Interview
„Ich bringe mich nur selten zum Lachen“ – Lisa Eckhart

Lisa Eckhart im Gespräch mit den Bezirksblättern | Foto: Kendlbacher
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Die Poetry-Slammerin und Kabarettistin Lisa Eckhart kam vor kurzem nach Rum um ihr Programm "Vorteile des Lasters" vorzustellen. Die Bezirksblätter hatten das Vergnügen mit der bezaubernden Frau ein Interview zu führen.

RUM. Ihre souveräne Bühnenpräsenz und ihr irrwitziger, präziser Sprachwitz zeichnen ihren unverwechselbaren Stil aus. Wo Lisa Eckhart hinkommt, werden Grenzen überschritten und verheilte Wunden wieder aufgekratzt.

Bezirksblätter: Frau Eckhart, was bringt Sie zum Lachen?
Lisa Eckhart:
Sehr wenig, tatsächlich. Das ist keine Berufskrankheitserscheinung, aber wenn, dann ist es meistens das Absurde. Also eigentlich ein Humor, den ich auf der Bühne gar nicht bediene. Ich bringe mich nur selten zum Lachen, aber die Form von Humor, die man lustig findet, ist spezifisch für das größte Trauma, das man selbst so empfunden hat oder empfindet. Bei mir ist es schon die Angst vor dem Tod und dass alles nichtig ist und deshalb spring ich besonders auf das Absurde an, was, wie ich finde, genau in die Wunde der Sterblichkeit greift. Deswegen ist sowas wie Helge Schneider, der völlig ins Groteske abdriftet, meine persönliche Art von Humor, die ich lustig finde.

Den Einstieg ins Kabarett haben Sie durch Poetry Slam gefunden. Slammen Sie heute noch?
Ja, das ist immer etwas, womit man sich reinzuwaschen versucht. Aber ja, in der Tat, das stimmt. Ich slamme nicht mehr, das wäre auch heute nicht mehr möglich. In der kurzen Zeit, seit ich weg bin, ist Poetry Slam sowas von humorlos geworden. In dem bescheidenen Ausmaß, so wie ich das von außen überblicken kann, hat es sich in dieser kurzen Zeit zu etwas sehr Sprödem, Politischem entwickelt, wo es nur noch um das Rauswürgen von Empfindlichkeiten geht, mit dem ich nicht mehr viel zu tun haben will. Da ist eine Jugend am Werk, die sehr politisch korrekt ist, die keine Freude mehr an der Grenzüberschreitung hat. Deswegen versuche ich mich von dort fernzuhalten, das hat aber auch persönliche Gründe. Ich glaube, Poetry Slam ist für viele: Man benutzt es wie eine Dirne und wirft es eigentlich weg (lacht). Mittlerweile ist es für mich etwas, was man in Jugendzeiten machen sollte, wo man noch mehr Resistenz hat gegen so eine Entwürdigung.

Hatten Sie schon immer das Bedürfnis, auf der Bühne zu stehen?
Ja, ich glaube schon. Das Bedürfnis, ein Publikum zu haben, das war irgendwie schon immer da. Es hat mir sehr lange an einer Idee gemangelt. Ich hatte ja keine Ahnung, wie ich sie locken könnte, aber der Wunsch nach unzähligen Augenpaaren, die auf mich gerichtet sind, der war da.

Inwieweit fließen private Teile Ihres Lebens ins Programm mit ein?

Das kann man nie verhindern, glaube ich. Aber, um es trotzdem zur Kunst zu machen und nicht zu einer Gruppentherapie, mein ich schon, dass es abstrahiert werden muss und auf eine universelle Ebene gebracht werden sollte. Ich finde, dass das heutzutage sehr vernachlässigt wird, dieser sehr wichtige Schritt. Da wird dann einfach irgendwas dokumentiert, wie es einem geht oder was man erlebt hat, das ist dann nicht so das Meine.

Ihre Shows werden oft als provokant oder auch boshaft beschrieben, wie geht man mit der Reaktion des Publikums um?
Unterschiedlich. Also grundsätzlich wundert es mich immer, wenn das, was ich mache, als schwarzer Humor bezeichnet wird. Weil schwarzer Humor ist für mich sowas wie ein Pleonasmus. Was gibt es anderes als schwarzen Humor? Humor antwortet immer auf irgendeine Kränkung, wenn man mit der Vernunft nicht mehr weiterweiß. Lachen tritt dann ein, wenns zum Weinen nicht mehr reicht. Von dem her wüsste ich nicht, was das Gegenteil von schwarzem Humor sein sollte. Ich möchte auch nicht provozieren um der Provokation willen, das war nie mein Wunsch. Aber ich musste erst schön langsam feststellen, wo die Grenzen der Menschen sind, die ich vorher nicht kannte.

Wie gefällt es Ihnen bei uns in den Tiroler Bergen?
Es ist sehr schön. Ich bin zwar abtrünnig geworden und lebe jetzt in Deutschland, aber es ist immer wieder ein Genuss, hier mit dem Zug herfahren zu dürfen.

Sie sind also mit dem Zug angereist?

Ja, aber nicht aus Umweltgründen. Es ist für mich eine Wohltat, eine Landschaft zu sehen, die einen nicht zum Suizid auffordert, so wie das in Deutschland der Fall ist. Ich finde es wahnsinnig schön in Innsbruck.

Ist Frau Eckhart eher ein Stadtmensch?
Ich bin eher ein klaustrophober Mensch, der in seiner Wohnung bleibt. Ich wohne auch mittlerweile nicht mehr in einer Großstadt, weil ich den Trubel nicht brauche. Ich wohne jetzt in Leipzig, das ist bei weitem kleiner. Berlin war mir zu jung, zu laut, zu hip und zu: Wir sind alle Künstler (lacht). Das ist, finde ich, kein fruchtbares Umfeld für die Kunst. Weil jeder sich bestätigt, mit dem was er macht, auf eine überzüchtete, tolerante Art, die gar nicht mehr debattiert miteinander, wo sich gar nichts mehr reibt, sondern wo in der ersten Sekunde jeder sagt, das ist sicher toll, was du machst und man gar nicht befugt ist, das zu kritisieren und sowas macht mich wahnsinnig.

Männer haben oft eine Frau als Muse, ist es bei Ihnen der Mann, der zur Muse wird?
Das ist eine sehr schöne Frage. Ja, wahrscheinlich schon, nur nicht ein Mann, sondern wahrscheinlich Männer an sich. Also ich sehe mich schon als Schirmherrin der alten, weißen Männer, weil die gerade sehr unter Beschuss stehen, was mir auch sehr leid tut. Waren sie ja doch immer meine liebsten Spielkameraden im Leben. Sehr vieles, was ich gemacht habe, war zum großen Teil schon immer, um einem oder mehreren Männern zu imponieren und meine Güte, was ist falsch daran, es ist doch was Wunderbares dabei rausgekommen (lacht).


Vielen dank für das Gespräch!


Mehr dazu 

https://www.meinbezirk.at/tag/lisa-eckhart

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