Genetiker Josef Penninger
„Der Lockdown ist notwendig“
Der Genetiker Josef Penninger ist Österreichs gewichtiger Beitrag im Kampf gegen das Coronavirus.
WIEN. Der aus Gurten in Oberösterreich stammende Genetiker Josef Penninger beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Erforschung der Coronaviren und bestimmter Krebsarten. Aufgrund seiner Erkenntnisse über das Enzym ACE2, das bei einer Covid-19-Infektion eine wesentliche Rolle spielt, entwickelte der Forscher mit seinem Team das Medikament APN01.
Auf dem in der klinischen Studienphase befindlichen Heilmittel ruhen weltweit große Hoffnungen. Die bz hat den leitenden Forscher des Life Sciences Institute an der University of British Columbia in Vancouver, Kanada, in seinem Privathaus in Hietzing zum Interview getroffen.
Noch im Sommer meinten Sie, dass es keinen zweiten Lockdown geben werde. Haben Sie sich geirrt?
JOSEF PENNINGER: Ich habe mich getäuscht. Wir wussten zwar, dass es zu einer zweiten Welle kommen würde, aber die Heftigkeit war nicht abschätzbar. Ich habe mit Medizinern, die Patienten auf der Intensivstation betreuen, gesprochen, die mir gesagt haben, dass die Krankenhäuser voll seien und das neuerliche Herunterfahren aufgrund einer Überlastung der medizinischen und vor allem der intensivmedizinischen Versorgungskapazitäten notwendig sei.
Sie sagten auch, dass vor einem Impfstoff Medikamente verfügbar sein würden. Wie ist die Forschungslage? Gibt es wirkungsvolle Medikamente?
Es gibt Medikamente, etwa Dexamethason oder Remdesivir. In den USA wurde erst ein Antikörper-Medikament des Pharmakonzerns Eli Lilly zugelassen. Bis zur Impfstoffzulassung wird es noch dauern. Wir haben noch keine umfassend wirksamen Medikamente gegen die Krankheit.
Maskenpflicht und verschärfte Ausgangsbeschränkungen sind also unumgänglich?
Ich habe keinen Einblick in die tägliche Entwicklung, aber ich war kürzlich in meiner Heimatgemeinde in Oberösterreich und habe gesehen, dass das Coronavirus in den Dörfern angekommen ist, vor allem in den Pflegeheimen. Das hat mich erschreckt.
Wir befinden uns jetzt im zweiten harten Lockdown. Was würden Sie der Bundesregierung derzeit raten?
Der Lockdown ist notwendig. Die Frage ist: Wie weit soll man gehen? Bei gegenwärtig tausenden Fällen täglich ist es mit einem Lockdown light leider nicht getan. Der jetzige Lockdown ist notwendig. Das ist sicher schwierig, die Wirtschaft liegt darnieder und die Arbeitslosigkeit steigt.
Große Hoffnungen werden in Ihr Medikament APN01 gesetzt. Wird es in absehbarer Zeit verfügbar sein?
Wir produzieren die lösliche Form des Enzyms ACE2. Meiner Auffassung nach wäre das eine der rationalsten Therapien überhaupt, da der Rezeptor das Virus ist und unser Medikament blockiert dessen Eindringen in die Lunge und schützt gleichzeitig die anderen Organe vor Schäden.
Interview: Michael Ellenbogen
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