Medizin-Skandal: Arzt wies Patientin ab
Nahtentfernung nach Operation löst Streit zwischen Politik, Ärztekammer und Krankenkasse aus.
ST. PÖLTEN (wp). Hüftoperationen sind etwas Heikles, selbst die Nahtentfernung nach der Wundheilung muss mit Genauigkeit und zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt erfolgen. Gabriele F., die sich in Graz einer Hüftoperation unterzogen hatte, wandte sich am Freitag an ihren Hausarzt Dr. E. mit der Bitte, die Nähte zu entfernen. Nach der Untersuchung befand der Mediziner, dass die Zeit noch nicht reif sei, und bat sie, den Ärztebereitschaftsdienst am darauffolgenden Sonntag für die Nahtentfernung zu kontaktieren. Der diensthabende Arzt, Dr. W., lehnte dies per Telefon aber ab: „Ohne sich die Sache anzusehen“, so die St. Pöltnerin enttäuscht, „er riet mir einfach, damit ins Spital zu gehen.“ Dort war man erstaunt: „Das kann doch ein niedergelassener Arzt machen!“ In der Ambulanz verursache die Nahtentfernung dem Gesundheitssystem 400€ an Kosten. „Ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte“, so die 48-Jährige. Erst nach einer Odyssee durch mehrere Ambulanzen erklärte man sich bereit, die Nähte zu entfernen.
Sobotka grollt
„Nähte zu entfernen gehört zum Grundwerkzeug eines niedergelassenen Arztes“, meint LHStv. Wolfgang Sobotka, für das Gesundheitswesen in NÖ politisch verantwortlich. „Derartige Dinge sollten nur im Notfall in einem Klinikum durchgeführt werden.“
Ärztekammerchef: "Keine Abgeltung"
Widerspruch kommt von der Ärztekammer: „Gerade diese Art der Nahtentfernung ist heikel und bedarf äußerster Präzision“, lässt Ärztekammerchef Christoph Reisner verlauten, „außerdem gibt es dafür keine Abgeltung für niedergelassene Ärzte, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, da der Honorarkatalog 20 Jahre alt ist und mit der Gebietskrankenkasse neu verhandelt gehört.“
Krankenkassenchef: "Arzt muss helfen"
Diese Aussage ärgert Krankenkassen-Obmann Gerhard Hutter: „Es ist eine Zumutung zu sagen, man entfernt die Nähte nicht, weil man kein Geld dafür bekommt. Der Arzt hat einen Eid geleistet und muss helfen. Es gibt viel, was bereits überholt ist, aber derzeit kann man mit der Ärztekammer leider überhaupt nicht verhandeln.“
Dr. W., der die Nähte nicht entfernen wollte: „Wir haben bestausgestattete Fachärzte und ein Spital, da werden wir praktische Ärzte nicht anfangen, in der Ordination herumzudoktern.“
Kontakt: Werner Pelz, Tel.: 0676 700 11 75 /// Mail: we_pe@gmx.at oder wpelz@bezirksblaetter.at
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