RDS: Der Darm spielt verrückt!

DR-Gerhard-Auer
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Reizdarmsyndrom mit Schmerzen, Durchfall und Verstopfung beeinträchtigt viele

Er ist ein wichtiger Teil des Immunsystems und dennoch verschwenden wir kaum einen Gedanken an unser größtes Organ: der Darm. Doch manchmal macht der Darm auch Probleme, er spielt verrückt. Bauchweh und Durchfall lösen eine chronische Verstopfung ab das oft über mehrere Wochen. Typische Reizdarmsymptome.

Überaus viele sind von diesem Krankheitsbild betroffen. Das Typische dabei: Die Stuhlfrequenz ist unregelmäßig, der Darm mal eher träge, dann wieder überaktiv. Dazu Bauchschmerzen die sich nach dem Stuhlgang bessern sowie die Veränderung der Stuhlbeschaffenheit sind typisch für das Reizdarmsyndrom.

Kein Tumornachweis
Zusätzlich können ein aufgetriebener Bauch mit Blähungen, Schleimbeimengungen im Stuhl und das Gefühl einer unvollständigen Darmentleerung vorkommen. Dabei lassen sich weder Entzündungen im Magen-Darmtrakt noch Tumore nachweisen. Vom Reizdarmsyndrom, kurz als RDS und im Fachjargon Colon irritabile bezeichnet, sind besonders Frauen im Alter zwischen 20 und 40 betroffen. Dabei nehmen viele diese immer wiederkehrenden Beschwerden nicht ernst, sie leiden und schweigen dabei. Doch: Auch wenn der Reizdarm keine gefährliche Krankheit ist man sollte die Beschwerden doch ernst nehmen und zum Arzt gehen.

Zweites Gehirn
Interessant dabei: es finden sich keine organischen Veränderun-gen. Man weiß aber, dass eine gestörte Signalübertragung zwischen Gehirn und Darm (auch als zweites Gehirn bezeichnet) eine Schlüsselrolle spielt. Stress bzw. nicht authentische Lebensweise verstärken die Beschwerden.

In Stresssituationen funkt das Gehirn auch Botschaften an die Darmnerven. Das erkennt man oft bei außergewöhnlichen Belastungen wie Prüfungsstress, Angst, Ärger usw. Dabei kann der Darm leicht mit Durchfall oder Verstopfung reagieren.

Für das Reizdarmsyndrom (RDS) gibt es mehrere mögliche Ursachen.

Darmspezialist Facharzt Dr. Gerhard Auer vom Innsbrucker Ärztehaus beim DEZ: Wenn zu wenig Ballaststoffe im Darm sind, wird er träge, der raffinierte Mechanismus der Fortbewegung versagt. Und: Eine wichtige Rolle spielen die Nerven. Dr. Auer: Die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn, die über Botenstoffe wie Serotonin geregelt wird, funktioniert bei RDS-Patienten nicht mehr richtig. Die Folge: Muskelzellen im Darm werden fehlgesteuert, die Abgabe von Verdauungssäften gerät durcheinander. Laut neuesten Untersuchungen kann auch ein genetischer Defekt für die mangelnde Serotoninproduktion verantwortlich sein.

Der Reizdarm ist also keine organische, sondern eine funktionelle Erkrankung. Das Organ ist strukturell in Ordnung. Deshalb bringt eine Darmspiegelung meist keinen pathologischen Befund. Der Darm funktioniert aber nicht so, wie er sollte. Er ist mitunter zu träge oder zu aktiv, verkrampft sich also, neigt zur Spastik. Dies kann sowohl zur Verstopfung (Obstipation) als auch zu Durchfällen führen. Die Krampfzustände der Darmmuskulatur sind mit starken Schmerzen verbunden, die in der Regel gut auf Wärme ansprechen. H. Schöffthaler

Facharzt Dr. Gerhard Auer berät:
Darmproblemen sollte man un-bedingt auf den Grund gehen!

