Drogenszene Klagenfurt
"Klagenfurt ist verseucht mit Morphium"

Marcel (Symbolfoto) berichtet über die Drogenszene in Klagenfurt | Foto: Polzer
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Marcel ist seit seinem 15. Lebensjahr Drogenabhängig. Er spricht über die Szene, zu wenig Streetworker, zu wenig Ärzte in der Drogenambulanz und wie die Polizei Drogensüchtige in den Untergrund drängt, wo ihnen keiner mehr helfen kann.

KLAGENFURT (vep). Mit 15 ist Marcel (Name von der Redaktion geändert) aus Klagenfurt einfach so hineingerutscht in die Szene. Begonnen hat es mit Alkohol, gefolgt von Cannabis "aber ich habe so ziemlich alles durch, was es gibt." Unzählige Entzüge, seit Jahren ist er in Substitution. "Ich konsumiere noch Cannabis und was ich mir gerade leisten kann, aber ich kann damit gut leben, habe seit zehn Jahren die gleiche Wohnung und den Rückhalt meiner Familie. Es ist eine Krankheit. Von der Substitution gehe ich aber nie mehr weg, sonst wäre ich wieder voll drauf." Viele seiner Schulkollegen haben es nicht geschafft. "Wir waren etwa 20 Leute, die Drogen genommen haben. Drei leben heute noch."
Doch eigentlich will Marcel nicht über sich reden, vielmehr über die Szene in Klagenfurt. Denn es ist schlimm.

Massives Morphium-Problem

"Klagenfurt ist derzeit morphinverseucht." Punkt. Ein starkes Schmerzmittel und Opiat, das binnen 2-3 Monaten abhängig mache. Das Problem: Morphium wird auch als Substitut verschrieben, laut Marcel wird aber dann damit gedealt bzw. in höheren Dosen selbst konsumiert - gemeinsam mit anderen Drogen. "Der ganze Körper wird plötzlich heiß - dann schwimmt man auf einer Welle davon, spürt sich nicht mehr." Laut Marcel sind in Klagenfurt schon fast mehr legale als illegale Tabletten im Umlauf - die Dosis mache halt das Gift.

Ärzte werden ausgespielt

Dass so viel Morphin im Umlauf ist, liegt auch daran, dass Ärzte ausgespielt werden. Marcel erklärt: "Man holt sich seine tägliche Dosis in der Drogenambulanz. Das scheint ja nirgends auf. Dann geht man zum niedergelassenen Arzt und lässt sich einfach noch einmal etwas verschreiben." 
Er versteht nicht, warum Morphin plötzlich so oft als Substitut verschrieben wird. "Morphin schädigt den Körper, es zerlegt ihn. Die Menschen sind nach einem Jahr nicht wiederzuerkennen. Es bedingt Gewichtsverlust, Haare und Zähne fallen aus usw. Außerdem verträgt es sich mit vielen anderen Substanzen nicht. Und gerade die Jungen nehmen alles, was sie kriegen und kennen die Wechselwirkungen nicht." Marcel selbst nimmt Suboxones. "Das schädigt den Körper am wenigsten."

Drogenambulanz ist überfordert

Das größte Problem laut Marcel ist aber in Klagenfurt ein anderes: "Wir haben einen massiven Ärztemangel in der Drogenambulanz. Sie tun dort, was sie können, aber sie haben zu wenig Leute. Wartezeiten für ein Rezept betragen oft zwei Stunden. Wenn man mit dem Arzt ein Beratungsgespräch führen will, hat er zu wenig Zeit dafür." Auch an Psychologen mangle es in Klagenfurt gewaltig. "Drogensucht ist ein psychisches Problem, deshalb wäre es so wichtig, auf dieser Ebene mehr Hilfe zu haben." 

Zu wenig Streetworker

Auch an Streetworkern mangelt es. "Ich glaube eine einzige ist derzeit aktiv auf den Straßen unterwegs. Es braucht einfach mehr Menschen, die sich wieder in der Szene bewegen." Denn es sei ohnehin schwer geworden, die Leute zu erreichen. Der Grund ist einfach: Die  massiven Kontrollen der Polizei seit zwei Jahren. "Es spielt sich nichts mehr draußen ab. Das ist auch der Grund, warum alle Drogentoten in Wohnungen gefunden werden", sagt Marcel. Denn dort schotte sich die Szene ab - entsprechend auf sich alleingestellt passiere bei jenen, die bei keiner Beratung andocken, auch oft etwas.  "Es klingt paradox und ist schwierig, aber die Polizei müsste den Streetworkern auch irgendwie Raum geben, damit sie arbeiten können und die Menschen noch irgendwo erreichen", sagt Marcel.

Mehr Beschäftigungsangebote

Wenn man Marcel fragt, was er gerne macht, fängt er zu strahlen an. "Ich fahre leidenschaftlich gerne mit dem Rad." Er betont mehrmals, wie wichtig Beschäftigungsangebote für Suchtkranke sind. "Viva macht das toll und bietet viel an. Aber es braucht noch mehr und an anderen Stellen. Das Problem: Viele Einrichtungen werden zu wenig gefördert. Ich kenne eine Streetworkeinrichtung außerhalb Klagenfurts, die erhält 600 Euro. Was bitteschön soll man da erreichen? Dort funktioniert alles nur durch ein wirklich engagiertes Team." Zumal viele Beschäftigung brauchen. "Wir sind ja nicht blöd. Es gibt auch viele ausgebildete Leute, die in die Sucht rutschen, eine Freundin von mir spricht sieben Sprachen."

"Politiker sind Entscheider, Insider die Experten"

Einen Appell richtet Marcel auch noch an die Politik: "Sie sind die Entscheider, die Dinge verändern können. Sie haben aber keinen Einblick in die Materie. Sie sollten mehr Insiderwissen annehmen, wir können viele Inputs geben und aufzeigen, wie es wirklich ist." Auch wenn es - das gibt Marcel zu - schwierig ist, solche zu finden. Er selbst unterstützt eine Kärntner Streetworkeinrichtung und gibt den neuen, frisch ausgebildeten Streetworkern Einblicke in die Szene. "Sie wissen so vieles nicht, was in der Praxis wirklich wichtig ist, wie die Wechselwirkungen der Substanzen oder Erste-Hilfe bei einem Drogennotfall. Das beginnt schon damit, das man wissen sollte, wie man eine WC-Tür aufbricht."

"Nicht alle in Schublade stecken!"

Wünschen würde sich Marcel auch, dass die Gesellschaft Suchtkranke nicht alle in eine Schublade steckt. "Es ist eine Krankheit, viele von uns wollen damit aber leben können, das ist etwa ein Drittel der Szene. Zwei Drittel werden von ihrer Sucht bestimmt. Undnicht alle sind kriminell. Ich verdiene mir durch Hilfsarbeiten z. B. etwas dazu." Und wie viele Klagenfurter sind abhängig? "Ich schätze 2.000 bis 3.000. Wenn man alle Gelegenheits-Kiffer dazunimmt, sicher deutlich mehr."

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