Der tägliche Kampf mit dem Rollstuhl

Josef Schoisengeyer stößt als Obmann vom Club für Behinderte und Nichtbehinderte oft auf Barrieren.
  • Josef Schoisengeyer stößt als Obmann vom Club für Behinderte und Nichtbehinderte oft auf Barrieren.
  • hochgeladen von Michael Holzmann

STADT UND BEZIRK ST. PÖLTEN (wp/mh). Seit dem 13. Lebensjahr bewegt sich Josef Schoisengeyer mit einem Rollstuhl durchs Leben. An diesen Umstand hat er sich, der bis dahin Krücken benutzte, gewissermaßen „gewöhnt“, wie er sagt. An eines kann er sich allerdings nicht gewöhnen: nämlich an die alltäglichen Barrieren, die ihm und seinen Leidensgenossen im öffentlichen und halböffentlichen Raum sozusagen in den Weg gelegt werden. Als Obmann des „Club 81“, einem „Verein für Behinderte und Nichtbehinderte“, ist er allerdings hartnäckig. Jedoch: „St. Pölten ist nicht schlecht aufgestellt! Hier setzt man sich mit dem Thema Barrierefreiheit gut auseinander. Der Bürgermeister hat ein offenes Ohr für unsere Anliegen.“

St. Pölten: Neuer Bahnhof mustergültig

Allein die städtischen Behindertenparkplätze in der Rathausgarage und die beiden vor der Aqua-City weisen nicht die notwendige Breite auf, die sie haben müssten, um das Ein- und Aussteigen bei Vollbelegung zu gewährleisten. Auch im ländlichen Bereich des NÖ-Zentralraums gebe es noch viele Optimierungsbereiche. Hingegen lobt Schoisengeyer den neuen Bahnhof, der „mustergültig“ sei. „Wir haben uns bereits in der Planungsphase für den Umbau hineinreklamiert“. Auch das Regierungsviertel und die Kultureinrichtungen seien sehr gut für Rollstuhlfahrer erreichbar. Wenngleich er sich für das Festspielhaus noch den einen oder anderen Rollstuhlplatz im Zuschauerraum wünschen würde. „Der Besuch von guten Vorstellungen bleibt vielen Rollstuhlfahrern vorenthalten, da die wenigen Stellplätze im Auditorium schnell vergeben sind.“ Probleme gebe es jedoch öfter in der Innenstadt: „Einige Geschäfte kann man mit dem Rolli nicht erreichen, da sich hohe Stufen vor einem aufbauen.“ Auch mancher Gastrobetrieb verschließt sich Rollstuhlfahrern mit Eingangsbarrieren, aber auch mit der Tatsache, dass kein behindertengerechtes WC vorhanden sei. Schwierig wird es auch, wenn sich Nichtbehinderte auf Parkplätze für Behinderte stellen. „Da bekommt man dann schon manchmal patzige Antworten. Manche haben überhaupt kein Verständnis für die Nöte eines Rollstuhlfahrers.“ Eine Möglichkeit, gegen Barrieren die einen Behinderten im Alltag diskriminieren anzukämpfen, böten Klagen. „Aber wer will das schon? Das ist nur aufreibend und teuer.“

Neulengbach: Rathaus top, Bahnhöfe Flop

Auf den ersten Blick schneidet Neulengbach beim „Lokalaugenschein“ in den öffentlichen Gebäuden sehr gut ab. Das neue Rathaus und das kürzlich generalsanierte Bezirksgericht sind mit einem Lift in alle Stockwerke ausgestattet. Nur beim Alten Rathaus, in dem die öffentlichen Gemeinderatssitzungen ab 2020 auch mit dem Rollstuhl zugänglich sein müssen, sieht es schlecht aus. „Das müssen wir noch mit dem Bundesdenkmalamt in Einklang bringen“, sagt Bürgermeister Franz Wohlmuth (VP). Schlimm steht es um die beiden Bahnhöfe, auf die die Stadt keinen Einfluss hat, da hier die ÖBB „am Zug“ ist. In „Neulengbach Stadt“ kein Lift und keine Stiegen zur Unterführung, beim Bahnhof „Neulengbach“ immerhin eine Rampe, doch die ist nur mit Hilfe einer zweiten Person benutzbar. Dazu ÖBB-Sprecher Mario Brunnmayr: „Am Bahnhof Neulengbach hatten wir 2011 rund 300 Reisende pro Tag. Die ÖBB rüsten bis 2014 die 140 frequenzstärksten Verkehrsstationen, auf denen 75 Prozent des Fahrgastaufkommens abgewickelt werden (mehr als 2.000 Reisende täglich), zu barrierefreien Bahnhöfen und Haltestellen um. Diese Vorhaben, die im „Etappenplan“ festgehalten sind, schließen Landes- und Bezirkshauptstädte mit ein. “

Herzogenburg: Rathaus voller Barrieren

Der funkelnagelneue Bahnhof in Herzogenburg ist stufenlos erreichbar und bietet neben einem geräumigen Lift zur Unterführung und den Bahnsteigen sogar ein WC für behinderte Menschen. Weniger erbaulich ist der Besuch des Rathauses. Man scheitert schon an den ersten Stufen ins „Erdgeschoß“, ganz zu schweigen von einem Besuch beim Bürgermeister oder Stadtamtsdirektor oder dem Sitzungs- und Trauungssaal im ersten Stock. In den zweiten Stock zum Bauamt oder Geometer kommt man mit einem Rollstuhl schon gar nicht. Es gibt nämlich weder eine Rampe noch einen Lift im gesamten Gebäude. Bürgermeister Franz Zwicker (SP) ist sich des gesetzlichen Zugzwangs bewusst. „Wir planen in den nächsten Jahren eine thermische Sanierung des kompletten Gebäudes. Im Rahmen der Umbauarbeiten werden wir auch die Barrierefreiheit berücksichtigen“, so Zwicker. Einen genauen Zeitpunkt für die Umbauten könne er derzeit nicht nennen. Es sei ja noch ein wenig Zeit. „Für die wenigen Fälle, in denen derzeit Rollstuhlfahrer ins Rathaus müssen, stehen unsere Mitarbeiter vom Sozialamt zur Verfügung“, sagt Zwicker.

ZUR SACHE:
Gleichstellungsgesetz: Mit 1. Jänner 2006 trat das Behindertengleichstellungsgesetz in Kraft. Demzufolge sind bauliche Barrieren diskriminierend. Bis 2016 müssen alle Barrieren bei öffentlich zugänglichen Gebäuden, Verkehrsanlagen und in öffentlichen Verkehrsmitteln beseitigt sein. Durch nachträglich beschlossene Ausnahmen ist absolute Deadline für die Barrierefreiheit 2020.

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