.
Die etwa 20-köpfige Arbeitsgruppe im Fachbereich Kognitionswissenschaften treibt eine Frage um: Was macht uns sozial und wie können wir mit anderen Menschen interagieren. Eine Frage, die auf den ersten Blick einfach klingt: „Wir haben jedoch gemerkt, dass wir nicht viel darüber wissen, wie das im Detail aussieht“, so Natalie Sebanz. Gemeinsam mit Günther Knoblich leitet die gebürtige Tirolerin das Zentrum an der Central European University, CEU, die seit Herbst 2019 im zehnten Wiener Gemeindebezirk untergebracht ist.
Reaktionen anderer planbar?
Will man etwa mit einer anderen Person tanzen, kann man vorerst nur seine eigenen Handlungen planen. Die Reaktion der anderen habe man aber nicht unter Kontrolle. „Wir müssen zeitliche Vorhersagen machen. Unsere Studien haben gezeigt, dass wir die Handlungen der anderen so planen, als wären es unsere eigenen.“ Das sei für unser Gehirn fast dasselbe – obwohl die motorische Ausführung eine ganz andere ist. Wer einem gegenüber steht, spielt jedoch eine große Rolle: Menschen, die uns unsympathisch sind, berücksichtigen wir weniger. Doch nicht immer ist das Vertrauen in andere ein Vorteil: „Wir haben auch gesehen, dass es manchmal kontraproduktiv ist, zu viel über den anderen nachzudenken.“ Menschen, die gefragt wurden, das gleiche Bild wie eine nicht anwesende Person auszuwählen, hatten oft Probleme: Diejenigen, die viel über ihren Partner nachdachten und sich überlegten, was er oder sie auswählen könnte, griffen oft zum falschen Bild. „Das ist wie, wenn man sich am Gang trifft und jeder versucht, dem anderen auszuweichen.“ Die Untersuchungen helfen im Anschluss etwa auch Roboter zu entwickeln, die Menschen unterstützen können und dabei positiv wahrgenommen werden.
Nach Angriffen der ungarischen Regierung musste die CEU im Herbst 2019 von Budapest nach Wien umziehen. Noch pendelt Sebanz zwischen den beiden Städten und wechselt sich dabei mit ihrem Mann, dem zweiten Leiter der Arbeitsgruppe, ab. Für sie ist der Umzug nach Österreich begrüßenswert „Die Situation hat mir gezeigt, dass ein zweites Standbein von Vorteil ist. Und Wien hat einfach eine sehr gute Lebensqualität und viele Vorteile.“ Das ursprüngliche Interesse für ihr Fach verankert sie schon früh: „Ich komme aus einer Psychologenfamilie. Bei uns wurde also immer schon viel über andere Leute nachgedacht. Die Kognitionspsychologie gibt mir das Gefühl, etwas Fundamentales wie Physik oder den Weltraum zu untersuchen.“
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