Kommunen in Bedrängnis
Liendl: "Preise sind bodenlose Schweinerei"

Hier sollte das neue Gemeindezentrum errichtet werden: In der Zwischenzeit ist in Köttmannsdorf im wahrsten Sinne des Wortes Gras über die Sache gewachsen. | Foto: MeinBezirk.at
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  • Hier sollte das neue Gemeindezentrum errichtet werden: In der Zwischenzeit ist in Köttmannsdorf im wahrsten Sinne des Wortes Gras über die Sache gewachsen.
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Köttmannsdorfer Bürgermeister stoppt Bau Gemeindenzentrum. Gemeinden rechnen mit verzögerten Auswirkungen der Inflation: In den nächsten Monaten werden Gebühren für Kanal, Wasser und Müll steigen.

KÖTTMANNSDORF, MAGDALENSBERG. Die Teuerungswelle lässt auch in den Gemeinden die Wogen hochgehen. Denn der einhellige Tenor bei vielen Bürgermeistern lautet: "Bei Bauprojekten müssen wir zurückhaltend sein". Der Grund ist offensichtlich: Die Baustoffpreise lassen Projektkosten in die Höhe schnellen. Viele der Gemeindebudgets waren bereits vor Corona nicht ausgeglichen.

Baustopp im Zentrum

Ein konkretes Beispiel für einen Baustopp ist der Bau des neuen Gemeindeamts von Köttmannsdorf. Bürgermeister Josef Liendl (ÖVP) zieht die Notbremse. "Wir hätten das Geld für den Bau des neuen Gemeindezentrums. Was uns fehlt: eine Preisgarantie für ein halbes Jahr. Es wäre unverantwortlich als öffentliche Hand zu bauen, wenn man davon ausgeht, dass die Kosten um 20 Prozent steigen", sagt Liendl. Man könne es nicht verantworten, dass die Kosten statt 2,5 Millionen Euro letztendlich 3 Millionen Euro betragen". Liendl sieht die Schuld für die hohen Baupreise bei der Industrie. "Die Industrie und das Großkapital sind zu gierig geworden. Man ist gut beraten, wenn man jetzt auf die Bremse steigt", sagt Liendl. Der Köttmannsdorfer Bürgermeister demonstriert Gelassenheit: "Dann bauen wir halt im Frühjahr". Im Herbst und Winter erwarten sich die Gemeinden zumindest eine "Preiskontinuität". Die Hoffnung, dass die Baustoffpreise wieder sinken, haben nur wenige. Der Baustart vom Sommer/Herbst ist abgesagt. "Die Baufirmen können nichts dafür, aber was die Industrie macht, ist eine bodenlose Frechheit", wettert Liendl.

"Markt macht Preise"

Dass die Schuld ausschließlich bei der Industrie liegt, lässt Timo Springer, Präsident der Industriellen Vereinigung Kärnten, nicht auf sich sitzen. "Die Baupreise werden nicht künstlich von der Industrie hochgehalten. Das ist im internationalen Wettbewerb gar nicht möglich. Preise entwickeln sich in Marktwirtschaften zwischen Angebot und Nachfrage", sagt Springer. Der Präsident der Industriellenvereinigung nennt weitere Gründe für den Preisanstieg bei den Baustoffen: "Wegen der Ukrainekrise sind mehrere Rohstofflieferanten z.B. im Stahlbereich ausgefallen. Die Nachfrage, nicht nur im Baubereich, ist aber konstant hoch. Alternativen zu suchen, ist aufwändig und teuer. Die Energiepreise sind schon vor der Ukrainekrise massiv gestiegen. Der stetige Umbau der Energieversorgung in Richtung Erneuerbare ist teuer. Die Baustoffindustrie ist oft energieintensiv. Die gestiegenen Kosten wirken sich in der Preiskalkulation aus. Die Nachfrage am Bausektor ist enorm: vor allem im privaten Bereich hat die Niedrigzinspolitik der EZB zu einer Flucht in Immobilien geführt. Bis sich die jetzt eingeleitete Zinswende bemerkbar macht, wird noch einige Zeit verstreichen. Zusätzlich sind die Investitionsanreize der Bundesregierung während der Pandemie immer noch wirksam. In allen Branchen wurde und wird kräftig um- bzw. ausgebaut."

Scherwitzl: "Wir müssen Schule bauen"

In der Gemeinde Magdalensberg steht man vor einer ähnlichen Situation – hohe Preise hin oder her. Der Bau des neuen Schulzentrums kann nicht aufgeschoben werden. Die Gemeinde muss ihrer Verpflichtung des Erhaltes der Bereitstellung der Infrastruktur gerecht werden. "Wir müssen das Bildungszentrum bauen, wir bekommen die Kinder in der Schule nicht mehr unter", sagt Bürgermeister Andreas Scherwitzl (SPÖ). Im September 2023 muss der Bau für das Bildungszentrum für 180 Schüler abgeschlossen sein. Die Investitionssumme liegt zwischen 5,5 und 6 Millionen Euro, Spatenstich ist für Juli geplant, heuer soll der Rohbau fertiggestellt werden. Das Gute: Die Kosten für den Bau des neuen Bildungszentrums trägt der Bauträger, die Wohnbaugenossenschaft Neue Heimat. Die Gemeinde mietet jedoch das Gebäude, die Mietpreise werden steigen. Auch in Magdalensberg erhofft man sich eine "Normalisierung der Baustoffpreise", große Investitionsschritte kann man sich nicht leisten.

Kommt verzögerter Teuerungseffekt?

Auf die Gemeinden kommen mehr Kosten zu, diese werden in den nächsten Monaten höchstwahrscheinlich zu Preissteigerungen führen. "Bei den Gebührenhaushalten wie Müll, Kanal und Wasser werden die Gebühren steigen. Mit diesem verzögerten Effekt werden alle Gemeinden konfrontiert werden. Die EZB steigert die Zinsen, das wird zu steigenden Darlehenszinsen bspw. bei Kanalbauprojekten führen, die im Endeffekt der Gemeindebürger zahlen wird", sagt Scherwitzl abschließend.

Hier sollte das neue Gemeindezentrum errichtet werden: In der Zwischenzeit ist in Köttmannsdorf im wahrsten Sinne des Wortes Gras über die Sache gewachsen. | Foto: MeinBezirk.at
Das alte Gasthaus Ille ist Geschicht. Hier entstehen ein neues Gasthaus und das neue Gemeindezentrum | Foto: MeinBezirk.at
Josef Liendl, Bürgermeister von Köttmannsdorf | Foto: KK
IV-Präsident Timo Springer: "Baupreise werden nicht künstlich von der Industrie hochgehalten." | Foto: Johannes Puch
So sollte das neue Gemeindezentrum aussehen, vorerst ist der Baustart verschoben worden. | Foto: Architekten Wetschko
Magdalens Bürgermeister Andreas Scherwitzl | Foto: SPÖ Kärnten
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