Der 6. Juli wird ein Lostag für Kärnten

FH-Professorin Kathrin Stainer-Hämmerle über Kärnten nach der Ortstafel-Lösung: „Das Kapitel ist erst beendet, wenn die Ortstafeln stehen und für alle selbstverständlich sind. Erst dann wird der Weg frei, Vielsprachigkeit auch für dieses Land als Chance zu sehen und zu nützen.“ | Foto: KK/Bauer
  • FH-Professorin Kathrin Stainer-Hämmerle über Kärnten nach der Ortstafel-Lösung: „Das Kapitel ist erst beendet, wenn die Ortstafeln stehen und für alle selbstverständlich sind. Erst dann wird der Weg frei, Vielsprachigkeit auch für dieses Land als Chance zu sehen und zu nützen.“
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WOCHE: Am 6. Juli wird der Ortstafel-Kompromiss im Nationalrat beschlossen. Ist damit ein Kapitel beendet oder ist weiterhin mit heftigen Diskussionen zwischen Mehrheit und Minderheit im Land zu rechnen?
Stainer-Hämmerle: Das Kapitel ist beendet, wenn die Ortstafeln stehen und für alle selbstverständlich sind. Hier liegt die Verantwortung der politischen Eliten – quer über alle Parteigrenzen hinweg. Erst dann wird der Weg frei, Vielsprachigkeit auch als Chance für dieses Land zu sehen und zu nützen. Die Ortstafeln waren lange Zeit ein Symbol für einen unüberwindbar geglaubten Konflikt. Jetzt können sie zu einem Symbol für den Aufbruch des Landes werden. Voraussetzung dafür ist die parteiübergreifende Ächtung von allen, die aus dem Kompromiss ausscheren.

Was bedeutet der Kompromiss für die Slowenen- und die Heimatverbände? Werden diese an Bedeutung verlieren?
Ortstafeln müssen nicht das Einzige sein, mit dem sich die Verbände beschäftigen. Ihre Bedeutung wird in Zukunft auch daran gemessen, inwieweit es ihnen gelingt neue Themen zu finden. Das dürfte bei der kulturellen Vielfalt des Landes nicht schwierig werden. Nur sollte zukünftig das Gemeinsame vor dem Trennenden stehen. Die ersten Schritte sind getan – sowohl unter den Slowenenvertretern als auch zwischen den Verbänden. Beide Seiten sind nun von einer jahrzehntelangen Geiselhaft befreit und haben die Chance auf ein neues Selbstbild ohne Feindbild.

Am 6. Juli findet ein weiteres wichtiges Ereignis statt – der Prozess gegen Uwe Scheuch. Sein Bruder meint, im Falle einer Verurteilung, die nicht zum Ausscheiden zwingt, gehe man zur Tagesordnung über. Droht Scheuch dann die Isolation?
Die Reaktion der anderen Parteien, aber auch der Bevölkerung wird über die politische Kultur dieses Landes Aufschluss geben und damit könnte es zu einem Lostag für Kärnten kommen. Insofern wird in diesen Prozess schon jetzt zu viel Bedeutung gelegt und es ist fraglich, ob das Urteil die Erwartungen einer generellen Klärung des Machtmissbrauchs in diesem Land überhaupt erfüllen wird können. Ob Connect, Birnbacher-Honorar oder andere Vorgänge rund um die Hypo Alpe Adria: Wer wird sich hier aus dem Fenster lehnen und vielleicht gar politische oder moralische Verantwortung einmahnen, wenn sie dann vielleicht auch für einen selbst gilt? Die Rücktrittkultur in der Politik ist in Österreich generell nicht sehr ausgeprägt, dennoch möchte ich vor italienischen Verhältnissen warnen. Der Imageschaden für die Politik und damit auch der weitere Rückgang der Gestaltungsfähigkeit wären enorm.

Wird die ÖVP einfach so mit einem verurteilten Parteichef weiter koalieren können?
Die Frage ist, was ist für die ÖVP wichtiger: Die Teilnahme an der aktuellen Form der Regierungsbeteiligung und damit kurzfristiger Machterhalt oder die Einhaltung von Grundsätzen einer christlich-sozialen Partei? Die andere Frage ist: Sollte man im Glashaus sitzend wirklich mit Steinen werfen?

Welche Folgen hat das Ausscheren der Rates der Kärntner Slowenen aus dem Ortstafel-Kompromiss?
Realpolitisch ändert sich nichts, da das Gesetz planmäßig beschlossen wird – wenn auch nun unter Umständen ohne die Zustimmung der Grünen. Der Rat und vor allem Inzko haben sich damit aber viele Sympathien verspielt. Falls die Öffnungsklausel wirklich nicht mehr vorgesehen ist – ob im Verfassungsgesetz oder auch anderswo –, wäre dies eine gravierende Änderung und eine gute Begründung. Aber zu einem Scheitern des Kompromisses wird es nun aufgrund der Öffnungsklausel nicht mehr kommen.

Seit gut einem Jahr ist Peter Kaiser SPÖ-Chef. Sehen Sie Fortschritte, die die SPÖ dem angestrebten Amt des Landeshauptmannes näher bringen?
Selbst während der größten Krise der FPK rund um den Spaltungs-Parteitag konnte die SPÖ nicht wirklich punkten, und obwohl inzwischen einige Altlasten beseitigt und die ehemals mächtigen Ortskaiser in ihren Gemeinden beschäftigt sind, wird Peter Kaiser im Vergleich zu den anderen Parteiobmännern mehr als Moderator denn als Chef seiner Partei wahrgenommen. Einerseits nimmt die SPÖ ihre Entmachtung zum Beispiel bei den Gesundheitsagenden scheinbar widerstandlos hin, andererseits tritt sie zu wenig mit eigenständigen Themen in Erscheinung, dies gilt vor allem für LR Beate Prettner. Entscheidend bei Wahlen sind aber nicht nur die inhaltlichen Bilanzen, sondern auch die Spitzenkandidaten – hier ist bei allen Parteien noch alles offen.

Kärnten steht vor vielen Herausforderungen. Sind die Schritte, die die Politik zur Lösung der Probleme unternimmt, ausreichend?
Das politische Klima in Kärnten ist geprägt von Misstrauen – zwischen den Regierungspartnern, zwischen den Parteien, aber auch zwischen der Bevölkerung und der Politik. Dieses Misstrauen führt zu einem rücksichtslosen Ausspielen von Gruppeninteressen anstatt zu einem ehrlichen und sachlichen Dialog. Wichtig wäre vor allem die Abkehr von dieser „Mir san mir“-Mentalität auf allen Ebenen hin zu einer internationalen und partnerschaftlichen Ausrichtung. Da ist der Weg in Kärnten doch noch ein weiter, fürchte ich.

Autor: Uwe Sommersguter

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