Gailtaler Tracht
Ungewisse Zukunft für die traditionelle Gailtaler Tracht
Mit Elisabeth Urban gibt es in Nötsch die letzte Schneiderin, welche die Original Untergailtaler Tracht fertigt. Nachfolger finden sich keine. Was macht die Tracht so speziell?
Auch in Villach ist die Gailtaler Tracht ein wichtiges kulturelles Erbe, sind doch etwa die Kirchtagsladerinnen der Bauerngman in dieses Gewand gekleidet. Gefertigt wird das spezielle Trachtenkleid derzeit noch von Elisabeth Uran in der Trachtenschneiderei Fischer in Nötsch. Dies ist der letzte und einzige Handwerksbetrieb im Tal, der die Untergailtaler Tracht in aufwendiger Handarbeit und mit Liebe zur Tradition anfertigt. Noch – denn: Geschäftsinhaberin Urban sucht verzweifelt einen Betriebsnachfolger. Seit vier Jahren ist die 64-Jährige eigentlich in Pension. Dennoch sperrt sie Tag für Tag das Geschäft auf und steht im Laden. „Das erste Jahr nach meinem Pensionsantritt 2019 habe ich verlängert, weil meine Schneiderin 2020 ihre Alterspension angetreten hat. Ursprünglich habe ich dieses Jahr geplant, meinen Ruhestand anzutreten. Aber es findet sich niemand, der das Geschäft übernehmen will“, klagt die Trachtenexpertin. Bei der Nachfolgebörse der Wirtschaftskammer habe sie schon inseriert und auch sonst alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um ein neues Zugpferd für das Unternehmen zu finden. „Ich habe keine Ahnung, warum es nicht klappt“, sagt Urban. Die Bedingungen stünden nicht schlecht. Der Betrieb verfüge über einen großen soliden Kundenstock.
Junges Interesse?
An der CHS in Villach gäbe es theoretisch Nachfolgerinnen. Wir fragen die Mode-Fachlehrerin Maria Enzi, hat die Jugend noch Interesse an Tracht? „Ja! Meine Tochter besucht hier eine dritte Klasse und in der letzten Schulwoche gab es ein Projekt zum Thema Dirndl, dabei wurden eigene Interpretationen genäht. Dirndl sind sehr wohl ein Thema.“ Allerdings räumt Enzi auch ein: „Einige Schüler würden gerne im Modebereich bleiben, aber das ist in Österreich generell sehr schwierig. Die Frage ist auch, wie viel wollen Kunden für ein Kleidungsstück ausgeben? Ich selbst habe kürzlich eine Tracht genäht und bin, ohne Bluse, 20 Stunden daran gesessen. Wenn man sich überlegt, wieviel man etwa einem Elektriker zahlt, der 20 Stunden arbeitet, hat man mit einem Kleidungsstück die Wertigkeit nicht. Kleidung hat durch Fast Fashion eine andere Wertigkeit bekommen. Und nur eine Änderungsschneiderei zu betreiben, macht auch wenig Spaß“, so die Lehrerin.
Plisseerock
Angelika Pucher vom Heimatwerk in Villach erklärt die Besonderheit der Gailtaler Tracht: „Sie unterliegt verschiedenen Einflüssen – kärntnerischen, friulanischen und slawischen. Bei dieser Tracht treffen verschiedenste Materialien aufeinander. Außergewöhnlich ist der plissierte (Anm. kleine Falten) Rock sowie die vielen Unterröcke und die Unterhose.“ Nachnähen lasse sich die Tracht wohl auch von anderen aber: „Die Schwierigkeit ist eben der Plisseerock. Frau Urban bügelt die Falten so ein, dass sie auch bleiben. Das ist ein ganz eigener Vorgang, das kann nicht jeder“, betont Pucher und ergänzt: „Wenn diese Tradition niemand weiterpflegt kann sie natürlich auch verschwinden. Die Tracht ist in ihrer Herstellung sehr zeitintensiv und der Kundenstamm ist dann doch begrenzt.“
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