Flüchtlingsprojekt in Hietzing
Endlich in Frieden lernen können
Bevor das Don-Bosco-Haus in der St.-Veit-Gasse 25 abgerissen wird, dient es noch zur Betreuung von Flüchtlingskindern.
WIEN/HIETZING. Seit 1986 betrieb der Salesianerorden Don Boscos in der St.-Veit-Gasse 25 das "Zentrum für Jugend- und Erwachsenenbildung". Seit Jahresbeginn steht das Don-Bosco-Haus nun leer - die Salesianer sind wegen "abnehmender personeller und materieller Ressourcen" ausgezogen, im Herbst soll das Haus abgerissen werden. "Bis dahin wollen wir hier 16 unbegleitete Flüchtlingskinder betreuen", sagt Michael Zikeli vom Don-Bosco-Sozialwerk. "Die meisten unserer Schützlinge kommen aus Syrien, sind 14 bis 16 Jahre alt und werden in der betreuten WG "Ruth" im 1. Stock wohnen."
Hausleiterin ist die studierte Pädagogin Aminad Khamzatova, die gemeinsam mit drei Sozialpädagoginnen und einem Zivildiener die Betreuung der Flüchtlingskinder übernimmt. "Ich kann mich gut in ihre Situation hineinversetzen, weil ich einst selber aus Tschetschenien geflüchtet bin", sagt Khamzatova beim Rundgang durch die WG-Zimmer. "Sie wird Lehrerin und Mama zugleich zugleich sein. Ihr wurde in Österreich geholfen, nun hilft sie anderen und ist so ein Paradebeispiel für gelungene Integration", sagt Zikeli.
Individuelle Lernpakete
Sozialpädagogin Raphaela hat viel Erfahrung in der Arbeit mit Flüchtlingen und freut sich schon auf ihre neue Aufgabe: "Wir kennen die Jugendlichen noch nicht und wissen daher nicht, was jeder einzelne erlebt hat, was er kann und was er braucht. Jeder bekommt ein auf ihn abgestimmtes Lernpaket. Man muss sie dort abholen, wo sie stehen und immer ein Ziel vor Augen haben." Ihrer Kollegin Maria-Katharina ist wichtig, dass sich alle im Don-Bosco-Haus willkommen und angenommen fühlen. "Wir werden sie beim Ankommensprozess begleiten und sie auch bei bürokratischen Hürden unterstützen", sagt die 24-Jährige.
Wie soll der Tagesablauf der Flüchtlingskinder aussehen? "Die müssen einmal bei uns richtig ankommen und Vertrauen finden", sagt Zikeli. "Nach ein paar Tagen gibt es dann ein ganz geregeltes Tagesprogramm und es heißt lernen, lernen, lernen." Zikeli hat jahrzehntelange Erfahrung in der Flüchtlingshilfe, früher war er Bereichsleiter bei der Caritas. "Ein 15-Jähriger Syrer hat seit seinem fünften Lebensjahr nur Krieg und Flucht erlebt", so der 60-Jährige. "Viele haben keinerlei Resilienz, weil die nur im Frieden aufgebaut werden kann. Jetzt liegt es an uns, sie aufzufangen, liebzuhaben und mit unserer salesianischen Pädagogik nach dem Erfolgsrezept Don Boscos beim Lernen zu begleiten."
Als das Flüchtlingsprojekt bekannt wurde, äußerten einige Anrainer Ängste. "Das kann ich gut verstehen, aber wissen Sie - Jugendliche sind auf der ganzen Welt gleich: Die interessieren sich heute für dieses und morgen für ganz etwas anderes, sie wollen etwas lernen und sich beweisen, aber auch einmal laut sein und feiern. Das können sie hier bei uns alles, denn das Haus ist groß", merkt Zikeli an, "und den Sportplatz gibt es schließlich auch." Sozialpädagogin Raphaela ist es wichtig, allen Respekt zu zeigen, "denn der kommt dann automatisch auch zurück. Alle verdienen es, glücklich zu sein - wenn man ihnen das ermöglicht, kommt viel Dankbarkeit zurück!"
Ganz Hietzing hilft mit
Wer beim Flüchtlingsbetreuung mithelfen will, kann etwa Gesprächsstunden zum Deutschlernen anbieten oder einzelne Jugendliche auch zum Mittagessen zu sich nach Hause einladen. "Weil das Don-Bosco-Haus ja im Herbst abgerissen werden soll und wir es im August geräumt übergeben müssen, ist unser Betreuungsprojekt zeitlich begrenzt", sagt Zikeli. "Wenn jemand ein Haus zu vermieten hat, in denen das Flüchtlingsprojekt nach August weitergehen kann, soll er sich bitte bei mir melden!" Michael Zikeli ist unter michael.zikeli@sozialwerk.at oder 0664/824 36 13 erreichbar.
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