"Ich hab gelernt mich lieb zu haben"

Barbara Pachl-Eberhart | Foto: Ulrich Reinthaller
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Im Jahr 2008 verlor Barbara Pachl-Eberhart bei Unfall Mann und Kinder. Das bewegende Interview.

WOCHE: Allerheiligen steht vor der Tür - der Tag des Gedenkens an unsere Verstorbenen. Wie verbringen Sie diesen Tag?
BARBARA PACHL-EBERHART: Ich werde oft nach Ritualen gefragt, im Zusammenhang mit Jahrestagen, Geburts- und Feiertagen. Meine jährliche Gedenkzeit, das sind die Ostertage, weil meine Familie zu Ostern gestorben ist. Die Symbolik der Auferstehung ist mir sehr nahe. Allerheiligen werde ich sinnlich-besinnlich in der Natur verbringen, da, wo Leben und Tod und alles, was mir wichtig ist, ganz von selbst zusammentrifft.

Der Unfall Ihrer Familie ist über fünf Jahre her. In welchen Momenten trifft Sie der Schmerz über den Verlust auch heute noch besonders intensiv?
Eigentlich wird jeder Schmerz in meinem Leben durch die Tatsache, dass meine Familie tot ist, aufs Zehnfache verstärkt. Es gibt da immer diese Stimme, die jammert: "Es könnte so schön sein, wenn sie noch leben würden." Ich muss diese Stimme immer wieder bremsen. Sie macht sich die Dinge ein bisschen zu leicht. Jeder Lebensentwurf beinhaltet Freude und Schmerz. Wenn alle noch leben würden, gäbe es auch Kummer, das gehört dazu. Und doch: besonders schlimm ist es, wenn ich Altersgenossen meiner Kinder sehe, zum Beispiel die ehemaligen Kindergartenfreunde. Wie groß die schon sind! Neulich habe ich eine Karte von IKEA bekommen. "Liebe Valentina, alles Gute zum 7. Geburtstag." Autsch. Das war wirklich schlimm.

Wer oder was hat Ihnen nach der Tragödie Halt gegeben?
Da war so vieles. Vor allem Kleinigkeiten. Kleine Gesten, ein Lächeln, ein paar Worte - oder einfach nur jemand, der es fertiggebracht hat, mir zuzuhören, ohne gleich zu trösten. Außerdem habe ich Hilfe im Alltag bekommen. Ein Topf Gulasch, ein Teller Kekse, das reinste Lebenselixier! Ein großes Tabu ist das Thema Geld. Ja: Man hat mir Geld gespendet und auch damit das Leben gerettet. Letztlich hat das Geld dazu beigetragen, dass ich - auch durch Therapie - den Halt in mir selbst wieder finden konnte. Er ist heute sogar stärker als je zuvor. Von diesem Halt im Außen und Innen, von Wundern, Sackgassen und überraschenden Geschenken spreche ich in meinem Vortrag "Strohhalme auf stürmischer See".

Sie sind ein gläubiger Mensch. Haben Sie niemals mit Gott gehadert?
Was hat Gott mir denn getan? Er hat meinen Mann und meine Kinder ins schönste aller Länder, ins pure Glück geholt. Er hat mir das genommen, was ich fälschlicherweise für mein Eigentum gehalten habe. Zugleich hat er mir gezeigt, was wirklich Bestand hat: die Liebe. Die Sehnsucht, die mir immer wieder eine Richtung gibt. Die Kraft, die mich immer wieder aufstehen lässt. gerade dann, wenn ich ganz am Boden angekommen bin. Gott passt auf meine Familie auf, bis wir wieder vereint sind. Und er passt auf mich auf. Warum sollte ich mit ihm hadern? Gottes Geschenke sind unendlich. Wir erkennen es dann, wenn wir aufhören, uns auf eine bestimmte Form zu fixieren, in der sie erscheinen sollen. Wenn wir ein Motorrad wollten und Gott uns ein Fahrrad schenkt, wird er sich wohl etwas dabei denken. Wir dürfen vertrauen, dass es zu unserem Besten ist.

