Henriette (98): „Wir kämpfen um die Harmonie“

Die Bewohner der defizitären Seniorenwohnheims protestieren gegen die für Ende 2014 geplante Schließung des Heimes. Bis 15. Februar liegen Unterschriftenlisten im Gemeindeamt Neulengbach auf.

Link: Pensionisten fühlen sich im Stich gelassen

UNTERDAMBACH (mh). "Für uns steht fest, dass wir das Haus nicht verlassen, auch wenn die Polizei kommt", schreibt die 98-jährige Henriette Hierhammer an den Vorsitzenden der "Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs". Sie und sechzig weitere Bewohner des privaten Seniorenwohnheims "Harmonie" in Unterdambach bei St. Christophen haben den Brief unterschrieben.

"Wir gehen nicht weg!"
Am vergangenen Montag hatte Geschäftsführerin Irene Vogel Bewohnern und Belegschaft das endgültige Aus des Heims verkündet. Seit Jahren war der gemeinnützige Verein vergeblich auf der Suche nach einem neuen Betreiber für die ursprünglich als Erholungsheim für blinde Menschen gebaute Einrichtung, die seit über 60 Jahren betrieben wird. Nun ist die Schließung am 31. Dezember 2014 beschlossene Sache: "Wir konnten die 'Harmonie' seit vielen Jahren nicht mehr kostendeckend führen und würden die Existenz der Hilfsgemeinschaft aufs Spiel setzen, wenn wir das Haus wie bisher weiterbetreiben", erklärt Vogel. Eine Entscheidung, die die Bewohner nicht hinnehmen wollen: "Wir sind sehr enttäuscht von Ihnen, wie Sie mit uns umgehen", schreibt die 98-Jährige. "Dass die 'Harmonie' nicht professionell geführt wurde, konnte man nicht nur an den Gebäudeschäden, sondern auch an der Führung erkennen. Seit Jahrzehnten wurden keine Renovierungsmaßnahmen durchgeführt."

Waldpension nicht akzeptabel
Auch die angebotene Übersiedlung in die "Waldpension", einem weiteren Standort der Hilfsgemeinschaft in der Buckligen Welt bei Grimmenstein (Bezirk Neunkirchen), ist für die Harmonie-Bewohner keine akzeptable Alternative: "Haben Sie vergessen, dass wir alt, krank und pflegebedürftig sind und es dort keine entsprechenden und finanzierbaren Pflegeplätze gibt?", heißt es in dem Brief der 98-Jährigen. Irene Vogel versteht sehr gut, dass die Emotionen hochgehen: "Ich kann versichern, dass wir alles getan und überlegt haben, um diese Situation zu vermeiden. Wir tun unser Möglichstes, um für alle die beste Lösung zu finden." Inzwischen unterstützt auch die Stadtgemeinde Neulengbach den Kampf der Bewohner zur Rettung ihres Heimes. Bis 15. Februar liegen am Gemeindeamt Unterstützungserklärungen zur Unterschrift auf.

KOMMENTAR
Das traurige Ende der "Harmonie"

Die Mitteilung über die bevorstehende Schließung des Seniorenwohnheimes "Harmonie" in Unterdambach soll alles andere als "harmonisch" über die Bühne gegangen sein. Die 40 "Gäste" im Wohnbereich, die 11 betreuten "Bewohner" und die 30 Personen im Pflegebereich mussten sogar psychologisch betreut werden. Ins wirtschaftliche Trudeln kam die "Harmonie" laut Hilfsgemeinschaft-Pressesprecherin Helga Bachleitner hauptsächlich durch die immer schlechtere Auslastung des Wohnbereichs: "Alte Menschen bleiben immer länger in ihren eigenen vier Wänden." Die Pflegestation sei zwar immer voll gewesen, aber das habe nicht gereicht. Schade um eine allseits beliebte Einrichtung, doch das kaputte Dach, die marode Wasserleitung und der löchrige Öltank hätten Investitionen in Millionenhöhe erfordert, die sich kein neuer Betreiber leisten konnte oder wollte.

ZUR SACHE
Ursprünglich vor über 60 Jahren als Erholungsheim für blinde Menschen gebaut, wurde die "Harmonie" von der "Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs" zu einem Seniorenwohnheim ausgebaut, in dem sich Menschen mit hochgradiger Sehbehinderung ungehindert und selbstständig fortbewegen können.