Denkwerkstatt in Obergurgl

Foto: pro.media
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Die Frage nach zeitgemäßer liberaler Politik bestimmte die Eröffnung des 2. HAYEK Colloquiums in Obergurgl. Der tschechische Präsident Václav Klaus und Medienphilosoph Norbert Bolz aus Berlin lieferten sich gleich zu Beginn der Veranstaltung eine hochkarätige Diskussion zu diesem Thema. Im Rahmen des anschließenden Tirol-Empfangs erntete der ehemalige Vizekanzler Erhard Busek mit seiner pointierten Tischrede zum Umgang mit der Wirtschaftskrise viel Applaus. Bis Samstag diskutierten in Obergurgl führende Wirtschaftsexperten und Politiker aus ganz Europa aktuelle Fragestellungen.
Schon der Auftakt des HAYEK Colloquiums Obergurgl 2012 sorgte unter den rund 100 Gästen für Furore. Niemand geringerer als der amtierende tschechische Staatspräsident Václav Klaus und der Berliner Medienphilosoph Norbert Bolz sorgten mit ihren Eröffnungsreden für jede Menge Diskussionsstoff. Klaus, seines Zeichens bekennender Hayek-Anhänger, erzählte von seinen ersten Berührungspunkten mit dem Werk Hayeks: „Meine Generation, die in unserem Land einen großen Teil ihres Lebens im Kommunismus erlebt hat, hat Hayek schon in den 1960ern kennen- und schätzen gelernt. Hayek wurde zu meiner Inspiration, vor allem als es zu den Umwälzungen in der CSSR Ende der 1980er-Jahre kam.“ Klaus nannte vor allem Hayeks Buch „Der Weg zur Knechtschaft“ als das zu dieser Zeit wichtigste und einflussreichste Werk des österreichischen Nationalökonomen. Er selbst habe Hayek im August 1968 das einzige Mal persönlich gesehen. Warum der Nobelpreisträger in Österreich keinen höheren Stellenwert genieße, sei ihm schleierhaft. Diesem bedingungslosen Bekenntnis zur freien Marktwirtschaft widersprach jedoch der Medienphilosoph Norbert Bolz. Er führte den Begriff des „neuen Sozialen“ in die Diskussion ein und riet den versammelten Liberalen dringend, den Begriff des Sozialen vom Sozialismus zu emanzipieren: „Denn womit haben die Liberalen heute die meisten Probleme? Sie werden als kalt erachtet, als nicht sozial genug.“ Daher müssten sie, so Bolz, lernen, Begriffe wie „soziale Gerechtigkeit“ nicht per se abzulehnen, sondern mit eigenen Inhalten zu besetzen. Diese Kritik von Bolz kam nicht bei allen gut an. Obwohl sich Bolz selbst als überzeugter Liberaler bezeichnet erntete er für seine offenen Worte eine Schelte von Präsident Klaus, der Bolz‘ Thesen als „Neomarxismus“ bezeichnete. Zahlreiche Unternehmer, etwa Vertreter der Tiroler Adlerrunde, wie Fritz Unterberger, Erich Geisler und Klaus Mark, politische Mandatare, wie LR Johannes Tratter und LA Jakob Wolf, sowie namhafte Wirtschaftswissenschaftler aus dem Kreis der Hayek Gesellschaft Berlin, wie Gerd Habermann, Karen Horn, Gerhard Schwarz und Erich Weede, nutzten das HAYEK Colloquium Obergurgl 2012 zum Gedankenaustausch. Der kontroverse Auftakt war ganz nach ihrem Geschmack und lieferte ausreichend Diskussionsstoff für den folgenden Tirol-Empfang. Dort legte der ehemalige Vizekanzler Erhard Busek mit seiner pointierten Tischrede zum Umgang mit der Wirtschaftskrise nach. Er forderte sowohl von der Politik als auch von der Wissenschaft mehr Ernsthaftigkeit und mahnte: „Lehre nicht mit Leere zu verwechseln, wie es selbst im akademischen Diskurs immer wieder passiert.“ Die dritte Auflage ist bereits gesichert, die von 12. bis 14. September 2013 wieder in Obergurgl stattfinden wird. Der Gastgeber und Initiator der Veranstaltung, Lukas Scheiber vom Hotel „Edelweiß & Gurgl“, in dem Friedrich August von Hayek mehr als 30 Jahre lang seine Sommerfrische verbracht hat, freut sich besonders darüber, dass ab dem kommenden Jahr eine inhaltliche Aufwertung passieren wird: „Die Universität Innsbruck und das Management Center Innsbruck haben bereits zugesagt, beim HAYEK Colloquium Obergurgl 2013 als inhaltliche Impulsgeber in das Organisationskomitee einsteigen zu wollen.“ Somit ist die Wiederbelebung des Denkplatzes Obergurgl, an dem Hayek einige seiner maßgeblichen Thesen formuliert hat, gelungen.

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