Von Unverträglichkeiten und "echten" Allergien

- Eine Lebensmittelintoleranz liegt vor, wenn Nährstoffe nicht ausreichend verdaut werden können.
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Wir essen und trinken, um dem Körper Energie zuzuführen und die Zellneubildung zu ermöglichen. Wenn der Körper allerdings nicht (mehr) in der Lage ist, bestimmte Nahrungsbestandteile richtig zu verdauen oder zu verwerten, kann es zu negativen Auswirkungen auf das Wohlbefinden kommen.
BAD SCHALLERBACH. Die selbstständige Diätologin Cornelia Wagner gibt Einblicke rund um das Thema Nahrungsmittelunverträglichkeit und zeigt auf, wie Intoleranzen diagnostiziert, behandelt, aber auch vorgebeugt werden können.
BezirksRundschau: Was genau ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit?
Wagner: Generell muss zwischen einer echten Allergie und einer Nahrungsmittelunverträglichkeit/-intoleranz unterschieden werden. Beim Vorliegen einer Allergie ist unser Immunsystem gegenüber einem „Fremdkörper" (Lebensmittel, Pollen etc.) sensibilisiert. Kommt es dann zum erneuten Kontakt mit dem „Fremdkörper", treten Beschwerden auf, die mitunter sogar lebensbedrohlich werden können (Nüsse, Fische, Bienen, ...).
Eine Lebensmittelintoleranz liegt vor, wenn zum Beispiel Nährstoffe nicht ausreichend verdaut werden können (Enzymdefekt) und dadurch Beschwerden auftreten. Als bekannte Beispiele können hier die Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) oder Fruktosemalabsorption (Fruchtzuckerunverträglichkeit) genannt werde. Die Laktose (Milchzucker) oder die Fruktose (Fruchtzucker) können dabei im Dünndarm nicht ausreichend aufgenommen werden, gelangen in den Dickdarm und verursachen dort diverse Verdauungsprobleme (Blähungen, Durchfall, Übelkeit, Bauchkrämpfe).
Welche Formen der Lebensmittelintoleranz gibt es?
Circa 2–3 Prozent der Erwachsenen leiden an einer echten Lebensmittelallergie. Dabei lösen vor allem Nüsse, Obst, Gemüse, Fisch und Meeresfrüchte allergische Reaktionen aus.
Bei 4–6 Prozent der Kinder zählen Kuhmilch, Hühnerei, Weizen, Soja und Erdnüsse zu den allergieauslösenden Nahrungsmitteln.
Bei den Unverträglichkeitsreaktionen (Intoleranzen) sind vor allem laktose-, fruktose- und histaminhältige Lebensmittel zu nennen.
Wie macht sich eine Lebensmittelunverträglichkeit bemerkbar?
Bei allergischen Reaktionen können die Symptome von Hautausschlag über Beschwerden im Verdauungstrakt bis hin zu lebensbedrohlichen Beschwerden wie allergischem Schock reichen.
„Verstopfte" Nasen, Hautrötungen, Kopfschmerzen, Depressionen, Bauchkrämpfe, Durchfall und Blähungen sind häufig die Symptome einer Lebensmittelunverträglichkeit.
Welche Gründe gibt es für das Auftreten von Unverträglichkeiten?
Die meisten Allergien und Unverträglichkeiten entwickeln sich im Laufe unseres Lebens. Bis dato kann man auf die Frage nach der „Ursache“ noch keine konkrete Antwort geben. Zur Diskussion stehen verschiedenste Umwelteinflüsse.
Nahrungsmittelunverträglichkeiten entstehen manchmal auch als „Nebenwirkung“, wenn durch „Primärerkrankungen“ die Verdauung beeinträchtigt ist (z.B. Laktoseintoleranz bei Zöliakie).
Wie wird Nahrungsmittelintoleranz festgestellt?
Zur Diagnosestellung ist ein Ernährungs-Beschwerdetagebuch absolut notwendig. Nur nach einer umfangreichen Anamnese kann konkret ausgetestet werden. Zum Nachweis von Allergien wird Blut abgenommen und dementsprechend untersucht. Von einer „Allergie“ spricht man erst, wenn das Immunsystem auf ein bestimmtes Allergen sensibilisiert ist und auch entsprechende Reaktionen beim Kontakt mit dem Allergen auftreten. Wird eine Milchzucker- oder auch Fruchtzuckerunverträglichkeit vermutet, bedient man sich zur Abklärung der Symptome eines H2-Atemtests.
Welche langfristigen Auswirkungen kann Nahrungsmittelintoleranz auf die Gesundheit haben?
Werden bei einer diagnostizierten Milchzuckerunverträglichkeit Lebensmittel, wie zum Beispiel Milch und Milchprodukte ersatzlos aus dem Speiseplan gestrichen, kommt es zu einer Mangelversorgung an Kalzium und damit zu einem erhöhten Osteoporoserisiko. Hier ist es sinnvoll eine Diaetologin aufzusuchen, die einem dabei hilft, durch eine gezielte Lebensmittelauswahl, eine ausreichende Kalziumversorgung sicherzustellen.
Wie kann Lebensmittelunverträglichkeit behandelt werden?
Basis einer jeden Ernährungsempfehlung muss eine gründliche Diagnose sein. Die Beratung erfolgt individuell. Liegt eine echte Allergie vor, so muss das allergenhältige Lebensmittel gemieden werden.
Aus Studien weiß man, dass Kinder mit einer Kuhmilch- oder Hühnereiallergie, diese zu 50–80 Prozent mit dem Schulalter verlieren. Allergien auf Nüsse oder Fische bleiben meist ein Leben lang bestehen.
Intoleranzen sind meist dosisabhängig. Hier gilt es die individuelle Verträglichkeitsmenge der entsprechenden Lebensmittel auszutesten. Eine zu starke Einschränkung des Speiseplans ist kontraproduktiv.
Gibt es spezielle Tipps zur Vorbeugung von Nahrungsmittelintoleranzen, beispielsweise bei Kindern?
Studien zeigen, dass vor allem Rauchen in der Schwangerschaft und Passivrauchen das Allergierisiko für Kinder stark erhöhen. Stillen schützt dagegen vor dem Auftreten von Allergien. Keinen schützenden Effekt hat das bewusste Meiden von allergenen Lebensmitteln (z.B. Fisch, Ei, Nüsse). Fisch bzw. omega-3-fettsäurereiche Öle (Raps-, Walnuss-, Lein-, Hanf- und Sojaöl) haben einen schützenden Effekt, was das Entstehen von Allergien anbelangt. Im Gegensatz zu früher wird der Fischkonsum bereits im ersten Lebensjahr empfohlen.
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