Schausteller hoffen inständig auf die Durchführung von Veranstaltungen
Öffentliche Veranstaltungen gibt es derzeit nicht. Kein Wunder also, dass die Branche der Schausteller am Boden liegt. „Natürlich haben wir alles unternommen, um unsere Fixkosten einzuschränken. Die Nummerntafeln unserer Fahrzeuge haben wir hinterlegt, Kammerumlagen wurden ausgesetzt und Versicherungen stillgelegt“, teilt Michael Peter Wiesbauer, Branchensprecher der Schausteller in der NÖ Wirtschaftskammer, dem NÖ Wirtschaftspressedienst mit.
Das alles reicht freilich nicht. Denn die Schausteller machen in rund sechs bis sieben Monaten ihren Jahresumsatz, also in den Monaten April bis Oktober, manchmal November. „Wenn es heuer keine Veranstaltungen mehr gibt, haben wir 100 Prozent-Umsatzausfälle und das 17 bis 18 Monate lang – das kann kein Betrieb verkraften“, bringt es Wiesbauer auf den Punkt. „Ich finde es nicht gut“, sagt er, „dass die Regierung alle Groß-Veranstaltungen schon bis Ende August abgesagt hat, obwohl ich verstehe, dass das schwierige Entscheidungen sind. Allerdings sind es bis dahin noch vier Monate. Eigentlich sind alle U-Bahnen und Straßenbahnen im Berufsverkehr auch Großveranstaltungen – Menschen auf engem Raum mit einem Sicherheitsabstand, der fraglich ist.“
Umso wichtiger sind für die Branche Herbstveranstaltungen. In Niederösterreich ist das beispielsweise das Retzer Weinlesefest von 25. bis 27. September, der Kollmitzberger Kirtag oder auch das traditionelle Leopoldifest in Klosterneuburg von 12. bis 15. November. „Ich hoffe sehr, dass diese Veranstaltungen stattfinden dürfen. Und ich appelliere an sämtliche Organisatoren, nicht im Vorfeld bereits alles abzusagen“, so der Branchensprecher eindringlich.
Indirekt hätte die Absage des Münchner Oktoberfestes auch die Branche in Österreich getroffen, weil sich deswegen andere auch nicht mehr trauen, ihre Veranstaltungen stattfinden zu lassen. Aber München sei ein Fest der Superlative und keineswegs mit den Volksfesten, Kirtagen und Stadtfesten in Niederösterreich zu vergleichen. Diese Veranstaltungen sprechen in erster Linie die Einheimischen vor Ort und die Gäste aus dem nahen Umland an. Es seien Orte für freundschaftliche Zusammenkünfte, speziell in Zeiten von Home Office und ferngesteuerter Kommunikation. „Das persönliche Miteinander, auch mit Mundschutz und Abstandsregel, ist für unsere Gesellschaft sehr wichtig, und diese Veranstaltungen tragen dazu bei“, so Wiesbauer, der auch darauf hinweist, dass die meisten dieser Feste von lokalen Vereinen oder Gemeinden organisiert werden.
In den Wintermonaten haben Schausteller und Zirkusse nur Ausgaben. Beispielsweise für die Instandsetzung ihrer Betriebe, Überprüfung der Fahrgeschäfte und des Fuhrparkes, Erstellung sicherheitsrelevanter Gutachten oder systemerhaltender Maßnahmen. „Fast alle unserer Schaustellerbetriebe sind Familienbetriebe in zweiter, dritter oder vierter Generation“, stellt Wiesbauer fest. „Bei uns steht man noch vom Ende der Schulzeit bis zum Anfang der Pension im selben Beruf. Wir sind mit dem Reisen von einem Fest zum anderen aufgewachsen. Es ist sehr herausfordernd, sich immer wieder mit neuen Attraktionen und auch mit Bodenständigkeit zu behaupten.“
Dazu nennt er noch ein aktuelles Problem: „Unser gut geschultes Stammpersonal kommt aus Rumänien, Bulgarien und Polen. Wir wissen nicht, wann und ob diese Leute auf Grund der Grenzsperren überhaupt nach Österreich einreisen dürfen.“ (jm)
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