Reinhard Mut
"Wieny" ist seit 40 Jahren Wiens Sagenerzähler
Seit 40 Jahren führt Reinhard "Wieny" Mut bereits Kinder auf seinen Touren durch die Stadt. Jetzt publiziert er zehn Geheimnisse über den Stephansdom in seinem ersten Buch. Doch angefangen hat alles mit einem Traum.
WIEN/INNERE STADT. "Vor 37 Jahren hatte ich einen Traum. Darin bin ich als Robin Hood mit Kindern durch eine mittelalterliche Stadt gegangen und habe ihnen Märchen erzählt." Seither hat sich viel getan: Aus Reinhard "Wieny" Muts einstigem Traum ist Realität geworden und aus der Handvoll Kinder, die er darin durch die Stadt geführt hat, ist rund eine halbe Million geworden.
Wiens Märchen- und Sagenerzähler ist heute 65 Jahre alt und überlegt, wie er sein Vermächtnis auch dann noch an Kinder weitergeben kann, wenn sein Alter keine weiteren Führungen mehr zulassen werden. Die Antwort darauf: Bücher.
In zehn Geheimnissen durch den Dom
"Früher habe ich bis zu 15 Touren pro Woche gemacht", erinnert sich der Sagenerzähler. Doch nun ist er im 65. Lebensjahr angelangt und macht nur mehr zwei bis drei Touren pro Woche. "Deswegen ist meine Frau auf die Idee gekommen, meine beliebtesten Touren niederzuschreiben." Gesagt, getan: Und so präsentiert Mut nun sein erstes Buch. "Alle Neune" heißt es. Darin widmet er sich zehn Geheimnissen rund um den Wiener Stephansdom.
So erfährt man etwa von einem Grablicht an der Fassade des Wahrzeichens, das ein Überbleibsel des Friedhofs ist, der früher rund um den Stephansdom lag. "Diese Kerze wird auch heute noch ausgetauscht, sodass das ewige Licht nie ausgeht", erzählt Mut. Mithilfe des Buches kann ab sofort jeder die Geheimnisse des Wiener Wahrzeichens entdecken, denn es ist mit verschiedensten Rätseln interaktiv gestaltet. Doch Mut kann nicht nur ausgezeichnet Märchen erzählen: Das, was er in einem Leben gemacht hat, erledigen andere in drei. Er kann sich auch Liedermacher, Theaterintendant, Heilmasseur und Trauerredner nennen.
"Meine Frau und ich haben uns als Hochzeitsgeschenk einen großen Wunsch erfüllt: ein eigenes Theater", erzählt Mut. So entstand "Unser Theater", in dem Amateurschauspieler neben Profis auf der Bühne stehen.
Seine jüngste Leidenschaft sind Trauerreden: "Ich habe die Pandemie genutzt, um eine Ausbildung zum Trauerredner zu machen", so Mut. "Es ist eine schöne Aufgabe, Menschen die letzte Würde zu erweisen." Dabei hat das Multitalent schon sehr berührende Situationen erlebt. "Einmal wurde der Opa eines kleinen Buben zu Grabe getragen. Er war todunglücklich. Als er gesehen hat, dass ich der Trauerredner bin, hat er mich verwundert gefragt: ‚Wieny, bist du es?’ Ich habe genickt und dann hat er sich an mich gekuschelt", erzählt Mut.
Und hier schließt sich der Kreis. Denn mit seinen Sagentouren durch Wien bewegt Mut seit fast 40 Jahren Kinder. Damals hatte er einen Traum. Heute blickt er auf ein facettenreiches Leben zurück. Vielleicht sollte man seinem Beispiel folgen und seinen großen Träumen folgen.
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