Florentinisches in den Haller Gassen

Foto: Haller Gassenspiele
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Der Venezianer Carlo Goldoni (1707-1793) kannte die Seele der Menschen, seine gesellschaftskritischen Charakterkomödien waren revolutionär. Grund genug für Peter Turrini, Goldonis „Mirandolina“ in unsere Sprache zu setzen und uns die Zeitlosigkeit der Menschengier und Liebesmacht vor Augen zu führen: zärtlich, deftig, elegant und ordinär. Der Wirtin liegen die Männer zu Füßen, aber sie ist eine Emanze, liebt die Freiheit, genießt die liebestrunkenen Verehrer, verzichtet auf „den hungrigen Preis der Ehe“. Ein verarmter Adeliger und ein reicher Emporkömmling wetteifern ergebnislos um ihre Gunst, aber sie will nur den Frauenhasser Cavaliere Rippafratta liebestoll am Boden sehen. Und im Hintergrund zieht der schlaue, aber arme Kellner Fabrizio die Fäden.
Spielleiter Alexander Sackl dirigiert nicht nur das 7-köpfige Team behutsam durch die deftige „storia“, er komponierte auch eine erzählende Musik für seine Harmonika, Georg Maders Klarinette & Christina Neßmanns Saxophon sowie für die schmissigen Couplets. In stilgetreue Kostüme des Spätbarocks von den Damen Christa Schallert & Berta Posch gekleidet, versetzen die Akteure sowie eine stimmige Bühne das Publikum ins alte Florenz. Michaele Wurzer verwirklicht mit hinreißender Sicherheit die freiheitsliebende Wirtin, schön & herb – und in Augenhöhe mit Martin Moritz, der sich perfekt in die Haut des Cavaliere einfügt. Markus Knauseder setzt mit hohem komödiantischen Geschick und sprachlicher Kraft die Figur des geldgierigen Marchese um, Christian Margreiter gefällt als Graf und Emporkömmling, routiniert , überzeugend in Stimme & Geste. Georg Mader ist das Schlitzohr Fabrizio, charmant, eloquent, musikalisch. Nina Arch als Dejanira & Barbara Weber als Ortensia sind die herrlich agierenden Schlampen, vulgär und naiv. Goldonis happy-end erfährt bei Turrini keine Gnade, seine Geschichte endet überraschend mit dem kalten Triumph des Goldes. Wenn dann unter den Bäumen des lauschigen Platzes die Mücken tanzen und die Turmuhr die Stunde schlägt, weiß man, dass einer gelungenen Premiere viele schöne Theaterabende folgen werden.
Peter Teyml

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