Bunte Vielfalt der weißen Kügelchen
Es ist wie beim Spielen mit Bauklötzen: Man kann alles aus Styropor machen, was die eigene Fantasie erlaubt.
Auch Leuten, die aufs Hausbauen verzichten, sind die weißen Dämmplatten aus Styropor wohl ein Begriff. Sogar ich habe die Dinger schon mal auf Baustellen herumliegen sehen – aus sicherer Entfernung. Ebenfalls in guter Erinnerung ist mir das Auspacken meines letzten Fernsehers und wie sich die weißen Kügelchen des Transportschutzes liebevoll, aber hartnäckig an mich schmiegten.
Was sonst noch mit den Teilchen machbar ist, zeigt mir mein Besuch in der Hirsch Servo AG in Glanegg. Mein Fazit vorweg: Vom Kindersitz bis zum Surfbrett, vom Kaffeebecher bis zum Swimmingpool und sogar ganze Häuser – der Kreativität sind nur wenige Grenzen gesetzt. Übrigens: Die Christbaumkugeln für Venezuela sind neu im Sortiment.
Freilich basteln die 250 Mitarbeiter nicht alle Produkte selbst. In vielen Fällen geht es um das Entwerfen und Bauen der Maschinen für verschiedenste Produktionen. Auch tüfteln Kreative stets daran, was man mit Styropor oder EPS – oder wie der Kärntner zu sagen pflegt: Porozell – noch so alles anstellen kann.
Rainer Hormann – er ist seit 20 Jahren im Unternehmen – führt mich in die Schlosserei. Hier entstehen die Werkzeuge und Maschinen. Thomas Tuppinger versieht die Formen mit Löchern für die Dampfdüsen und Jürgen Kurz wird mir als „Änderungskönig Kurti“ vorgestellt; er ist nach den Tests für den Feinschliff zuständig. Die beiden und ihre Kollegen sind verantwortlich, dass am Ende das richtige Produkt aus der Maschine kommt.
Damit ich aus einer Dämmplatte kein Fliegengitter machen kann, geleitet mich Rainer zur Satellitenanlage von Markus Leitgeb. Als Bauherr kann man sich diese Mini-Fabriken auf eine Wiese stellen und seine EPS-Ziegel fürs Haus selbst aufbacken – eine Wand aus Styropor, die mit Beton gefüllt wird.
Dafür wird das EPS zuerst aufgeschäumt. Bei rund 80 Grad wachsen die Salzkörner zu den berühmten weißen Kügelchen heran. Der „Vorschäumer“ – er bestimmt auch Härte und Gewicht des Endprodukts – ist der Verkaufsschlager von Hirsch. 80 dieser Maschinen in verschiedenen Größen gehen jährlich in alle Welt.
Nach den Wachstumsstrapazen im Vorschäumer dürfen die Perlen rasten und trocknen. Schließlich marschieren sie ihrer Bestimmung entgegen. Unter Dampf werden sie in Form gepresst. Alle zwei Minuten spuckt die Maschine eine Ladung Ziegel aus – und mir in die Legostein-erprobten Hände. Beim Schlichten – man steckt die Teile tatsächlich aufeinander – fühle ich mich an Kindertage erinnert. Der Unterschied: Damals waren meine Steinchen deutlich kleiner.
Gerd Leitner
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