Interview: Kinder- und Jugendanwältin Pinterits über Besuchsrecht und Obsorge
„Schwerarbeit für Kinder“
Das neue Familiengesetz berge Konfliktpotenzial, kritisiert Monika Pinterits. Die Wiener Kinder- und Jugendanwältin fordert eine vom Gericht unabhängige Schiedsstelle.
bz: Wie fühlen sich Kinder bei Trennungen und Scheidungen?
PINTERITS: „Kinder müssen Schwerarbeit leisten, um sich in der neuen Situation zurecht zu finden. Sie fühlen sich verunsichert, bei Schulkindern verschlechtern sich die Leistungen. Das ist normal. Ich mache mir eher Sorgen um jene Kinder, die nach außen hin nicht reagieren. Kinder haben Angst, den anderen Elternteil auch noch zu verlieren.“
bz: Ihr Rat an Eltern?
PINTERITS: „Klare Regeln zu setzen, wann und bei wem das Kind das Wochenende verbringt. Eltern sollten jedoch Rücksicht auf die Bedürfnisse der Kinder nehmen – und diese sind altersspezifisch unterschiedlich. Je jünger ein Kinder ist, desto öfter wäre ein Besuch anzuraten. Denn Kinder haben andere zeitliche Dimensionen: Zwei Wochen erscheinen für Kinder so lange wie vier Monate für Erwachsene.“
bz: Sie sind gegen eine zwingende gemeinsame Obsorge nach einer Scheidung?
PINTERITS: „Ich glaube nicht, dass dies eine gute Lösung ist, wenn die Eskalationsstufe sehr hoch ist. Kindern ist es völlig egal, wer die Obsorge hat. Wichtig ist ihnen, dass sie Kontakt zu beiden Elternteilen haben können.“
bz: Sie fordern, dass Eltern bei einer unabhängigen Schiedsstelle und nicht vor Gericht ihre Probleme lösen sollen …
PINTERITS: „Es kann nicht alles über Gesetze geregelt werden, schon gar nicht, wenn es um zwischenmenschliche Bereiche geht. Gerichtsprozesse kosten viel Zeit und meist verschlechtert sich die Situation. In jedem Fall verliert das Kind.“
Zur Person
Monika Pinterits ist seit 1999 als Wiener Kinder- und Jugendanwältin tätig. Die diplomierte Sozialarbeiterin war gemeinsam mit Kinder- und Jugendpsychiater Max Friedrich in die Betreuung von Natascha Kampusch eingebunden.
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