Wenn der Schmerz durch den Körper fließt

Arthrose der Fingergelenke | Foto: Eichbauer-Sturm
3Bilder

Noch immer medizinische Unterversorgung bei rheumatischen Erkrankungen trotz der großen Häufigkeit

Große Teile der Bevölkerung leiden an einer der über 400 verschiedenen rheumatischen Erkrankungen. Trotzdem gibt es noch immer eine immense Unterversorgung mit ausgewiesenen Rheumatologen in Österreich.

"Gerade an internistischen Rheumatologen herrscht ein extremer Mangel in Österreich. In Vorarlberg zum Beispiel gibt es gerade einmal einen Experten, in Ober-österreich etwa zehn, was immer noch viel zu wenig ist, zeigt Dr. Gabriela Eichbauer-Sturm, selbst internistische Rheumatologin, die Defizite in diesem Gebiet auf. In der Rheumatologie gibt es drei verschiedene Spezialisierungsmöglichkeiten, neben der internistischen noch die orthopädische und die pädiatrische Richtung.

Davon befasst sich nur der internistische Fachbereich mit der medikamentösen Bekämpfung der eigentlichen Ursachen der Erkrankungen. Mehrere Faktoren liegen diesem Personalmangel zugrunde.

Zu wenig Ausbildungsplätze
Einerseits gibt es nur eine sehr beschränkte Anzahl von Ausbildungsplätzen, da ein solcher nur angeboten werden kann, wenn Chef- und Oberarzt selbst Rheumatologen sind. Bei gerade einmal 150 in Österreich natürlich sehr schwierig.

Dazu kommt, dass die Rheumatologie eigentlich eine sehr junge Wissenschaft ist und als eigenständiges Fachgebiet noch nicht so anerkannt ist. Deshalb lässt sich eine rheumatologische Untersuchung im Gegensatz etwa zu einer neurologischen Untersuchung nicht gesondert verrechnen, sieht die Expertin Probleme im strukturellen Bereich.

Oftmals lange Leidensgeschichte
Die Folgen dieser Defizite sind für die Patienten oftmals verheerend. Die Übersetzung des griechischen Wortes Rheuma bedeutet in etwa fließender Schmerz, und dementsprechend gestaltet sich auch die Leidensgeschichte der Betroffenen. Zwar gibt es inzwischen eine Vielfalt an mitunter sehr wirksamen Therapiemöglichkeiten, die Diagnose erfolgt aber oftmals sehr spät. So dauert es zum Beispiel bei Morbus Bechterew, einer chronischen Entzündung der Gelenke, durchschnittliche sieben Jahre, bis die Erkrankung als solche erkannt wird. Dann besteht meist schon die gefürchtete Einsteifung der Wirbelsäule, welche sich durch eine richtigen Medikamentierung in ihrem Verlauf positiv beeinflussen lässt, und dem Patienten könnte durch die frühzeitige Diagnose großes Leid erspart bleiben. Das Bewusstsein bei den praktischen Ärzten in Bezug auf Rheuma steigt aber. Die Weiterbildungsangebote werden gut angenommen, und vor allem setzt sich die Erkenntnis durch, dass Rheuma nicht nur eine Erkrankung bei alten Leuten ist. Auch in sehr jungem Alter können rheumatische Erkrankungen auftreten, so Dr. Eichbauer-Sturm.

Wirksame Therapieansätze
Ist eine rheumatische Krankheit erst einmal richtig diagnostiziert, stehen vielfältige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Nach wie vor im Einsatz ist Cortison, wobei Ängste bezüglich möglicher Nebenwirkungen aufgrund der eher niedrigen Dosierung unbegründet sind. Neben konventionellen Schmerzmitteln, die nur die unangenehmen Symptome bekämpfen, gibt es auch eine Reihe so genannter Basistherapeutika, die tatsächlich den Krankheitsverlauf beeinflussen. Besonders gute Ergebnisse im Bereich der entzündlichen rheumatischen Erkrankungen erzielt man mit der Gruppe der Biologika, mit denen man bei fortdauernder Therapie annährend Beschwerdefreiheit erreicht. Zwar sind diese Medikamente enorm teuer, aufgrund der sehr seltenen Verschreibung werden die Kosten im Normalfall aber von allen Krankenkassen übernommen. Von Nahrungsergänzungsmitteln wie etwa Haifischknorpel, die in der Apotheke frei erhältlich sind, rät die Rheumatologin ab: Das Problem ist nicht die prinzipelle Wirksamkeit, sondern die Unterdosierung der Produkte. Würde man eine ausreichende Menge zu sich nehmen, wäre man von den Kosten auf dem Level der schulmedizinischen Medikamente. Es gibt auch keine wirksame spezielle Rheumadiät, vielmehr ist auf eine ausgewogene Ernährung zu achten, wie ich sie auch in meinem Rheumakochbuch empfehle.

Erschienen am 25.2.2009

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.