Sachen gibt es... Val Camonica

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Ich wollte mich gestern nachmittag gerade hinsetzen und einen Beitrag über Val
Camonica für die BZ verfassen, als ein zufälliger Blick in die Zeitung zeigte, dass in wenigen Minuten eine TV-Doku über Val Camonica in einem österreichischen Sender beginnt! Ich habe mir gleich den Fernseher eingeschaltet und kann sagen, was gezeigt wurde, entspricht unseren dortigen Eindrücken und Informationen. - Nach der Doku habe ich meinen schon länger geplanten Bericht verfasst, voilà:

Val Camonica, das Tal der Camunen ist unweit der Schweizer Grenze gut versteckt in den lombardischen Alpen. Das Tal ist ca. 70 km lang und so breit und sonnig, dass man sich nicht eingeengt fühlt.
Weltberühmt wurde das Tal wegen der Felszeichnungen. Ihretwegen wurde das Tal 1979 Italiens erstes UNESCO-Weltkulturerbe. Heute zählt man etwa 300 tausend Petro-Glyphen, also Fels-Zeichnungen, die nicht gezeichnet, sondern mit
Steinwerkzeugen in eher flach liegende Felsplatten eingraviert sind. Die wenigsten sind an senkrechten Felsen angebracht. Man würde sogar öfters darüber stolpern, wenn sie nicht mit kleinen Zäunen umgeben wären.
Die Gravierungen entstanden wahrscheinlich zwischen 12 000 vor Chr. und dem
1.nachchristlichen Jh.
Die ältesten Bilder zeigen Jagdpraktiken, Speere und große Jagdtiere. Eine Art
Hirsch mit prachtvollem Geweih ist am häufigsten abgebildet. - Mit der Einwanderung einer neuen Bevölkerungsgruppe wurden offensichtlich die Jäger verdrängt, die Felszeichnungen verändern sich etwa im 6.Jahrtausend. Menschliche Figuren mit erhobenen Armen sind nun oft mit Äxten, Rädern und Hunden kombiniert. Erste Hacken und Pflüge zeugen von Ackerbau. - Mitte des 4. vorchristlichen Jahrtausends erscheinen abstrakte Symbole wie Zickzack, konzentrische Kreise, Mäander und auch Gesichter in Masken. Waren die frühen Jagddarstellungen wahrscheinlich magische Beschwörungen, vor der Jagd gefertigt, dass die Jagd gelinge, sind die späteren abstrakten Formen wahrscheinlich Ausdruck von Spiritualität: Das Rad könnte die Sonnenscheibe darstellen, die erhobenen Arme nennt man in der Archäologie "anbetende Haltung". Dargestellt wurde demnach die Anbetung der Naturkräfte durch die Menschen. - In der Bronzezeit kommen Bilder von zweirädrigen Arbeitskarren, vierrädrigen Repräsentationswägen und Pferden dazu. Die Bronzezeit begann hier etwa 3200 vor Chr. Bekanntlich beginnen Perioden wie Bronzezeit,
Eisenzeit usw. in verschiedenen Gegenden zu verschiedenen Zeiten, je nach den
lokalen Möglichkeiten.
Im 1. Jahrtausend v. Chr. werden hier auch vermutlich etruskische Inschriften und später keltische Darstellungen gefertigt. Beides bis heute kaum bis gar nicht endgültig bestimmt, daher schwer hier Definitives zu sagen. - Das Volk der Camunen oder Camunier wird im 1.Jh. von den Römern vernichtet, wir wissen von ihnen nur aus römischen Siegesberichten. Allerdings heißt die Symbolblume der Lombardei heute rosa camuna und zeigt jene regelmäßige vierblättrige Blume, die auf den Felsgravierungen besonders oft aufscheint. - Die jüngsten Gravierungen sind römisch und zeigen u.a. Gladiatorenkämpfe.

Man weiß nicht, warum diese Abbildungen gefertigt wurden. Eines ist sicher, sie sind keine Dekorationen. Die alten Kulturen kannten nicht den Begriff der Verschönerung. Alles, was sie darstellten, hatte einen praktischen und magischen Zweck wie die Beschwörung einer guten Jagdbeute. Daraus entwuchs dann die Spiritualität; höhere Mächte, Naturkräfte, später Götter nicht mehr zweckgebunden um etwas Konkretes fordernd anzubeten, sondern weil sie höhere Mächte waren – so glaubte man.

Esoteriker sprechen von der besonderen Ausstrahlung des Ortes. Deswegen, sagen sie, feierte man hier noch im 16.Jh. geheime Heidenkulte, die von der katholischen Kirche natürlich verfolgt wurden. Dementsprechend gab es hier damals fast 200 Verbrennungen von sogenannten Hexen. Die nicht esoterische Erklärung : Ein abgelegener Ort wie dieses verlassene Tal eignete sich gut für geheime Handlungen...
Im 20.Jh. war das Tal nochmals Teil einer unschönen Geschichte. Als die Nazis gehört haben, dass es hier geheimnisvolle Felsenritzungen gibt, schickten sie ihre Leute hin. Sie sollten feststellen, dass die uralten Zeichen von den Ur-Germanen, den vermeintlichen Ariern stammten. Das war natürlich ein Unfug, davon gar nicht zu reden, dass die Urbevölkerung der Arier in Nordindien heimisch war und in den heutigen Romas weiter lebt. Aber was bringt man an Blödsinn und Pseudowissenschaft nicht durcheinander, wenn größenwahnsinniges Machtdenken regiert. Allerdings ist das eine andere Geschichte.

Heute kann man die Petroglyphen im Nationalpark Naquane besichtigen, wo ein kleines Museum und gutes Informationsmaterial zur Verfügung stehen. Zum Drüberstreuen kann man sich an den Panoramablicken auf die nächsten Dörfer und die hohen Gipfel erfreuen.

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