„Schwärze Ortschef nicht an“ – Feine Klinge im Ortsparlament

- Unter Beschuss: Bgm. Martin Michalitsch, flankiert von Amtsleiter Franz Grauer und Vbgm. Anton Rohrleitner.
- hochgeladen von Bezirksblätter Archiv (Werner Pelz)
GLU kritisiert „Hintergehen des Gemeinderats“ bringt aber keine Aufsichtsbeschwerde ein
Trotz schwerer Vorwürfe seitens der Opposition gegen Ortschef Michalitsch blieb die Stimmung bei der letzten Sitzung im neuen Gemeindezentrum Eichgrabens konstruktiv.
EICHGRABEN (wp). Am falschen Fuß erwischte Gemeinderätin Helga Maralik (GLU) Bürgermeister LA Martin Michalitsch bei der letzten Gemeinderatssitzung: Sie wollte entdeckt haben, dass der Ortschef den Gemeinderat hintergangen hätte, da er „eigenmächtig“ den Stromliefervertrag mit der EVN gekündigt hatte. Laut Gesetz hätte er dies bei den gegebenen Haushaltsverhältnissen der Gemeinde nur bis zu einer Höhe von 42.000 € tun dürfen. „Da der Stromliefervertrag aber 85.538 € betrug, hätten Sie einen Gemeinderatsbeschluss benötigt“, hielt die Oppositionelle dem Landesjuristen vor. Letztgenannter wirkte etwas erstaunt und druckste irritiert herum: „Ich habe nicht vor, eine stromlose Zeit in Eichgraben einzuläuten“.
Erfolgt Anzeige im Land?
Mit der Kündigung des EVN-Vertrags wollte Michalitsch die Vertragsbedingungen überprüfen und die Konditionen neu verhandeln. Michalitsch suchte nach einem Ausweg: „Wenn die Kündigung nicht rechtskräftig erfolgte, müssen wir den Gemeinderat im Nachhinein befassen“. Nun mischte sich auch der anwesende Amtsleiter Franz Grauer in die entstandene Ratlosigkeit: „Wenn keine Beschwerde bei der Landesaufsicht erhoben wird, dann wird die Kündigung rechtskräftig“. Andernfalls könnte dem Ortschef eine Amtshaftungsklage ins Haus stehen. „Warum soll ich mich über den Bürgermeister im Land beschweren, ich will ihn bei der Behörde ja nicht anschwärzen“, gab sich Maralik gütig, sichtlich zufrieden, dass die Sache publik ist.
Schuldenstand stieg an
Der Sitzungsabend barg allerdings noch andere schwerwiegende Auseinandersetzungen. Immerhin stand der Rechnungsabschluss für 2010 auf der Tagesordnung. Auch der sei der Opposition nicht gesetzeskonform zugestellt worden, da sie ihn erst einen Tag vor der Sitzung erhalten hätte, tönte es seitens Maraliks. Angeblich wäre ein Krankheitsfall in der Landesverwaltung schuld gewesen, die den Rechnungsabschluss prüfen und freigeben muss, lautete die Argumentation des Bürgermeisters.
Obwohl der Schuldenstand der Gemeinde aufgrund neuer Darlehen auf 7,4 Mio € geklettert war, konnte im ordentlichen Haushalt, der Einnahmen in der Höhe von über 6 Mio € und Ausgaben von 5,9 Mio € aufweist, ein Plus von 85.000 € erzielt werden.
Zahlungunwillige Bürger
Überraschung herrschte auch über die Tatsache, dass Eichgrabner Bürger der Gemeinde insgesamt 318.000 € schulden.
Ein Betrag, der massiv stieg, da diese Außenstände im Jahr 2008 noch 222.000 € betrugen. „Traut sich die Gemeinde nicht zu mahnen?“, polterte die Opposition, „das Geld fehlt der Gemeinde zum Wirtschaften. So kann man eine Gemeinde nicht führen“. – „Wir werden ein neues Mahnsystem einrichten“, druckste Michalitsch etwas verlegen herum. Aber Maralik hatte noch weitere Bandagen für den Ortschef: „Die Repräsentationskosten des Bürgermeisters stiegen von 7000 auf über 10.000 €. Das geht nicht an, denn wenn alle sparen müssen, dann muss auch der Herr Bürgermeister sparen“, so die süffisante Wortmeldung. Die beiden Bürgerlisten GLU, GEMSAM und die Grünen hatten ihre Probleme mit dem Rechnungsabschluss und verweigerten ihm die Zustimmung, der nur mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und einem Oppositionellen getragen wurde.
Kritik rief auch das Nachtragsbudget hervor: „Schon wenige Monate nach der Budgeterstellung brauchen wir schon ein Nachtragsbudget, um die Vorhaben in der Gemeinde realisieren zu können“, ärgerte sich Gerhard Lingler (GEMSAM), was von der VP-Mehrheitsfraktion als notwendig abgetan wurde, „da immerhin auch ein neues Gemeindezentrum errichtet wurde.“
Feine Klinge
(Kommentar)
Zum Geschäft eines Bürgermeisters gehört es, u.a. Kritik von Oppositionsparteien über sich ergehen zu lassen. Die bekommt Eichgrabens Ortschef vor allem von den beiden Bürgerlisten GLU und GEMSAM in höheren Dosen pointiert verabreicht. Michalitsch, ein guter Vermarkter seiner Person, kontert Kritik mit Witz und Charme und juristischer Zielgenauigkeit. Mit seinen mitunter langatmigen Wortmeldungen lässt er vor allem SPÖ und Grüne wortkarg zurück.
Eichgrabens Schuldenstand, Nachtragsbudget und ausstehende Gebühren wirken, solcherart präsentiert, in fast positivem Licht. Erst als GLU-Mandatarin Helga Maralik dem Bürgermeister in der letzten Sitzung ein Hintergehen des Gemeinderats vorwarf, da er den Stromliefervertrag gemeindeseits eigenmächtig kündigte, geriet Michalitsch erstmals in Argumentationsnotstand. Da Maralik aber ankündigte, ihren Bürgermeister bei der Aufsichtsbehörde nicht anzuzeigen, hing der Haussegen im neuen Rathaus gleich wieder gerade.Im Gemeinderat Eichgraben hat man den Eindruck, dass nicht derb drauflos polemisiert, sondern mit feiner Klinge um die (politische) Wahrheit gerungen wird. Eine erfreuliche Erscheinung!
werner pelz (tel.: 0676 700 11 75 // Mail: wpelz@bezirksblaetter.com)
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