Pflegedienstleitung im BB-Interview
Wertschätzung als Ansporn

DGKP Ingrid Lanser erklärt, was zur Arbeit in der Pflege motiviert.  | Foto: Schramek
  • DGKP Ingrid Lanser erklärt, was zur Arbeit in der Pflege motiviert.
  • Foto: Schramek
  • hochgeladen von Raul Schramek

In der Pflege gibt es viele Baustellen. Im Gespräch mit den BB erklärt DGKP Ingrid Lanser, was ihren Beruf dennoch attraktiv macht.

FRITZENS. Die Mitarbeiterinnen des Gesundheits- und Sozialsprengels Fritzens, Volders und Baumkirchen bieten Hauskrankenpflege und viele weitere Betreuungsangebote an. DGKP Ingrid Lanser ist Pflegedienstleitung und erzählt uns von ihrer Branche.

BezirksBlätter: Im Zuge der Corona-Krise hat die Pflegebranche mehr Aufmerksamkeit erhalten als früher. Wo stehen Sie in der Gesellschaft?
DGKP Ingrid Lanser: Durch die derzeit laufenden Kampagnen (Demonstrationen, Anm.) macht die Pflege auf sich aufmerksam und wird dementsprechend mehr gehört. Das ist gut so. Was aber fehlt, ist eine starke Interessensvertretung, die sich mit den Problemen in der Pflege sachlich auseinandersetzt und auch auf attraktive Seiten des Berufsfelds hinweist. Privates Engagement ist – wenn es stattfindet – meist emotional geprägt, oft fehlen konkrete Forderungen.

Die Pflege wird meist als psychisch und physisch anspruchsvolle Arbeit beschrieben. Was motiviert zu dieser fordernden Tätigkeit?
Einen großen Stellenwert hat die Wertschätzung, die wir vonseiten der KlientInnen erfahren. Unfreundliche Personen sind die Ausnahme. Die meisten freuen sich, wenn man kommt und ihnen hilft. Man geht nach dem Dienst zufrieden nachhause, wenn man weiß, dass man jemanden unterstützen und etwas bewirken konnte. Diese Art von Wertschätzung fehlt, wenn man bloß vor dem Computer sitzt. Das motiviert viele, in der Pflege zu arbeiten.

Was ist die Rolle der mobilen Pflege im Verhältnis zur stationären Pflege?
Das Land regt an, pflegebedürftige Menschen möglichst lange zuhause zu betreuen. Erst wenn dies nicht mehr funktioniert, sollen sie ins Pflegeheim wechseln. Der Übergang zwischen selbstständiger Mobilität und Betreuung im Heim umfasst eine große Spannweite. Hier kann die mobile Pflege viel abdecken. Wir geben auch Acht, dass die KlientInnen – wenn sie alleine leben – nicht vereinsamen. Für diesen Fall gibt es etwa eine Tagesbetreuung im Haus am Kirchfeld in Wattens.

Wie schaut der Arbeitsalltag in der mobilen Pflege aus?
In Bezug auf die Zeiteinteilung sind wir flexibler als die stationäre Pflege, bei uns gibt es nämlich keinen Pflegeschlüssel. Dadurch können wir die KlientInnen ihrem individuellen Bedarf entsprechend betreuen. Dementsprechend fällt die Aufenthaltsdauer bei den Klienten unterschiedlich aus. Je nach Arbeitsaufwand ist man zwischen 15 und 60 Minuten dort. Im Rahmen eines Vormittagsdienstes besucht man durchschnittlich 6 bis 7 Personen. Man arbeitet alleine und ist dementsprechend auf sich selbst gestellt. Das schreckt manche ab, sie gehen dann lieber in die stationäre Pflege.

Werden bei den Hausbesuchen nur Pflegehandlungen gesetzt?
Viele meinen, die Hauskrankenpflege setzt nur Pflegehandlungen. Wir decken aber zusätzlich noch viele weitere Sparten ab. So führen wir etwa Gedächtnistraining und Aktivierungsstunden durch, um die Mobilität und die geistigen Fähigkeiten der KlientInnen möglichst lange aufrechtzuerhalten. Außerdem bieten wir Sturzprophylaxe und Wundversorgung an. Die Arbeit in der Hauskrankenpflege ist sehr abwechslungsreich, das ist sicher ein Vorteil dieses Berufsfeldes.

Wie gelingt Pflegenden der Umgang mit Krankheit und Tod?
Wir bieten seit einigen Jahren eine integrierte Palliativbetreuung (= Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen) an. Dieses vom Land und den Sozialversicherungsträgern geförderte Modell ermöglicht es den betreuten Personen, auf eigenen Wunsch zuhause zu sterben. Die damit verbundene Pflegearbeit ist etwas Besonderes, da man sehr intensiv mit den KlientInnen und ihren Angehörigen in Kontakt kommt. Wir erfahren hier sehr viel Wertschätzung und Dankbarkeit. Im Rahmen von Dienstbesprechungen werden die Erfahrungen im Team aufgearbeitet. Im Großen und Ganzen können meine Kolleginnen sehr gut mit den Herausforderungen einer Palliativbetreuung umgehen.

Was sollte sich in der Pflegebranche ändern?
Es braucht eine Attraktivierung der Pflegeausbildung, insbesondere im Hinblick auf die derzeit unbezahlten Praktika. Die kürzlich vom Land angekündigten Ausbildungsstipendien im Ausmaß von 470€ monatlich sind ein erster Schritt, der aber noch nicht weit genug geht. Für Quereinsteiger in Ausbildung bleibt es damit schwierig, über die Runden zu kommen. Auch die überbordende Bürokratie im Pflegebereich sehe ich kritisch. Vor einigen Jahren noch war ich als Pflegedienstleitung einen Tag pro Woche mit Büroarbeiten beschäftigt, mittlerweile sind es vier. Diese Zeit fehlt bei der Betreuung der KlientInnen.

Danke für das Interview.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.