„Wir sitzen auf einer Zeitbombe!“

K. Immervoll und M. Juva warnen vor einer gesellschaftlichen Zeitbombe: Jugendlichen ohne Jobs. von Eva Jungmann

¶Seit 1. Jänner 2012 gibt es keine Integrationsbeihilfe mehr für Jugendliche, die zwar nicht behindert im klassischen Sinne, aber auch nicht lehrfähig sind.
„Diese jungen Menschen fallen schlicht durch den Rost. Die Gesellschaft verschwendet deren Potential und schlussendlich beschwört sie auch eine Gefahr herauf!“, behauptet einer, der es wissen muss: Karl Immervoll von der Betriebsseelsorge in Heidenreichstein. Immervoll ini­tiiert seit über 20 Jahren höchst erfolgreiche Sozialprojekte, unter anderem die Lehrlingsstiftung Eggenburg, die Waldviertler Schuhwerkstatt, Mühlenhof-Radfit und einige mehr. Die Bezirksblätter sprachen mit ihm und Michael Juva von der Lehrlingsstiftung Eggenburg.
BB: Wieso gibt es kein Geld mehr für förderungsbedürftige Jugendliche?
JUVA: „Neuerdings ist das AMS für sie zuständig – das kannte die­se Zielgruppe zuvor gar nicht und gibt zu wenig Geld für Fördermaßnahmen.“ IMMERVOLL: „Nun geht man manchmal soweit, den Eltern zu empfehlen, einen Behinderten-Feststellungsbescheid bei einem Arzt zu erwirken, damit der Jugendliche eine Chance auf die nötige Förderung erhält.“
BB: Schreit da keiner auf?
IMMERVOLL: „Meine naive Vorstellung war: wenn es um Jugendliche geht, gehen Parteien, gemeinnützige Organisationen und die Kirche auf die Barrikaden. Aber es blieb still. Die Jugendlichen sind unseren Politikern nicht wirklich ein Anliegen.“
BB: Diese Aussage wird Ihnen keine Sympathie einbringen!
IMMERVOLL: „Ich gehe sogar noch weiter: auch der Gesellschaft sind sie egal. Wir wollen nur brave Jugendliche, die für Organisationen gut sind und um die anderen scheren wir uns nicht. Einerseits jammern wir über den Facharbeitermangel und gleichzeitig leisten wir uns den Luxus, tausende Jugendliche nicht auszubilden und verkommen zu lassen!“
BB: Welche Jugendlichen sind denn hier betroffen?
JUVA: „Alle Absolventen der Sonderschulen, alle Absolventen der Hauptschule in der 3. Leis­tungsgruppe, alle Jugendlichen, die sonderpädagogischen Förderungsbedarf haben, aber weniger als 50 Prozent Behinderung aufweisen.“
BB: Wozu diente die Integrationsbeihilfe?
JUVA: „Sie half über eine Förderung, Jugendliche am ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, wo sie sonst kaum untergekommen wären. Mit großem Erfolg.“
IMMERVOLL: „Menschen, die nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden können, kosten Studien zufolge der Gemeinschaft, dem Staat, ein Leben lang etwa 700.000€. Es ist jederzeit billiger, jemandem eine geförderte Beschäftigung zu zahlen, als jemanden arbeitslos sein zu lassen.“
BB: Welches Zukunftsszenario befürchten Sie?
IMMERVOLL: „Wir sitzen auf einer Zeitbombe! Wer mit dem Rücken zur Wand steht und weiß, dass er keine Chance hat, der greift zu anderen Mitteln!“

Zur Sache
Integrationsbeihilfe:
Sie war eine finanzielle Unterstützungsmaßnahme für Firmen, die Jugendliche mit vermehrtem Förderbedarf dennoch anstellten, obwohl diese nur einen Bruchteil der eigentlichen Arbeit zu leisten imstande waren. Im ersten Beschäftigungsjahr wurden die Jugendlichen/deren Firma mit 500 € monatlich, im zweiten Jahr mit 200 € monatlich gefördert. Ein hoher Prozentsatz der Jugendlichen wurde anschließend regulär übernommen.
Erschreckende Zahlen:
Jährlich verlassen österreichweit etwa 5000 Jugendliche die Schule, die keinen Job, keine Lehre und auch keine Unterstützung bekommen. Sie leben somit quasi als U-Boote bei ihren Familien, diese wiederum werden durch eine gestrichene Familienbeihilfe gestraft, weil der arbeitslose Jugendliche als arbeitsunwillig gilt, selbst wenn er es längst nicht ist.

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