Wiens Politik hat Bürger als Verbündeten entdeckt
Gespräche auf der Straße, Demos, Befragungen: Wiens Parteien kämpfen um die Bürgernähe.
WIEN. Das größte Gut der Wiener Stadtpolitik heißt neuerdings Bürgernähe. Ab Mai werden darum SPÖ-Aktivisten ausschwärmen, um direkt mit den Leuten über ihre Anliegen zu reden.
Damit will die SPÖ herausfinden, was die Menschen in Wien eigentlich bewegt. Eine groß angelegte Bürgerbefragung später sollen „Verbündete“ unter den Bürgern gefunden werden. Dabei soll nichts tabu sein: Nachbarschaftsthemen sollen das gleiche Gewicht haben wie große politische Projekte. Das ist der Versuch der SPÖ Wien, dem neuen, klingenden Namen „Mitmachpartei“ gerecht zu werden.
Auch die anderen Parteien wollen mehr Bürgernähe suggerieren. Die Blauen versuchen es zum Beispiel mit dem Bad in der Menge. Eine Großdemonstration in Liesing machte den Anfang. Ein großer Erfolg. Nicht zuletzt auch dank der Gegendemo der Grünen, die noch mehr Aufmerksamkeit darauf lenkte.
In Floridsdorf sah die Sache dann schon anders aus. Fast scheint es, als hätte sich die FPÖ verschätzt. In Liesing trieb die Angst vor dem Asylheim in der unmittelbaren Nähe der Gemeindebauten die Menschen auf die Straße. In Floridsdorf ist die Angst vor dem Heim im Industriegebiet weit weniger spürbar. Das Ergebnis: Die Zahl der Teilnehmer reduzierte sich (laut Polizei) im Vergleich zu Liesing von 1.100 auf 500.
Noble Zurückhaltung
Zusätzlich hielten sich die Grünen bei der Organisation der Gegendemo raus. Vielleicht klug. Vielleicht aber auch nur schockstarr, weil man nicht weiß, wie man der FPÖ auf der Straße auch weiterhin Paroli bieten will. Nur als Demo-Opposition wird man auf Dauer die Bürger nicht abholen können. Und dass man sich ein Gegenkonzept für die FPÖ ausdenken muss, ist spätestens seit dem ersten Durchgang der Bundespräsidentenwahl am Sonntag klar.
Die ÖVP will – ähnlich wie die SPÖ – mehr mit den Menschen sprechen. „Hinaus aus der Parteizentrale“ lautet das neue Motto. Wie das genau aussehen wird, ist aber noch völlig unklar. Und die Neos gehen erst gar nicht vor die Tür, sondern ins Internet. Mittels Befragung wollen sie ermitteln, was die Bürger von der ganzjährigen Schanigartenöffnung halten. Möglicherweise ein Versuchsballon für weitere Befragungen.
Gespräche, Demos, Internet – jetzt wird getestet, was bei den Bürgern am meisten zieht. Und noch scheint der Stein der Weisen nicht gefunden.
Hintergrund
Analyse: Die Flächenbezirke nach der Wahl
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
3 Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.