Rassenhygiene in der NS-Zeit auch in Haller Anstalt?

Stadtarchäologe Alexander Zanesco leitet die Ausgrabungen | Foto: Hubmann
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Bei der Sichtung der Krankenakten durch Christian Haring, den stv. Ärztlichen Direktor des LKH Hall, bestätigt sich die Vermutung, dass Patienten der damaligen psychiatrischen Einrichtung der Rassenhygiene des NS-Regimes zum Opfer gefallen sind.

HALL (hub). „In den Unterlagen aus der damaligen Zeit ist in den meisten Fällen die Medikation der Patienten genau dokumentiert, wobei vor allem die hohe Dosierung diverser ruhigstellender Pharmaka auffällt. Die Nebenwirkungen dieser Medikamente können bei Nichtbehandlung durchaus eine Todesfolge nach sich gezogen haben“, so Christian Haring. Für eine umfassende Einschätzung der damaligen Verhältnisse sei allerdings noch einiges an Forschungsarbeit zu leisten. Ähnlich lautet das Statement von Ausgrabungsleiter Alexander Zanesco: „Seit Grabungsbeginn konnten rund 125 Gräber geborgen werden, aufgrund zahlreicher neuer Fakten, werden die Arbeiten aber länger andauern als geplant.“ Auch das Team der Anthropologen rund um George McGlynn sammelt weiterhin Proben, aber „die Chance, aus Gewebeproben den Ernährungszustand zum Todeszeitpunkt der Verstorbenen feststellen zu können, haben sich aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes leider zerschlagen“, so McGlynn.

Auffällig ist jedoch, dass bei einem Großteil der Untersuchten Rippenbrüche festgestellt wurden. Historiker Oliver Seifert hat sich in seiner Aufarbeitung der historischen Quellen zuletzt mit der Verwaltungsgeschichte des ehemaligen Anstaltsfriedhofs beschäftigt. Es gilt inzwischen als gesichert, dass der Friedhof im Jahr 1942 auf Initiative der Stadt Hall angelegt wurde, da der städtische Friedhof Platzmangel aufwies.

Wissenschaftler suchen weiter nach Zeitzeugen von damals
Doch die Suche nach Zeitzeugen gestaltet sich weiterhin schwierig: „Die Gespräche sowohl mit Zeitzeugen als auch mit Angehörigen beruhen auf Gegenseitigkeit. Es ist in vielen Fällen sehr berührend für die Betroffenen, wenn sie Informationen oder sogar Bilder ihrer verstorbenen Angehörigen zur Verfügung gestellt bekommen“, so Seifert. Die Arbeiten am ehemaligen Anstaltsfriedhof dauern also weiter an, es werden schon bald neue Erkenntnisse erwartet.

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