„Für die Kärntner wird es nicht lustig werden!“

- Hans-Peter Haselsteiner findet im WOCHE-Interview klare Worte für die Kärntner Politik der letzten Jahre: „Die Zeit der Geldgeschenke ist vorbei – Gott sei Dank, denn diese waren weder sozial noch treffsicher, sondern reinster Populismus“
- hochgeladen von Vanessa Pichler
Strabag-Chef Hans-Peter Haselsteiner über das Ende von Geschenken und notwendige Veränderungen.
WOCHE: Sie sagten jüngst, dass Sie stolz sind auf die Kärntner Wurzeln der Strabag – sind auch Sie stolz, Kärntner zu sein?
Hans-Peter Haselsteiner: Ich bin ja kein Kärntner, sondern „Beutekärntner“. Aber ich habe den überwiegenden Teil meines Berufslebens in Kärnten verbracht und das macht mich, wenn Sie so wollen, zu einem Wahlkärntner. Obwohl mein Hauptwohnsitz seit 1985 in Südtirol ist, bleibe ich dem Land verbunden – und den vielen Menschen, die meinen Erfolg begründen. Darunter sind sehr viele Kärntner.
Wie schwer fällt es Ihnen heute, Kärntner zu sein?
Ich glaube, dass die Menschen in diesem Land das harte Urteil, das über sie gesprochen wird, nicht verdienen. Allerdings das kollektive Wahlverhalten der Kärntner steht in meinen Augen ihrem sonstigen Wesen entgegen. – Aber da wird schon ein Geheimnis dahinter stecken.
Überraschen Sie die jüngsten Entdeckungen zum Fall Jörg Haider?
Wenn es so stimmt, überrascht mich die Dimension mehr als die Tatsache. Es kursieren aber so viele Gerüchte, daher möchte ich das auch nicht kommentieren.
Kein Geheimnis: Das Land baut 2011 231 Mio. Euro neue Schulden. Halten Sie das für verantwortungsvoll?
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Politik der Vergangenheit fortgeführt wird. Alles, was ich lese und höre ist ermutigend, denn das Problem wird nicht mehr verniedlicht. Der Landesfinanzreferent bemüht sich, die Malaise kleiner zu machen. Das geht nicht von heute auf morgen. Viele andere Gebietskörperschaften sind in einer vergleichbaren Situation. Es wird nicht lustig werden für die Kärntner. Auch die Zeit der Geschenke ist vorbei – Gott sei Dank, denn diese waren weder sozial noch treffsicher, sondern reinster Populismus.
Sie treten für die Auflösung der Landtage ein – macht unsere föderale Struktur noch Sinn?
Man kann auf die Landtage verzichten. Der Verzicht ist nicht sehr groß.
Sie meinten, die Kärntner würden in einer Volksabstimmung für zweisprachige Ortstafeln stimmen.
Die Kärntner haben erkannt, was für ein Vorteil es ist, eine zweite Landessprache zu haben. Noch dazu eine, die einen riesigen Sprachraum eröffnet. Das Slowenische ist eine Eingangssprache für die allermeisten Ostsprachen – wer eine Ostsprache beherrscht, hat einen gewaltigen Wettbewerbsvorteil.
Sie haben Ex-Kanzler Gusenbauer verpflichtet – als Aufsichtsratschef und für Ihre Stiftung. Warum?
Alfred Gusenbauer ist ein hervorragender Mann und wird mir persönlich und der Strabag sehr wertvoll sein. Er wird uns sehr viel helfen können.
Das BZÖ versteht sich als rechts-liberale Partei. Nehmen Sie das dem BZÖ ab?
Es ist rechts-teilliberal. Rechts, aber nur teilweise liberal.
Wie sind Ihre Erwartungen die Konjunktur betreffend?
Ich bin ein Gespaltener. Ich wundere mich jedes Mal wenn ich die Schlagzeilen lese „Konjunktur kehrt zurück“. Ich sehe das nicht ganz so. Wir haben nach wie vor konjunkturbedrohende Szenarien – wie Bank-, Finanz- und Staatskrisen.
Sie machen den ÖBB Konkurrenz, planen eine Bahnlinie Wien-Salzburg zu betreiben, die wohl attraktivste Linie in Österreich. Sind weitere Linien – etwa in den Süden – für Sie vorstellbar?
Wenn diese Paradestrecke erfolgreich ist, werden wir schauen, wie dieses Abenteuer und Risikoinvestment weitergeht.
Gibt es Projekte in Kärnten, die aktuell Thema sind?
Der Goldeckausbau steht bevor, ich gehe davon aus, dass wir heuer die UVP schaffen und nächstes Jahr bauen und in Betrieb gehen können. Sonst ist Kärnten, was den Bau betrifft, kein guter Markt. Das hängt damit zusammen, dass eine Investitionsverweigerung durch die Krise da ist und die öffentliche Hand keine konjunkturbelebende Bauininvestition setzt.
Brauchen wir Zuwanderung?
Die in Österreich erkennbare Anti-Front und ist nur erklärbar durch den Missbrauch: Wenn man den Menschen aufoktroyiert, Zuwanderung sei des Teufels, können sie sich davon nicht befreien. Doch daran wird kein Weg vorbeiführen – wenn wir nicht im eigenen Dreck ersticken wollen, werden wir Zuwanderung zulassen müssen.
Das Interview führte Uwe Sommersguter
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