Grundsätzlich ist bei Darmproblemen eine umfassende ärztliche Untersuchung notwendig, um eventuell ernstere Ursachen, wie eine mögliche bösartige Magen- und Darmerkrankung oder einen Infekt (Magen- oder Darmkrebs, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa usw.) auszuschließen. Schon anhand der vom Patienten geschilderten Beschwerden kann der Mediziner Rückschlüsse ziehen, die durch Abtasten, Ultraschall, Blutabnahme, eventuell auch Röntgen oder eine Magen-Darmspiegelung erhärtet werden.

Besonders wichtig: richtig essen
Viele Menschen machen es ihrem Darm nicht leicht: Sie essen zu einseitig, zu viel und zu hastig. Bei einem Reizdarmsyndrom gilt vor allem: Langsam essen, auf bestimmte Gewürz- und Genussmittel verzichten. Vermeiden Sie vor allem blähende Lebensmittel, scharfe Gewürze, Getränke mit Reizstoffen wie Kaffee und Alkohol. Essen Sie pro Tag nicht drei große, sondern mehrere kleine Portionen. Nehmen Sie sich für die Mahlzeiten (auch für Zwischenmahlzeiten wie eine Jause usw.) viel Zeit und kauen Sie die Speisen langsam und lange. Und: trinken Sie viel stilles Wasser (Leitungswasser), vermeiden Sie kohlensäurehaltiges Mineralwasser.

Ballaststoffe sind wichtig
Unerlässlich für den Reizdarm sind genügend Ballaststoffe (probiotische Joghurtdrinks, Weizenkleie und geschrotete Leinsamen, dazu viel Wasser trinken usw.) damit der Darm auch wirklich etwas zu tun bekommt. Auch regelmäßige körperliche Bewegung ist wichtig, sie unterstützt die Verdauung und die Darmtätigkeit.

Medikamentöse Therapie
Bei stärkeren Beschwerden gibt es Medikamente gegen Durchfall, Verstopfung, Übelkeit und Völlegefühl sowie Mittel, die krampflösend wirken und die Darmträgheit bekämpfen.

Für die Psyche können Entspannungsübungen wie autogenes Training, Sauna usw. hilfreich sein. Bei Bedarf können auch Psychopharmaka verschrieben werden, die sich beruhigend auf überschießende Darmbewegungen auswirken.

Zur Sache

Molke, Joghurt und Kefir sind super!

Der Darm beherbergt rund 70 Prozent der Abwehrzellen und viele Milliarden Bakterien. Eine gesunde Darmflora ist der Schlüssel zu Wohlbefinden. Mit milchsauren Lebensmitteln wie Molke, Joghurt und Kefir lassen sich die nützlichen Bakterien im Darm gezielt unterstützen.

Besonders Molke ist zu empfehlen: Mit ihrem geringen Fettgehalt von 0,2 Prozent ist sie leicht bekömmlich und figurfreundlich.

Darm-Vorsorge-untersuchung

Polypen sind oft eine Vorstufe von Darmkrebs. Es handelt sich hierbei um Wucherungen der Darmschleimhaut.

Wenn man von Darmkrebs spricht, ist eigentlich immer eine Erkrankung des Dickdarms gemeint. Dünndarmkrebs kommt nur äußerst selten vor.

Bei der Entstehung von Darmkrebs spielt meist der Lebensstil eine große Rolle: Übergewicht, ungesunde Ernährung (fettreiche, ballaststoffarme Kost), überwiegender Alkoholgenuss, Bewegungsmangel und eine positive Familienanamnese (Darmkrebsvorkommen in der Verwandtschaft) gelten als disponierend. Immerhin entsteht ein Großteil aller Dickdarmkarzinome auf dem Boden von Polypen, trotzdem muss sich natürlich nicht aus jedem Polyp eine bösartige Wucherung entwickeln. Eine regelmäßige Darm-Vorsorgeuntersuchung auch wenn man keine Beschwerden spürt ist generell ab dem 50. Lebensjahr unbedingt anzuraten bei positiver Familienanamnese auch schon früher.

Erschienen am 20.05.2009

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