Verpflichtendes Integrationsjahr: Arbeitstraining beim Verein Ute Bock
Seit September müssen Asylberechtigte das verpflichtende Integrationsjahr absolvieren. Zu Besuch bei Ute Bock in der Zohmanngasse.
FAVORITEN. Ob Osama Alswed vor einigen Jahren gedacht hätte, dass er in einem kleinen Büro in der Wiener Zohmanngasse Briefe sortiert, während draußen der Schnee die Stadt in winterliches Weiß taucht? Wahrscheinlich nicht, denn vor wenigen Jahren war der 31-jährige Syrer noch auf eine Karriere als Finanzbuchhalter fokussiert.
Dann ging alles sehr schnell. Der Krieg kam, Alswed flüchtete und landete in Wien. Heute hat er einen positiven Asylbescheid und absolviert seit zwei Monaten das verpflichtende Integrationsjahr im Favoritner Ute Bock Haus. "Hier lerne ich Deutsch und sammle wichtige Arbeitserfahrung. Außerdem trifft man nette Leute", sagt der Syrer. Sein Job? Er sortiert Briefe für die rund 700 Flüchtlinge, die im Ute Bock Haus als obdachlos geführt werden. Über das Flüchtlingsprojekt bekommen diese Menschen ihre Post zugestellt. Alswed teilt sie dreimal pro Woche aus. Sein Arbeitstraining wird ein Jahr dauern, danach will er versuchen, wieder als Finanzbuchhalter Fuß zu fassen. Er würde gerne in Wien bleiben. Der Krieg in Syrien sei sicher nicht so schnell vorüber, so seine Überzeugung.
"Im Rahmen des Arbeitstrainings werden die Flüchtlinge wie Zivildiener in die Organisation eingegliedert", sagt Ute-Bock-Geschäftsführerin Katja Teichert. Insgesamt biete man in der Zohmanngasse mittlerweile sechs Stellen an. Anerkannte Flüchtlinge müssen sich seit September 2017 grundsätzlich für ein Arbeitstraining im Rahmen des Integrationsjahres oder für AMS-Kurse zur Verfügung stellen. "Die Arbeitstrainings kommen dem AMS jedoch billiger", sagt Teichert.
Keine Arbeit ohne Praxis
Dennoch: Insgesamt gebe es viel zu wenige Stellen, so Ute-Bock-Pressesprecherin Ariane Baron. "Viele Flüchtlinge sind aktiv auf Arbeitssuche, haben jedoch keine Arbeitserfahrung", sagt sie. Im Rahmen des Arbeitstrainings wird ihnen die Möglichkeit gegeben, Praxis zu sammeln und die Strukturen des österreichischen Arbeitsmarktes kennenzulernen. "Und die sind nun mal ganz anders als beispielsweise in Syrien", ergänzt Katja Teichert. Besonders hierarchische Beziehungen zwischen Männern und Frauen seien natürlich ein Problem. "In der Theorie wissen die meisten Flüchtlinge, dass bei uns auch Frauen Chefinnen sind", sagt Teichert. Doch in der Praxis sei das ein ständiger Lernprozess.
Verpflichtende Deutschkurse
Begleitend zur täglichen Arbeit muss Osama Alswed auch einen Deutschkurs besuchen. Nichts, was ihm nicht gelegen kommen würde. Auch ihm ist klar, dass die Sprache der Schlüssel zum Arbeitsmarkt ist. Das weiß auch Katja Teichert: "Ich bekomme sehr oft Bewerbungen, die sind, nun ja, abenteuerlich verfasst." Kurse sollen hier Abhilfe schaffen.
Während vor dem Fenster die Schneeflocken tanzen, sortiert Alswed weiter die Post, heute noch bis 16 Uhr. Dann geht es nach Hause – in seine Wohngemeinschaft in Favoriten. "Wohnen ist in Wien sehr teuer", sagt er.
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