GAILTAL
"Die Menschen sind seelisch stärker belastet!"

Veronika Ambrosch ist evangelische Pfarrerin im Oberen Gail- und Lesachtal und in der Krisenintervention tätig.  | Foto: Privat
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  • Veronika Ambrosch ist evangelische Pfarrerin im Oberen Gail- und Lesachtal und in der Krisenintervention tätig.
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Die letzte Woche der Fasten- und Passions-zeit bricht an. Im Interview: Pfarrerin Veronika Ambrosch.

In der Karwoche gedenken die Christen des Leidens, Sterbens und der Auferstehung Jesu. Der Name Karwoche leitet sich vom althochdeutschen Wort "kara" ab und bedeutet Trauer, Klage, Kummer.

Frau Ambrosch, mit welchen Sorgen, Bedenken und Ängsten kommen die Menschen zu Ihnen?
Mein Eindruck ist, dass die Menschen, dass wir Menschen, egal welchen Alters, ob jung oder etwas älter oder alt, aufgrund der schon viel zu lange andauernden Corona-Krise, aber auch wegen der bedrückenden Stimmung seit dem 24. Feber 2022 - es herrscht auf einmal wieder Krieg in Europa - seelisch schon weit belasteter sind, als es noch vor ein paar Jahren der Fall war. Woran ich das festzumachen versuche? Wenn ich zum Beispiel im Gottesdienst bin und in die Gesichter der Menschen schaue, sehe ich oft sehr ernste, in sich gekehrte, zuweilen tieftraurige Blicke. Das passiert mir auch, wenn ich unterwegs bin (auf dem Weg zu einem Hausbesuch). Es ist sicherlich nicht immer etwas Offensichtliches – eher vielleicht so eine allgemeine erschöpfte Traurigkeit. Mit welchem Kummer kommen sie zu mir? Sie erzählen mir, dass sie nicht mehr gut schlafen können, dass sie einfach keine Lust mehr haben auf „Krise“, auch dass ihre Enkel es so schwer haben in solchen Zeiten. Ich selbst habe für mich zwei Worte gefunden: „Es reicht!“ Denn: Irgendwann reicht es wirklich!

Wenden sich die Menschen in schweren Zeiten, wie wir sie derzeit gerade haben (Pandemie, Krieg in der Ukraine) vermehrt an die Kirche und suchen Rat und Trost im christlichen Glauben und im Gebet?
Diejenigen, denen der Glaube und die Gemeinschaft mit Glaubensgeschwistern von jeher ein tiefes Bedürfnis ist, finden, so ist mein persönlicher Eindruck aus den vergangenen Monaten, gerade in Zeiten wie diesen Trost und Entlastung im gemeinsamen Feiern von Gottesdiensten (zum Glück sind diese ja wieder möglich) oder im Hören auf Gottes Wort, im Lesen in der Bibel.

Wie stehen Sie als Pfarrerin und Seelsorgerin Ihren Schäfchen zur Seite, wenn der „Schuh drückt“ oder die Last des Alltags zu schwer wird?
Ich versuche so gut es mir eben möglich ist, nah an meinen Schäfchen dran zu sein. in dem ich ihnen in Gesprächen meine Zeit und ein aufmerksames Ohr schenke, in dem ich den älteren Pfarrgemeindegliedern, wenn keine Besuche möglich sind, einen Brief zum Geburtstag schicke, in dem ich wöchentlich meinen „Obergailtaler Glaubensimpuls“ (eine Art schriftliche Hausandacht) schreibe und wir sie gerade den Menschen zukommen lassen, die – aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr in unsere Kirchen kommen können.

Was sind Hoffnungszeichen in den Zeiten der Krise?
Wenn wir Menschen es schaffen, einander zu berühren (im übertragenen Sinne): Mit Zeit, mit Achtsamkeit, mit Aufmerksamkeit, mit der ernstgemeinten Frage: „Wie geht’s dir?“ und dem Aushalten einer ehrlichen Antwort auf diese Frage.

Nach jeder Dunkelheit kommt wieder Licht. Warum sollen und können wir darauf vertrauen, dass alles irgendwann wieder besser wird? Und wie können wir unsere Gedanken trotz dunkler Wolken, die über uns schweben, in eine positive Richtung lenken?
Meine Antwort auf diese Frage ist eine zutiefst theologische und eine sehr radikale (?), sehr ehrliche: Nur, weil ich glauben darf, kann ich dieses Leben mit all seinen herausfordernden Dunkelheiten, aber auch mit seiner hellen Lebendigkeit überhaupt aushalten und für mich annehmen. Weil ich weiß: „Das Beste kommt zum Schluss!“ Mit dieser absoluten Gewissheit, dass der Tod nicht das Ende des Lebens, sondern der Beginn des ewigen Lebens ist, schaffe ich es persönlich, dieses Leben da auf Erden zu leben, mit all seinen Höhen und Tiefen.

Warum kann die Institution Kirche in schwierigen Lebenslagen und Situationen ein Anker für uns sein? Wie kann uns Kirche Halt geben?

Das wird jede Pfarrerin, jeder Priester anders beantworten. Meine Antwort ist: Ich darf als Pfarrerin Menschen, die mir anvertraut sind, auf einem Teil ihres Lebensweges begleiten. Ich darf dem Menschen meine Hand geben – es liegt an ihm, diese zu greifen. Ich muss es aber auch aushalten, wenn er sie nicht haben will, meine Hand, meine Unterstützung, meine Begleitung, mein Fromm-Sein, meine Bibelfestigkeit. Ich kann Angebote machen; sie sollten, wie wir so schön sagen, niederschwellig sein. Und: Ich darf mich selbst als Pfarrerin nie zu wichtig nehmen – wir sind lei das „Bodenpersonal Gottes“! Es gilt demütig zu sein und: Zu bleiben! Denn: Es gibt immer jemanden, der viel, viel größer, wichtiger, liebender, … ist: Der dreieinige Gott!

Wie gehen Sie selbst mit den Hürden und Prüfungen um, die uns das Leben manchmal stellt?
Ich selbst bin mehr als einmal in meinem - nun 50-jährigen Leben an absolute Tiefpunkte angelangt – Essstörung, Depression, Burnout, Ohnmacht (im übertragenen Sinn). Ein Satz hat mir dabei von einer - mich begleitenden - Seelsorgerin, Kollegin und Freundin immer wieder am meisten geholfen: „Veronika, du kannst nie tiefer fallen als in Gottes Hand!“

Veronika Ambrosch ist evangelische Pfarrerin im Oberen Gail- und Lesachtal und in der Krisenintervention tätig.  | Foto: Privat
Ist auch als Bergführerin tätig: Ambrosch. | Foto: Hans Jost
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