Ein solches Unglück prägt. Wie haben Sie sich "danach" verändert?
Ich habe vor allem gelernt, dass sich so ein "Ich" sehr plötzlich verändern kann. Man war stolz auf bestimmte Eigenschaften und Errungenschaften, und, schwupps, ist man anders. Dümmer, langsamer, nicht mehr charmant und lustig. Kann man sich immer noch lieb haben, wenn man nicht dem Ideal entspricht, das man von sich selbst hatte? Ich habe gelernt, mich lieb zu haben, unabhängig von meiner Performance. Dadurch bin ich freier geworden und - letzten Endes - lustiger, charmanter, vielleicht sogar ein wenig klüger. Ganz schön ironisch, was? Insgesamt bin ich aber doch viel zurückgezogener als früher. Und ich werde schnell ungeduldig, wenn Menschen selbstgefällig, eitel, intolerant oder allzu sicher sind.

Was wollen Sie mit Ihrem Vortrag "Strohhalme auf stürmischer See" erreichen?
"Keine Angst vor Krisen", das ist die vordergründige Botschaft meines Vortrags. Aber ich hoffe, dass ich dahinter eine andere Sache vermitteln kann: Wir brauchen keine tiefen Krisen, kein Burn-Out, keine Katastrophe, um uns auf das Wesentliche zu besinnen. Wir brauchen nur ein wenig Mut und Optimismus und vielleicht jemanden, der uns davon erzählt, welche Strohhalme verlässlich halten und welche nicht. Meine These: Das, was uns in Krisen bestehen lässt ist das selbe, was uns im normalen Leben wirklich glücklich machen kann. Ein gelingendes Leben abseits der Oberflächlichkeit ist die beste Krisenvorsorge, die es gibt. Ich will ermutigen, nicht für den Fall der Krise sondern jetzt, heute, hier. Es gelingt, das ist wirklich schön.

Wofür sind Sie dankbar?
Für dieses ganze Abenteuer, das ich "mein Leben" nenne. Ich stelle mir vor, dass im Himmel lauter Wesen, Engel, Lichtgestalten und Lausebengel auf mich warten. "Wie war's? Erzähl!", werden sie mich fragen. Oh, ich werde viel zu erzählen haben!

Wovor haben Sie am meisten Angst?
Vor Kälte. Immer schon. Wenn mir kalt ist, bin ich nur ein halber Mensch, und ich werde sofort krank, wenn ich friere. Mein Mann Heli war Ofenbauer, das hat mir viel Sicherheit gegeben.

VORTRAG: STROHHALME AUF STÜRMISCHER SEE
FELDKIRCHEN. In dem Buch "vier minus drei" schreibt Barbara Pachl-Eberhart über den Verlust ihres Mannes und ihrer beiden Kindern. Mit ihrem Vortrag "Strohhalme auf stürmischer See" ist die Autorin am Freitag, dem 8. November, ab 19 Uhr im Seminar- und Gästehaus Philippus Waiern zu Gast.

Lebensrezept
Mut und Optimismus – zwei der Zutaten für Eberharts liebstes Lebensrezept. „Ein glückliches Leben abseits der Oberflächlichkeit ist die beste Krisenvorsorge, die es gibt“, davon ist die Autorin überzeugt. Wie sie selbst zu neuem Mut und neuem Glück fand, davon spricht die 39-Jährige in Waiern. Sie erzählt vom Wert achtsamer Kommunikation, der Neugierde und Kreativität des Clowns.

STECKBRIEF:
Name: Barbara Pachl-Eberhart
Alter: 39
Wohnhaft in: Wien
Beruf: Autorin
Hobbys: Jonglieren, Wandern, Musik hören, Lesen
Lieblingsautor: Astrid Lindgren
Lieblingsmusik: Christine Kane
Lieblingskünstler: Herman van Veen
Lebensmotto: "Sprich in jedem Menschen den König an und er wird erscheinen."

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