Konflikte zur Weihnachtszeit
Tipps für ein entspanntes Weihnachtsfest
Wie kommen wir ohne Zoff durch die Weihnachtsfeiertage? Wir fragen bei einer Expertin nach.
GAILTAL. Wenn die liebe Familie an den Feiertagen zusammenkommt, sind Konflikte oft vorprogrammiert. Julia Assinger aus Bad Bleiberg ist Mediatorin und Psychotherapeutin in Ausbildung unter Supervision. Die Expertin gibt Tipps, wie man den Zoff an den Festtagen umschifft.
Woche: Viele Familien tragen ihre Konflikte ausgerechnet an Feiertagen aus. Warum gerade zu solchen Anlässen? Und was macht die stille Zeit so anfällig für Stress- und Streitsituationen?
Julia Assinger: Im Alltag, zwischen Arbeit, Hobbys und To-do-Listen, laufen die Beziehungen innerhalb der Familie oft im Hintergrund mit. Meinungsverschiedenheiten werden nicht angesprochen und treten dann in Urlaubsphasen geballt ins Bewusstsein. Weihnachten ist hier noch eine zusätzliche Herausforderung, da dieses Fest emotional aufgeladen wird. Persönliche Kindheitserfahrungen, die nichts mit der aktuellen Situation zu tun haben, färben die Stimmung mit. In den Medien wird ein Ideal vermittelt. Neben materiellen Anforderungen wird auch häufig ein Familien- und Beziehungsidyll präsentiert, das mit der Realität wenig zu tun hat. Dies schürt natürlich Erwartungen von allen Familienmitgliedern und baut Druck auf.
Wie geht man in solchen Situationen um und verhält sich?
Wenn sich abzeichnet, dass in der Familie oder bei sich selbst Wut, Enttäuschung und Frust spürbar sind, so ist der erste wichtige Schritt, diese Wahrnehmung ernst zu nehmen. Das Allererste, was jeder machen kann ist, sich selbst zu fragen: „Was brauche ich gerade, um aus der akuten Situation heraus zu treten? Wie kann ich mich beruhigen und so mein Gehirn aus dem Alarmzustand in einen sachlichen, etwas entspannteren Zustand bringen?“ Möglichkeiten sind hier Bewegung, Musik, Meditation, Kreativität. Aber es ist NICHT hilfreich, die Emotionen durch Alkohol, Drogen, exzessives Computerspielen zu betäuben. Dies kann viel eher zu späterem Kontrollverlust führen. Anschließend kann man die Situation bewerten und einordnen: Worum beziehungsweise um wen geht es wirklich? Welches und wessen Bedürfnis steckt hinter der oberflächlichen Konfliktthematik?
Was kann man tun um Streit zu vermeiden? Wie kann dieser erst gar nicht aufkommen?
Der sicherste Schutz vor Eskalation ist, Konflikte als normalen und wichtigen Anteil in menschlichen Beziehungen zu betrachten und zwar schon das ganze Jahr über. Bedürfnisse bei sich selbst wahrzunehmen, wertschätzend zu kommunizieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, liegt in der Verantwortung von jedem einzelnen Familienmitglied. Um ein Anliegen formulieren zu können, muss ich es genau kennen. Es ist verlockend (und vor allem einfacher) die eigenen Bedürfnisse auf das Gegenüber zu projizieren und dieses dafür verantwortlich zu machen. Leider führt das nie zu nachhaltigem Frieden. Dennoch kann nicht jedes Bedürfnis erfüllt werden und das zu akzeptieren, kann auch erleichtern. Die verlässlichste Streitprävention ist ehrliches Interesse am Gegenüber, Kommunikation und, schon bevor der Trubel losgeht, Erwartungen und die aktuelle Beziehungsqualität zu hinterfragen und zu klären.
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