Der Flaschenhals des 1. Weltkrieges

Hunderte Soldaten lagerten mit Roß und Wagen. Zivilkleider waren stark gefragt, daher wurden viele Tauschgeschäfte abgeschlossen. Ein Anzug – dafür ein Pferd oder ein Wagen. | Foto: Stadtarchiv Hall in Tirol/Bildarchiv
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  • Hunderte Soldaten lagerten mit Roß und Wagen. Zivilkleider waren stark gefragt, daher wurden viele Tauschgeschäfte abgeschlossen. Ein Anzug – dafür ein Pferd oder ein Wagen.
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HALL. Nach dem langen Ersten Weltkrieg, war die Bevölkerung 1918 in Tirol nicht nur halbverhungert, sondern auch komplett überfordert. Mit dem Ende des Krieges im November, zogen hunderttausende Soldaten durchs Land, auf der Heimreise in die ehemaligen Monarchie-Länder wie Tschechien oder Ungarn. Nicht nur die Soldaten und die Bevölkerung waren in einer erbärmlichen Verfassung, auch die Pferde hatten kein besseres Schicksal. Sie wurden teils von der Gemeinde aufgekauft, teils zu Fleisch verarbeitet und, wenn es nicht anders ging, getötet, mit Benzin überschüttet und verbrannt. Während zahlreiche Soldaten versuchten sich nach Hause durchzukämpfen – sie verkauften ihre Ausrüstung für Brot oder Zugkarten –, blieben um die 300.000 Soldaten in Kriegsgefangenschaft.

14 Tage 1918

Matthias Breit vom Absamer Gemeindemuseum schrieb gemeinsam mit Ivona Jelcic ein Buch zum Herbst 1918 (siehe Buchtipp) und beschäftigte sich eingehend mit Zeitungsartikeln und -inseraten aus dieser Zeit. Wie er sagt: "Böse Zungen meinen, dass man sich absichtlich keine Mühe gemacht hat, die Soldaten aus der Kriegsgefangenschaft zu befreien. Das hieß nämlich 300.000 Leute weniger durchfüttern." Hunger war für das normale Fußvolk die größte Herausforderung. Im Allgemeinen Tiroler Anzeiger erschienen Inserate, in denen Nobelartikel – gepolsterter Kinderschlitten, echter Pfeifentabak – gegen Kartoffel oder Polentamehl zum Tausch angeboten wurden.

Spanische Grippe

Schon während des Krieges traf auch ein anderer Schlag das Volk: die spanische Grippe. Weltweit forderte die Grippe 50 Mio. Tote. Anfang 1918 erwischte es erst den gebrechlicheren Teil der Bevölkerung, im Herbst 1918 dann auch jene, die mitten im Leben standen. "Ganze Weiler sind erkrankt, die Krankheit hat tiefe Spuren in der Bevölkerung hinterlassen." In jedem Haus, in jeder Straße betrauerte man nicht nur Kriegsopfer, sondern auch die Opfer der Pandemie. Das Ende des Krieges, war auch der Anfang der Republik. Die ersten Wahlen wurden 1919 durchgeführt. Zum ersten Mal konnten Frauen abstimmen und gewählt werden, zum ersten Mal wurde eine echte Schulpflicht eingführt. Die Monarchie wünschten sich, trotz der Schwierigkeiten in der neuen Republik, nur noch die Wenigsten zurück.

Hunderte Soldaten lagerten mit Roß und Wagen. Zivilkleider waren stark gefragt, daher wurden viele Tauschgeschäfte abgeschlossen. Ein Anzug – dafür ein Pferd oder ein Wagen. | Foto: Stadtarchiv Hall in Tirol/Bildarchiv
Rückzug November 1918 – Bahnhof Hall. Um möglichst rasch heim zu kommen, saßen selbst auf der Lokomotive die Heimkehrer oft bei 8 – 10 Grad. | Foto: Stadtarchiv Hall in Tirol/ Bildarchiv
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