Haber: Teufelskreislauf, doch es gibt einen Ausweg
Prof. Gottfried Haber, Volkswirt an der Uni Klagenfurt, über die Wege aus der Krise.
WOCHE: Worum geht es bei der aktuellen Krise?
HABER: Die derzeitige Krise ist eine logische Fortsetzung der Wirtschaftskrise der letzten Jahre. Um den Konjunktureinbruch abzufangen, haben alle Staaten viel Geld in die Hand genommen – und das muss jetzt eben wieder in Ordnung gebracht werden. Letztlich ist die Krise aber eine Vertrauenskrise. Bisher wurden Staaten immer Kredite zu günstigsten Konditionen ohne Wenn und Aber gegeben. Wenn jetzt alte Kredite auslaufen, dann wollen die privaten Investoren keine neuen Kredite mehr vergeben. Wir haben also eigentlich eine Liquiditätskrise.
Ist ein Schuldenschnitt Griechenlands unausweichlich – und wenn ja, wie hoch?
Weil die Krise eine Vertrauenskrise ist, wäre ein Schuldenschnitt Griechenlands nicht nur sinnlos, sondern auch kontraproduktiv. Man schafft kein Vertrauen bei Kreditgebern, wenn man Pleite macht und seine Schulden nicht vollständig zurückzahlt. Auch anderen Staaten wie Italien, Spanien, Portugal oder Irland würde dann wohl niemand mehr Geld borgen wollen. Dann hätten wir das Problem nur noch größer gemacht. Außerdem ist es bei einer jährlichen Neuverschuldung von knapp 10 % in Griechenland fast schon egal, ob man 60 % oder 160 % Schulden hat. Wenn man aber konsequent spart, dann braucht man ihn nicht.
Gleichzeitig geraten die Banken wieder in Not – warum?
Die Sorge vor einer Pleite Griechenlands und einer Ansteckung anderer Staaten schürt die Angst, dass die Banken einen Teil ihres Vermögens in Form von Staatsanleihen verlieren könnten. Damit steigt die Gefahr einer Bankenkrise, die wiederum die Staaten abfangen und dadurch neue Schulden machen müssten – ein Teufelskreislauf.
Würden Sie noch Ihr ganzes Geld darauf setzen, dass es den Euro in der Form in fünf Jahren gibt?
Ja. Der Euro selbst steckt nicht in der Krise und war bisher in Bezug auf die Inflation immer wertstabil. Irgendeine Währung brauchen wir ja auf jeden Fall.
Welchen Verlauf kann diese Krise noch nehmen?
Entweder läuft es auf einen Schuldenschnitt in Griechenland hinaus – das wäre aus meiner Sicht fatal und würde die Krise massiv verschärfen. Oder die EU einigt sich auf einen langfristigen Sanierungsplan über Jahre oder besser Jahrzehnte, der den Griechen einerseits genug Zeit gibt, andererseits auch sicherstellt, dass dort wirklich beherzt gespart wird.
Könnte man den Ausweg aus der Krise generalstabsmäßig planen – wie sähe er aus?
Man muss Vertrauen schaffen, also Griechenland um jeden Preis vor einer Pleite bewahren. Außerdem müssen alle Staaten glaubwürdige, langfristige Budgetpläne für die nächsten fünf oder zehn Jahre vorlegen, die zeigen, dass die Schuldenstände zumindest stabilisiert werden. Und schließlich brauchen wir Mechanismen für Schuldensünder, also Schuldenbremsen in ganz Europa. Etwa eine Sondersteuer, die auf nationaler Ebene oder auch in einem Bundesland eingehoben wird, wenn die Budgetziele verfehlt werden. Keine Strafzahlung, das Geld würde dann in der Region bleiben und das Budget automatisch ausgleichen.
Autor: Uwe Sommersguter
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